Drei Robben spucken Wasser ins Marmorbecken, in dessen Mitte steht eine nackte Schönheit: Havis Amanda. Noch plätschert der Brunnen ruhig vor sich hin. Doch am Nachmittag des 30. April ist hier was los.
"Die Hauptperson ist Havis Amanda. Sie wird um 18 Uhr heute mit der Mütze gekrönt. Vorher wird sie von einer Gruppe Studenten gewaschen und dann bekommt sie diese Mütze auf den Kopf. Sie ist mehr als 100 Jahre alt, von 1908. Und damals war es eine Katastrophe, in der Stadtmitte eine nackte Frau zu sehen. Das war skandalös."
Bevor die Vappu-Party beginnt, gehen wir mit Tula durch Helsinki. Um 1900 erlebte die Stadt einen Bauboom. Die halbe Innenstadt mindestens scheint aus Jugendstil zu bestehen, lange Straßenzüge mit hohen Häuserfronten. Verspielte Fassaden, aber auch etwas düstere im späten Jugendstil. Der Senatsplatz dagegen bringt einen Hauch St. Petersburg nach Helsinki.
"Als Helsinki 1812 Hauptstadt von Finnland wurde, wollte Alexander I. sich eine neue Hauptstadt bauen und holte einen Berliner Architekten hier her. Er hat alle diese schönen Gebäude im klassizistischen Stil rund um den Senatsplatz entworfen. Man hatte hier früher einen ganz kleinen Platz mit einem hölzernen Rathaus. Dann hat man alles demoliert und sie begannen diesen großen Platz zu bauen."
Mit klassizistischen Gebäuden an den Seiten und mittig führt eine breite Treppe hoch zum strahlend weißen Dom, Vorbild war die Petersburger Isaak-Kathedrale. Die Uspenski-Kathedrale aus rotem Backstein dagegen hat nicht so einen repräsentativen Platz, doch es ist:
"Die größte orthodoxe Kathedrale in Westeuropa. Uspenski-Kathedrale. Es gibt 13 Kuppeln da und die größte symbolisiert natürlich Jesus und die kleineren seine Apostel."
Und jeder Turm, jedes Türmchen hat seine goldene Zwiebel.
Vom Markt bringt uns die Fähre zur Festungsinsel Suomenlinna. Die größte Meeresfestung Skandinaviens entstand Mitte des 18. Jahrhunderts unter schwedischer Herrschaft, später war sie unter russischer Flagge, ist nun Weltkulturerbe.
"In der Schwedenzeit war sie sehr bedeutend. Weil damals im 18. Jh. So eine Festung zu bauen. Das das war eine der größten See-Festungen der Welt. Und es hat im 18. Jahrhundert funktioniert. Sie war unbezwingbar. Die Mauern waren stark und überall Kanonen. Die besten konnten 1000 Meter weit schießen. Aber die Schiffe der Feinde waren Holzschiffe und hatten kleinere Kanonen."
Die früheren Kasernen wurden zu begehrten Wohnungen, die alten Trockendocks zu Cafes, Galerien und Museen. Der Kirchturm dient gleichzeitig als Leuchtturm.
Bastionen und Katakomben kann man ansehen.
Inzwischen hat sich der Platz rund um den Brunnen mit der schönen Havis Amanda gefüllt. Viele junge Leute mit Mütze. Zum bestandenen Abitur bekommt in Finnland jeder eine weiße Schirmmütze.
"In alten finnischen Filmen trägt man diese Abiturmütze. Eher komisch heutzutage. Also die Abiturmütze wird nur heute und morgen getragen. Aber die Mütze mit dem Zipfel trägt man zu fast allen studentischen Feiern an der Technischen Hochschule."
Was Jan "Zipfel" nennt, ist eine schwarze Quaste an der Mütze der Technikstudenten und die kriegt für jedes Studienjahr einen Knoten. Am späten Nachmittag spritzt die Schaumkanone und am Kran schwebt der Putztrupp ein über Amanda, mit Schrubber und Scheuerlappen.
"Wir feiern, dass das Frühlingssemester vorbei ist, dass der Sommer beginnt. Und normalerweise gehen die Studenten zu den Arbeitsplätzen. Naja, es ist wie ein Anfang des Sommers."
Und warum wird die Amanda gewaschen?
"Keine Ahnung. Ich wette, das ist irgendeine uralte Tradition aus dem Anfang des 20. Jh."
