Was also ist ein Ding, wenn es sich nicht bloß darin erschöpft, ein gut oder schlecht gemachter Gebrauchsgegenstand zu sein? Sôetsu Yanagi ist dieser Frage sein Leben lang in mehrfacher Hinsicht nachgegangen. Als ein aus der Tradition des Buddhismus schöpfender Denker, der sich gleichermaßen mit dem westlichen Verständnis von Kunst und Ästhetik gründlich auseinandergesetzt hat. Als ein scharfsichtiger Kunstkritiker mit einem intuitiven, direkten Blick für die Schönheit der Dinge. Aber vor allem als der Begründer der bis heute einflußreichen Mingei-Bewegung, der sogenannten japanischen Volkskunstbewegung, die er 1930 zusammen mit den bedeutenden Töpfern Kanjirô Kawai, Shôji Hamada und dem Engländer Bernard Leach ins Leben rief. Denn erschrocken über den Niedergang des japanischen Handwerks als Folge der industriellen Serienproduktion mit ihrer einfallslosen Massenware suchte Sôetsu Yanagi zu den handwerklich verfertigten Dingen zurückzukehren, in deren einfacher Schönheit sich der Geist und die Seele der japanischen Kultur wie des japanischen Alltagslebens seit je widerspiegeln.
Von dem 1961 Verstorbenen sind jetzt eine Reihe nachgelassener Schriften erschienen, worin er sich dieser Dimension der Dinge über seine aus dem Buddhismus gewonnenen Einblicke in das Wesen von Schönheit nähert. Es sind zugleich handfeste Gedanken über die Töpferkunst und das Handwerk, über Handarbeit und maschinelle Arbeit, kenntnisreiche, kluge und über Jahre gereifte Einsichten in die östliche wie westliche Kultur. Schriften, die sein enger Freund Bernard Leach übersetzt hat, der selbst durch sein eigenes Schaffen die japanische Tradition für Europa fruchtbar machte und neue Maßstäbe für die Töpferkunst gesetzt hat.
Denn nicht von ungefähr ist es die Volkskunst, das Handwerk etwa des Töpferns, Schreinerns, des Webens oder Stoffefärbens, in deren Dingen sich für Yanagi wahre Schönheit ereignet. Was bei uns traditionell eher gering geachtet und zumeist der niederen Gebrauchskunst zugeordnet wird - im Unterschied zur gehobenen Ästhetik als der Lehre vom wahren Schönen, die eine vom natürlichen Leben abgehobene Kunst hervorgebracht hat. Doch im Gegensatz dazu gedeihen für das östliche Denken Wahrheit und Schönheit der Dinge nur in direkter Nähe zum natürlich Seienden - zur Natur um uns und in dem, wie sie sich uns gibt. "Die Wahrheit ist immer dicht bei uns", schreibt Yanagi. Wo der abendländische Künstler seinem Material, dem Holz oder Ton, seine Idealvorstellung einer Schale oder eines Tellers einbildet, läßt der gute Töpfer seine Schale allein aus dem Ton selbst mit Hilfe seiner geübten Hände entstehen, die das Werden der Schale lediglich unterstützen. Denn nicht das ideal Anvisierte und dann perfekt Umgesetzte ist das Ziel, vielmehr liegt nach Yanagi das eigentliche Geheimnis des Schönen darin, sich ganz in den offenen Prozeß des Werdens von Dingen zurückzustellen. Ein Prozeß, der voller Zufälligkeiten steckt und für das westliche Auge und seinen Schönheitssinn manchmal durchaus Unschönes hervorbringt. Aber, "das Exakte und Perfekte transportiert keine Obertöne, es läßt keinen Raum für Freiheit", heißt es bei Yanagi.
Ein Ding wird also nicht dadurch schön, daß es etwas Vollkommenes verkörpert oder etwas besonders Kunstvolles darstellt. Schon gar nicht, daß man das gedankenlos Gebrauchte ästhetisiert gemäß dem Ehrgeiz heutiger Designer, in der von Industrieprodukten beherrschten Welt zumindest ein schön gestyltes Ding zu machen. Bemerkenswert wird es, wenn es die Augen für jenen eher unscheinbaren Raum des Schönen zu öffnen vermag, dessen Dimension allerdings jenseits der bei uns gängigen Dualismen von Idealität und bloßer Natur, von hoher Kunst und niederem Handwerk, erhabenem Meisterwerk und profanem Gebrauchsgegenstand liegt. Denn erst wenn sich der Geist von solchen Hoch- wie Geringschätzungen löst, kann auch die Seele zu jener Schönheit der einfachen Dinge gelangen, in der einem angesichts einer Tonschale plötzlich das Ganze, also Himmel, Erde, Mensch und Göttliches, als etwas untrennbar Zusammenspielendes aufgehen. So wenn eine Schale den Regen des Himmels mit ihrem irdenen Gefäßkörper auffängt, aus dem sie wiederum das Wasser den Menschen zur Erfrischung reicht wie auch den Göttern als Weihegabe darbringt. Für Sôetsu Yanagi erfüllt sich darin "die Schönheit eines Friedens, in dem aller Zwist begraben ist".
