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Dobrindt: Menschen trauen Union "am allermeisten" Wirtschaftskompetenz zu

Alexander Dobrindt, neuer CSU-Generalsekretär, hält Karl-Theodor zu Guttenberg für den richtigen Mann für das Amt des Bundeswirtschaftsministers. Die Menschen in Deutschland trauten der Union die höchste Wirtschaftskompetenz überhaupt zu - zu Guttenberg werde diese Kompetenz erweitern.

Alexander Dobrindt im Gespräch mit Stefan Heinlein | 12.02.2009
    Stefan Heinlein: Der Paukenschlag von Michael Glos steckt der CSU weiter in den Knochen. Die Partei ist winterlich verschnupft. Der sichtbar frustrierte ehemalige Bundeswirtschaftsminister tritt noch einmal kräftig nach und verteilt politische Ohrfeigen an die Kanzlerin und seinen Parteivorsitzenden. Der von seinem Rücktritt zunächst kalt erwischte Horst Seehofer bemüht sich derweil, die latente Unruhe in seiner Partei nicht noch weiter anzustacheln. Der CSU-Chef nutzt die unerwartete Gelegenheit zu einer weiteren Blutauffrischung seiner Partei. Nach der radikalen Verjüngungskur im bayerischen Kabinett übernehmen mit Karl-Theodor zu Guttenberg und Alexander Dobrindt zwei weitere U40-Politiker Führungsverantwortung. Und den neuen CSU-Generalsekretär begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Dobrindt!

    Alexander Dobrindt: Guten Morgen, Herr Heinlein.

    Heinlein: Mit Verlaub, noch ist Ihr Name bundesweit zumindest wenig geläufig. Wie rasch wird man Sie denn richtig kennen lernen?

    Dobrindt: Bei neuen Gesichtern, da ist es ja systemimmanent, dass die auch wenig geläufig sind und einfach neu sind, und ich glaube, dass wir alle, die wir jetzt von Horst Seehofer auch mit neuen Ämtern berufen worden sind, die Chance haben, in relativ kurzer Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad zu erlangen.

    Heinlein: Wie verstehen Sie denn Ihre Rolle als Generalsekretär, Abteilung Attacke, oder erst einmal Ruhe in der Partei?

    Dobrindt: Ich habe es vor kurzem ja schon mal erwähnt: Ich kann laut reden und gut zuhören und ich glaube, die Mitte macht es aus, die jetzt gefragt ist. Man muss den Gegner nicht unbedingt gleich in der ersten Runde niederringen, man braucht eine Auseinandersetzung und man muss den Dialog führen. Ich glaube das ist der Politikstil, der heute gefordert ist.

    Heinlein: Also kein Wadenbeißer wie Ihr Vor-Vorgänger Markus Söder?

    Dobrindt: Man muss nicht immer gleich Wadenbeißer sein, aber zuzwicken muss man schon können, wenn es notwendig ist.

    Heinlein: Haben Sie denn Sorge, als junger und noch vergleichsweise unerfahrener Politiker auf der großen politischen Bühne in Zukunft Lehrgeld zahlen zu müssen?

    Dobrindt: Nein. Die Aufgabe ist so spannend und sie ist so schnell in der Abfolge und die Taktzahl ist so hoch, da hat man überhaupt keine Zeit, Bedenken zu haben.

    Heinlein: Ist ein solides Selbstbewusstsein eine zwingende Voraussetzung für das Amt eines CSU-Generalsekretärs?

    Dobrindt: Selbstbewusstsein hat in der Politik noch nie geschadet.

    Heinlein: Jung und frisch, so will sich die CSU, Ihre Partei nach den Worten ihres Vorsitzenden künftig mit dem neuen Führungspersonal präsentieren. Ist denn jung und frisch alleine eine politische Qualität?

    Dobrindt: Nein, überhaupt nicht, aber die Menschen haben seit langem gefordert, dass sich Parteien erneuern müssen, dass sich Politik erneuern muss, sie haben gefordert, dass neue Gesichter kommen müssen. Wir haben das aufgenommen und wir haben es nachvollzogen und deswegen ist ja die Zustimmung auch für das, was der Parteivorsitzende Horst Seehofer hier macht, neue Gesichter in die Politik einzuführen, ausgesprochen hoch. Über 70 Prozent der Menschen, übrigens egal welche Altersklasse, sagen, das sind richtige Entscheidungen, und freuen sich darauf, wie sich das in politischen Inhalten umsetzen lässt.