Speziell in Helsinki wird Vappu so ausgelassen gefeiert. Jonas aus Stuttgart studiert hier und ist begeistert.
"Das hat was von Fastnacht, von Karneval, ist aber wieder anders. Es ist auf Studenten bezogen. Tausende von Studenten. Es ist einfach einzigartig."
Studenten aus dem ganzen Land kommen und wer irgendwann mal studiert hat, ist auch dabei. Die meisten mit Sektflasche. Eine fröhliche Party ohne trunkige Störenfriede. Und am nächsten Morgen, am 1. Mai geht es weiter. Nun im weitläufigen Brunnenpark am Meer. So wie im Faust'schen Osterspaziergang "dringt ein buntes Gewimmel hervor" und Unmengen weißer Mützen wippen über der Menschenmenge. Familien und Freundeskreise verabreden sich zum Picknick. Es gibt keine Bratwurst- oder Getränkestände. Nein, man bringt alles mit.
"Wir haben zusammen studiert und feiern schon seit 5 oder 6 Jahren so. Jeder hat eine Aufgabe, jedes Jahr das gleiche, das bringt er dann mit.''"
Gibt denn es ein Essen, das immer dabei sein muss?
""Ja, Würstchen und Kartoffelsalat. Das gehört dazu. Muss einfach sein."
Und der Sekt.
"Ja, natürlich."#
Hannah und ihre Freunde haben sich, so wie viele andere Gruppen auch, eine Tafel aufgebaut voller Köstlichkeiten. Und sie haben ihre Instrumente dabei. Andere promenieren mit Sektglas und Flasche in der Hand, bleiben stehen bei der Musik, tanzen, singen mit.
"Das ist finnische Volksmusik. Wir studieren Musik, deswegen können wir das spielen. Aber einige können das auch mitsingen. Das sind Lieder, die eigentlich jeder kennt."
An den zwei Tagen fließt in Helsinki der Sekt in Strömen. Und weil der teuer ist in Finnland, deckt man sich vorher ein in Tallin. Nach dem langen finnischen Winter knallen die Knospen, sprießen die Blumen, explodiert förmlich die Natur. Und die Finnen genießen ihr Fest. Selbst wenn das Wetter mal nicht passt.
"Dann wären wir alle auch hier. Sowieso. Wir haben Regenschirme, wir haben alles da. Muss einfach sein."
"Die Hauptperson ist Havis Amanda. Sie wird um 18 Uhr heute mit der Mütze gekrönt. Vorher wird sie von einer Gruppe Studenten gewaschen und dann bekommt sie diese Mütze auf den Kopf. Sie ist mehr als 100 Jahre alt, von 1908. Und damals war es eine Katastrophe, in der Stadtmitte eine nackte Frau zu sehen. Das war skandalös."
Bevor die Vappu-Party beginnt, gehen wir mit Tula durch Helsinki. Um 1900 erlebte die Stadt einen Bauboom. Die halbe Innenstadt mindestens scheint aus Jugendstil zu bestehen, lange Straßenzüge mit hohen Häuserfronten. Verspielte Fassaden, aber auch etwas düstere im späten Jugendstil. Der Senatsplatz dagegen bringt einen Hauch St. Petersburg nach Helsinki.
"Als Helsinki 1812 Hauptstadt von Finnland wurde, wollte Alexander I. sich eine neue Hauptstadt bauen und holte einen Berliner Architekten hier her. Er hat alle diese schönen Gebäude im klassizistischen Stil rund um den Senatsplatz entworfen. Man hatte hier früher einen ganz kleinen Platz mit einem hölzernen Rathaus. Dann hat man alles demoliert und sie begannen diesen großen Platz zu bauen."
Mit klassizistischen Gebäuden an den Seiten und mittig führt eine breite Treppe hoch zum strahlend weißen Dom, Vorbild war die Petersburger Isaak-Kathedrale. Die Uspenski-Kathedrale aus rotem Backstein dagegen hat nicht so einen repräsentativen Platz, doch es ist:
"Die größte orthodoxe Kathedrale in Westeuropa. Uspenski-Kathedrale. Es gibt 13 Kuppeln da und die größte symbolisiert natürlich Jesus und die kleineren seine Apostel."
Und jeder Turm, jedes Türmchen hat seine goldene Zwiebel.