Von dem 1961 Verstorbenen sind jetzt eine Reihe nachgelassener Schriften erschienen, worin er sich dieser Dimension der Dinge über seine aus dem Buddhismus gewonnenen Einblicke in das Wesen von Schönheit nähert. Es sind zugleich handfeste Gedanken über die Töpferkunst und das Handwerk, über Handarbeit und maschinelle Arbeit, kenntnisreiche, kluge und über Jahre gereifte Einsichten in die östliche wie westliche Kultur. Schriften, die sein enger Freund Bernard Leach übersetzt hat, der selbst durch sein eigenes Schaffen die japanische Tradition für Europa fruchtbar machte und neue Maßstäbe für die Töpferkunst gesetzt hat.
Denn nicht von ungefähr ist es die Volkskunst, das Handwerk etwa des Töpferns, Schreinerns, des Webens oder Stoffefärbens, in deren Dingen sich für Yanagi wahre Schönheit ereignet. Was bei uns traditionell eher gering geachtet und zumeist der niederen Gebrauchskunst zugeordnet wird - im Unterschied zur gehobenen Ästhetik als der Lehre vom wahren Schönen, die eine vom natürlichen Leben abgehobene Kunst hervorgebracht hat. Doch im Gegensatz dazu gedeihen für das östliche Denken Wahrheit und Schönheit der Dinge nur in direkter Nähe zum natürlich Seienden - zur Natur um uns und in dem, wie sie sich uns gibt. "Die Wahrheit ist immer dicht bei uns", schreibt Yanagi. Wo der abendländische Künstler seinem Material, dem Holz oder Ton, seine Idealvorstellung einer Schale oder eines Tellers einbildet, läßt der gute Töpfer seine Schale allein aus dem Ton selbst mit Hilfe seiner geübten Hände entstehen, die das Werden der Schale lediglich unterstützen. Denn nicht das ideal Anvisierte und dann perfekt Umgesetzte ist das Ziel, vielmehr liegt nach Yanagi das eigentliche Geheimnis des Schönen darin, sich ganz in den offenen Prozeß des Werdens von Dingen zurückzustellen. Ein Prozeß, der voller Zufälligkeiten steckt und für das westliche Auge und seinen Schönheitssinn manchmal durchaus Unschönes hervorbringt. Aber, "das Exakte und Perfekte transportiert keine Obertöne, es läßt keinen Raum für Freiheit", heißt es bei Yanagi.
Ein Ding wird also nicht dadurch schön, daß es etwas Vollkommenes verkörpert oder etwas besonders Kunstvolles darstellt. Schon gar nicht, daß man das gedankenlos Gebrauchte ästhetisiert gemäß dem Ehrgeiz heutiger Designer, in der von Industrieprodukten beherrschten Welt zumindest ein schön gestyltes Ding zu machen. Bemerkenswert wird es, wenn es die Augen für jenen eher unscheinbaren Raum des Schönen zu öffnen vermag, dessen Dimension allerdings jenseits der bei uns gängigen Dualismen von Idealität und bloßer Natur, von hoher Kunst und niederem Handwerk, erhabenem Meisterwerk und profanem Gebrauchsgegenstand liegt. Denn erst wenn sich der Geist von solchen Hoch- wie Geringschätzungen löst, kann auch die Seele zu jener Schönheit der einfachen Dinge gelangen, in der einem angesichts einer Tonschale plötzlich das Ganze, also Himmel, Erde, Mensch und Göttliches, als etwas untrennbar Zusammenspielendes aufgehen. So wenn eine Schale den Regen des Himmels mit ihrem irdenen Gefäßkörper auffängt, aus dem sie wiederum das Wasser den Menschen zur Erfrischung reicht wie auch den Göttern als Weihegabe darbringt. Für Sôetsu Yanagi erfüllt sich darin "die Schönheit eines Friedens, in dem aller Zwist begraben ist".