    Heinlein: Warum braucht denn die CSU eine Blutauffrischung? Ist Ihre Partei zu träge, zu selbstgefällig geworden?

    Dobrindt: Ich glaube, dass Parteien insgesamt immer wieder die Erneuerung brauchen. Die Gesellschaft erneuert sich ganz von alleine, immer wieder in sehr schnellen Abfolgen, mit neuen Ideen, mit neuen Techniken. Das Internet hat ganz viel entsprechend dazu beigetragen. Deswegen muss Politik dem auch folgen und dazu gehören eben auch einfach immer wieder mal personelle Neuaufstellungen.

    Heinlein: Warum verzichtet Horst Seehofer, Ihr neuer Parteichef, denn auf die vielfältigen Erfahrungen der altgedienten CSU-Veteranen? Warum werden sie nicht an vorderer Stelle in die Parteiarbeit eingebunden?

    Dobrindt: Wir verzichten überhaupt nicht auf die Erfahrungen. Sie können ja immer wieder feststellen und auch lesen: Alle die, die große Verdienste um die Partei, um die CSU, um die Menschen haben, stehen uns ja immer noch mit Rat und Tat zur Verfügung. Edmund Stoiber tut das Gott sei Dank, Michael Glos wird das auch tun, und darum sind wir sehr froh.

    Heinlein: Erwin Huber und Beckstein auch?

    Dobrindt: Auch Erwin Huber und Beckstein haben über Jahrzehnte die Politik maßgeblich mit gestaltet und auch auf diese Erfahrung wird man nicht verzichten.

    Heinlein: Reden wir, Herr Dobrindt, über den zurückgetretenen Bundeswirtschaftsminister. Michael Glos will ja trotz seines Rücktritts vermutlich noch einmal für den Bundestag kandidieren. Wird ihm die CSU dabei helfen?

    Dobrindt: Michael Glos hat über Jahrzehnte die Landesgruppe geführt, die Politik für die CSU in Berlin gestaltet. Er ist ein unverzichtbarer Teil auch der CSU hier mit in Berlin und deswegen wird man ihn mit aller Kraft unterstützen und wir hoffen auch sehr, dass wir seine Unterstützung haben.

    Heinlein: Kann man denn amtsmüde sein, zurücktreten mit Verweis auf das Alter und dennoch engagiert im Bundestag arbeiten?

    Dobrindt: Ich glaube, so eine Entscheidung muss jeder für sich selber treffen und das ist entsprechend zu respektieren. Aber ich stelle fest, dass Michael Glos auch großen Rückhalt in der Bevölkerung, auch großen Rückhalt übrigens im Mittelstand hat, und deswegen glaube ich, dass wir davon profitieren, wenn er uns hilft.

    Heinlein: Intern, Herr Dobrindt, hat Michael Glos ja noch einmal kräftig nachgetreten, unter anderem gegen die Kanzlerin. Verstehen Sie seinen Frust?

    Dobrindt: Ich glaube, dass in erster Linie jetzt Geschlossenheit gefragt ist. Die Menschen müssen sehen, dass man nach zwei, drei schwierigen Tagen auch sehr schnell wieder in die Arbeit übergeht. Wir haben das geschafft und wenn dazu eine positive Stimmung kommt, weil neue Ideen da sind, dann ist dies das beste für die Menschen, für das Land und auch natürlich für die Politik hier, und ich glaube, dass wir sehr schnell wieder Ruhe haben, ordentliche Politik gestalten können, Inhalte transportieren.

    Heinlein: Die Frage war, ist es guter Stil, sich erst in die Büsche zu schlagen und dann noch einmal auszuteilen?

    Dobrindt: Jeder hat natürlich auch die Möglichkeit, die Situation aus seiner Sicht darzustellen und Beweggründe darzulegen. Das kann man einmal tun und dann ist es auch wieder vorbei.

    Heinlein: Welche Qualitäten hat denn der neue Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Vergleich zu seinem Vorgänger Michael Glos?