Vom Markt bringt uns die Fähre zur Festungsinsel Suomenlinna. Die größte Meeresfestung Skandinaviens entstand Mitte des 18. Jahrhunderts unter schwedischer Herrschaft, später war sie unter russischer Flagge, ist nun Weltkulturerbe.
"In der Schwedenzeit war sie sehr bedeutend. Weil damals im 18. Jh. So eine Festung zu bauen. Das das war eine der größten See-Festungen der Welt. Und es hat im 18. Jahrhundert funktioniert. Sie war unbezwingbar. Die Mauern waren stark und überall Kanonen. Die besten konnten 1000 Meter weit schießen. Aber die Schiffe der Feinde waren Holzschiffe und hatten kleinere Kanonen."
Die früheren Kasernen wurden zu begehrten Wohnungen, die alten Trockendocks zu Cafes, Galerien und Museen. Der Kirchturm dient gleichzeitig als Leuchtturm.
Bastionen und Katakomben kann man ansehen.
Inzwischen hat sich der Platz rund um den Brunnen mit der schönen Havis Amanda gefüllt. Viele junge Leute mit Mütze. Zum bestandenen Abitur bekommt in Finnland jeder eine weiße Schirmmütze.
"In alten finnischen Filmen trägt man diese Abiturmütze. Eher komisch heutzutage. Also die Abiturmütze wird nur heute und morgen getragen. Aber die Mütze mit dem Zipfel trägt man zu fast allen studentischen Feiern an der Technischen Hochschule."
Was Jan "Zipfel" nennt, ist eine schwarze Quaste an der Mütze der Technikstudenten und die kriegt für jedes Studienjahr einen Knoten. Am späten Nachmittag spritzt die Schaumkanone und am Kran schwebt der Putztrupp ein über Amanda, mit Schrubber und Scheuerlappen.
"Wir feiern, dass das Frühlingssemester vorbei ist, dass der Sommer beginnt. Und normalerweise gehen die Studenten zu den Arbeitsplätzen. Naja, es ist wie ein Anfang des Sommers."
Und warum wird die Amanda gewaschen?
"Keine Ahnung. Ich wette, das ist irgendeine uralte Tradition aus dem Anfang des 20. Jh."
Speziell in Helsinki wird Vappu so ausgelassen gefeiert. Jonas aus Stuttgart studiert hier und ist begeistert.
"Das hat was von Fastnacht, von Karneval, ist aber wieder anders. Es ist auf Studenten bezogen. Tausende von Studenten. Es ist einfach einzigartig."
Studenten aus dem ganzen Land kommen und wer irgendwann mal studiert hat, ist auch dabei. Die meisten mit Sektflasche. Eine fröhliche Party ohne trunkige Störenfriede. Und am nächsten Morgen, am 1. Mai geht es weiter. Nun im weitläufigen Brunnenpark am Meer. So wie im Faust'schen Osterspaziergang "dringt ein buntes Gewimmel hervor" und Unmengen weißer Mützen wippen über der Menschenmenge. Familien und Freundeskreise verabreden sich zum Picknick. Es gibt keine Bratwurst- oder Getränkestände. Nein, man bringt alles mit.
"Wir haben zusammen studiert und feiern schon seit 5 oder 6 Jahren so. Jeder hat eine Aufgabe, jedes Jahr das gleiche, das bringt er dann mit.''"
Gibt denn es ein Essen, das immer dabei sein muss?
""Ja, Würstchen und Kartoffelsalat. Das gehört dazu. Muss einfach sein."
Und der Sekt.
"Ja, natürlich."#
Hannah und ihre Freunde haben sich, so wie viele andere Gruppen auch, eine Tafel aufgebaut voller Köstlichkeiten. Und sie haben ihre Instrumente dabei. Andere promenieren mit Sektglas und Flasche in der Hand, bleiben stehen bei der Musik, tanzen, singen mit.
"Das ist finnische Volksmusik. Wir studieren Musik, deswegen können wir das spielen. Aber einige können das auch mitsingen. Das sind Lieder, die eigentlich jeder kennt."
An den zwei Tagen fließt in Helsinki der Sekt in Strömen. Und weil der teuer ist in Finnland, deckt man sich vorher ein in Tallin. Nach dem langen finnischen Winter knallen die Knospen, sprießen die Blumen, explodiert förmlich die Natur. Und die Finnen genießen ihr Fest. Selbst wenn das Wetter mal nicht passt.
"Dann wären wir alle auch hier. Sowieso. Wir haben Regenschirme, wir haben alles da. Muss einfach sein."