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documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff
"Keine Ungereimtheiten, die wir nicht erläutert hätten"

Erstmalig findet die documenta 14 in zwei Städten statt – in Athen und Kassel. Ein besonderer organisatorischer und finanzieller Kraftakt. Geschäftsführerin Annette Kulenkampff antwortet auf einen kritischen Bericht im Dlf, bei dem von "finanziellen Ungereimtheiten" die Rede war.

Von Ludger Fittkau | 13.07.2017
    documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff mit dem künstlerischen Leiter Adam Szymczyk bei Eröffnung der Weltkunstausstellung.
    title: documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff mit dem künstlerischen Leiter Adam Szymczyk bei der Eröffnung der Weltkunstausstellung. Die Exponate sind noch bis 17. September in Kassel und bis 16. Juli in Athen zu sehen. (imago/epd)
    Seit vier Jahren führt die Kunsthistorikerin Annette Kulenkampff die Geschäfte der Weltkunstausstellung documenta. Doch bis vor gut einem Jahr ist ihr nicht so recht klar gewesen, welcher organisatorischer Kraftakt am Ende nötig war, um diesmal nicht nur in Kassel, sondern auch in Athen einen relevanten Teil der Ausstellung zu organisieren. Dabei habe man viel gelernt, etwa über das ziemlich unterschiedliche Arbeitsrecht in Europa:
    "Es ist einfach was, das lernt man. Es heißt ja auch "Lernen von Athen". Und man lernt natürlich auch diese in Europa sehr unterschiedlichen arbeitsrechtlichen und arbeitsvertraglichen Voraussetzungen, die wirklich total anders sind. Und dadurch können Missverständnisse entstehen. Aber wir haben die in kürzester Zeit ausgeräumt. Und dadurch war das im Prinzip auch kein Thema mehr."
    "Dieselbe Entlohnung wie in Kassel"
    Doch unlängst war noch einmal in einigen Medien – insbesondere auch im Deutschlandfunk – berichtet worden, Aufsichtskräfte der documenta in Athen hätten für die gleiche Arbeit weniger Lohn bekommen als ihre Kolleginnen und Kollegen in Kassel. Auch diese Fehlinformation sei durch die anfänglich schwer durchschaubaren rechtlichen Unterschiede in den Lohnsystemen Griechenlands und Deutschlands entstanden, so documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff:
    "Also der Grundlohn in Athen ist 5 Euro 62. Und dazu kommen eben Zuschläge oder Boni, die wir hier in Deutschland in der Form nicht haben. Das sind Osterzuschläge, das sind 75 Prozent Zuschlag zum Beispiel an Sonntagen. Das sind Zuschläge, wenn jemand ab 18 Uhr arbeitet. Das ist obligatorisch das 13. und 14. Monatsgehalt. Und wenn man das alles zusammenrechnet, dann kommt man absolut auf dieselbe Entlohnung wie die Mitarbeiter in denselben Bereichen hier. Nämlich um die 9 Euro, je nachdem wie viel jemand an Sonntagen arbeitet, wie eben auch hier in Kassel."
    Gleicher Lohn für gleiche Arbeit also – das war dem documenta-Team auch deswegen wichtig, weil sich die internationale Solidarität mit dem durch die Finanzkrise ohnehin gebeutelten Süden Europas wie ein roter Faden durch die diesjährige Weltkunstmesse zieht.
    "Manpower als Dienstleister in Anspruch genommen"
    Auf Kritik war jedoch auch gestoßen, dass die documenta-Geschäftsführung sich in Athen der Dienste des international agierenden Leiharbeitsunternehmens "Manpower" bedient hatte. Auch dazu nimmt die documenta-Geschäftsführerin im Gespräch mit dem Deutschlandfunk in Kassel Stellung:
    "Wir haben Manpower in Anspruch genommen nicht als Leiharbeiterfirma, das würde ja bedeuten, dass wir deren Mitarbeiter bei uns beschäftigen. Sondern wir haben Mitarbeiter gesucht für Athen im Bereich der Aufsichten. Und brauchten, um das zu organisieren - das griechische Arbeitsrecht ist sehr kompliziert mit sehr strikten Regeln und es waren 200 Personen, die zu organisieren sind, zu koordinieren an unterschiedlichen Orten - dazu haben wir Manpower in Anspruch genommen, als Dienstleister sozusagen. Aber alle Verträge, alle Verhandlungen, alle Gespräche sind von der documenta selber – also von uns – mit den Mitarbeitern geführt worden. Und alle Fragen am Anfang haben wir geklärt. Und so ist es auch umgesetzt worden. Die Organisation der Mitarbeiter liegt jetzt bei Manpower, aber es sind unsere Angestellten über den Dienstleister Manpower."
    Einladung an eine Künstlerin
    Ein weiterer Kritikpunkt hinsichtlich der Personalpolitik der diesjährigen documenta lautete: documenta-Chef Adam Szymczyk habe seine Partnerin auf die Gehaltsliste gesetzt. Auch dies sei falsch, so documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff:
    "Nein, weil die Künstlerin Alexandra Bachzetsis ist eine weltweit sehr geschätzte Performancekünstlerin und Tänzerin. War im Übrigen auch schon zur documenta 13 eingeladen, in die Adam Szymczyk ja nicht involviert war, wie man weiß. Und sie ist eingeladen worden von dem Kurator Hendrik Folkerts, der mehr oder weniger die Performance-Programme ein bisschen verantwortet hat und tritt eben in Athen und Kassel mit einem Tanzprogramm auf. Und sie ist Künstlerin und insofern nicht bei der documenta beschäftigt, weil die Künstler eben nicht bei der documenta beschäftigt sind, sondern eingeladen werden, teilzunehmen. Insofern ist an diesem Vorwurf nichts dran. Ganz abgesehen davon, dass es seine Lebenspartnerin ist und nicht seine Ehefrau."
    "Schwierige Bedingungen gut im Griff behalten"
    Unter dem Strich glaubt die documenta -Geschäftsführerin, dass es dem lediglich achtköpfigen Verwaltungsteam der Weltkunstmesse gelungen sei, die schwierigen organisatorischen und finanziellen Bedingungen der ersten "Doppel-documenta" in der Geschichte der Weltkunstmesse gut im Griff zu behalten. Auch die für die Gesamtbilanz am Ende wichtigen Besucherzahlen in Athen und Kassel entwickeln sich bisher erfreulich, so Annette Kulenkampff. Ihr Fazit:
    "Es gibt keine finanziellen Ungereimtheiten, die wir nicht erläutert hätten, die wir nicht erläutern können. Und es gibt auch keine Intransparenz oder irgendwas. Nein, die gibt es nicht."
    Eine endgültige Bilanz wird erst in einigen Monaten nach Abschluss der documenta 14 vorliegen. Doch der hessische Landtagsauschuss für Wissenschaft und Kunst hat ebenso wie die Stadt Kassel die Organisation der diesjährigen Doppel-Documenta bereits ausdrücklich gelobt.
    Der Bericht im Deutschlandfunk war auch von der Kasseler Regionalzeitung HNA aufgegriffen worden.