    Dobrindt: Wirtschaftsminister ist ja nichts, was man auf die Schnelle erlernen oder studieren kann. Wirtschaftsminister gerade in Zeiten, die schwierig sind, in einer Krise, hängt sehr davon ab, was man für persönliche Erfahrungen hat, und natürlich, was man für Einschätzungen hat und dass man einen gesunden Menschenverstand hat. Alles das bringt Karl-Theodor zu Guttenberg mit. Ich habe ihn kennen gelernt als jemand, der bei der sozialen Marktwirtschaft nicht nur einen Teil betont, sondern soziale Marktwirtschaft besteht aus Markt und dem sozialen Ausgleich. Er kann das beides, er steht auf beiden Säulen und ich glaube, das ist in der heutigen Zeit besonders wichtig.

    Heinlein: Sie sagen es selbst, Herr zu Guttenberg war oder ist kein gelernter Wirtschaftspolitiker, sondern vor allem ein Außenpolitiker. Warum nun der Wechsel ins Wirtschaftsfach, weil er jung ist und Franke, oder gab es einfach keine besseren Alternativen?

    Dobrindt: Karl-Theodor zu Guttenberg ist eine hervorragende Lösung. Wenn man mich gefragt hätte, wer könnte aus der CSU dieses Amt machen, dann hätte ich sofort auf Karl-Theodor zu Guttenberg getippt.

    Heinlein: Wurde denn zumindest kurz nachgedacht, dem Wirtschafts- und Finanzfachmann Erwin Huber eine zweite Chance zu geben?

    Dobrindt: Ich kenne auch nicht alle Gespräche, die entsprechend gelaufen sind, aber mein Eindruck war, dass in der ganzen Partei sehr schnell immer der Name Guttenberg transportiert worden ist, und man sieht es ja auch heute: Da gibt es eine große Zufriedenheit mit diesem Ergebnis.

    Heinlein: Kann Herr zu Guttenberg die schwach besetzte wirtschaftspolitische Flanke der Union vollständig decken?

    Dobrindt: Die Union hat überhaupt keine schwach bedeckte wirtschaftspolitische Flanke. Die Union hat ein ausgeprägtes wirtschaftspolitisches Gewissen. Das sagen uns auch alle Umfragen. Die Menschen trauen uns am allermeisten wirtschaftspolitische Kompetenz in Deutschland überhaupt zu. Zu Guttenberg wird diese Kompetenz erweitern, aufbauen und ergänzen. Ich glaube, das wird man in den nächsten Wochen sehr schnell merken.

    Heinlein: Kommen wir noch einmal zur verbalen Abrechnung von Michael Glos. Auch Ihr Parteivorsitzender Horst Seehofer kommt dabei nicht ganz gut weg. Er sagt, Horst Seehofer habe ihn rumkommandiert. So wird er zumindest in verschiedenen Medien zitiert. Hat auch Ihr Parteivorsitzender seinen Parteifreund zuletzt nur sehr wenig unterstützt?

    Dobrindt: Nein, überhaupt nicht. Insgesamt herrscht in der CSU eine große Geschlossenheit und wir unterstützen uns gegenseitig, weil es am Schluss darum geht, was für Erfolge erzielen wir für die Menschen in diesem Land, und deswegen gibt es eine große Gemeinsamkeit. Dass man bei inhaltlichen Fragen zwischendurch mal unterschiedlicher Meinung ist und darum kämpfen muss, wer letztlich die bessere Lösung für die Menschen hat, ich glaube das ist ganz natürlich. Und noch mal: es steht auch jedem zu, dass man dann einmal die Sicht aus seinen Dingen klärt, und damit ist es auch wieder gut.

    Heinlein: Abschließend: können Sie uns den Führungsstil von Horst Seehofer in drei Adjektiven beschreiben?

    Dobrindt: Ich glaube, dass Horst Seehofer einen kollegialen, freundschaftlichen, aber auch gezielten Führungsstil hat. Der tut unserer Partei gut und der wird uns hoffe ich sehr erfolgreich bleiben lassen.

    Heinlein: Heute Morgen im Deutschlandfunk der neue CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach München.

    Dobrindt: Danke schön!