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Edathy-Affäre
Untersuchungsausschuss rückt näher

Nun ist für die Opposition das Maß voll: Nach Bekanntwerden eines Kinderpornographie-Falls an der Spitze des Bundeskriminalamtes verlangen Linke und Grüne im Bundestag einen Untersuchungsausschusses zum Fall Edathy und der Rolle des BKA. Gegen Behördenchef Ziercke werden erste Rücktrittsforderungen laut.

Von Gudula Geuther | 01.03.2014
    In den vergangenen Tagen hatte die Opposition noch gezögert mit Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss in der Affäre Edathy. Nach Abstimmung mit der Grünen Fraktions-Spitze befand nun Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, ein solcher Ausschuss sei "unumgänglich" geworden. Das Gremium müsse Fragen "im Zusammenhang mit Verrat und Denunziation klären". Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring Eckart formulierte, mit dem Ausschuss wolle man dem "Vertuschen und Verheimlichen" ein Ende setzen. Damit dürfte das Gremium kommen. Allgemein hatten die Koalitionsfraktionen bereits früher erklärt, sollte die kleine Opposition einen Untersuchungsausschuss fordern, würde man sich dem nicht verschließen. Das bekräftigte eine Sprecherin der SPD-Fraktion gegenüber unserem Hauptstadtstudio auch für diesen Fall. Auch die SPD sei an der Aufklärung interessiert.
    Anlass für die Empörung ist ein Bericht auf "Spiegel Online", den das Bundeskriminalamt in den Grundzügen bestätigt hat. Demnach stand auf der Liste, die die kanadische Polizei dem Bundeskriminalamt im November 2011 geschickt hatte und die Kunden des aufgeflogenen Unternehmens auflistete, neben dem Namen Sebastian Edathy und 800 anderen auch der eines ranghohen BKA-Mitarbeiters. Anders als im Fall des früheren SPD-Abgeordneten sei das, was sich der Polizist an sogenannten Posing-Bildern bestellt habe, unzweifelhaft illegal und strafrechtlich relevant gewesen. Der Beamte habe einen Strafbefehl akzeptiert, mit Rechtskraft Ende 2012. Er sei in der Abteilung tätig gewesen, in der die Daten aus Kanada eingegangen seien, der Abteilung "schwere und organisierte Kriminalität", allerdings in einem anderen Bereich. Etwa ein Jahr später verließ er die Behörde, in der Zwischenzeit, so betont man im BKA, sei er nicht mehr dienstlich tätig gewesen.
    Ungereimtheiten im Fall Edathy
    Fragen der Opposition, aber auch der CSU, betreffen allerdings nicht diesen Mitarbeiter selbst und seine Tätigkeit im BKA. Vielmehr stellt sich ihnen erneut die Frage, warum der Name Edathy nicht früher aufgefallen ist. Mehrfach sei im Innenausschuss der zeitliche Ablauf im BKA erläutert worden, empören sich gegenüber unserem Hauptstadtstudio die Innenpolitiker von Grünen und Linken, Konstantin von Notz und Jan Korte.
    "Es wurde mehrfach und ausdrücklich gesagt, dass diese fragliche Datei mit den Namen erst ab dem Juni 2012 bearbeitet wurde und dass kein besonderes Augenmerk darauf gelegt wurde, wer da eigentlich draufsteht. Jetzt erfahren wir, dass Monate davor eine sogenannte Grobsichtung stattgefunden haben soll."
    "Das Problem ist, dass natürlich jetzt die bisher dargestellten Zeitabläufe, wer wie wann was wusste, natürlich aufgrund der neuen Berichte zu hinterfragen sind. Und es ist natürlich schwierig zu glauben, dass dort der Name auffällt, aber der Name eines Bundestagsabgeordneten nicht."
    Unglaubwürdig findet das auch CSU-Justiziar Hans-Peter Uhl. Die Behörde selbst erklärt dazu, tatsächlich habe eine Mitarbeiterin die Liste grob gesichtet. Der Name des Kollegen, den sie persönlich kannte, sei ihr da aufgefallen. Der Name Sebastian Edathy nicht. In der Pressemitteilung der Behörde heißt es, das sei auch plausibel. Denn zu der Zeit habe Edathy nicht derart im Fokus der Aufmerksamkeit gestanden wie später. Erst zwei Wochen nach dieser Grobsichtung habe der frühere Innenausschussvorsitzende den Vorsitz des NSU-Untersuchungsausschusses übernommen. Die Opposition wirft BKA-Chef Ziercke vor, bei seiner Aussage im Innenausschuss nicht von sich aus über den Fall des BKA-Mitarbeiters informiert zu haben. Die Grüne Göring-Eckart spricht von "tief erschüttertem Vertrauen."
    Hören und lesen Sie am Sonntag zur Edathy-Affäre und zu Internet-Kriminalität das Interview der Woche mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk oder auf deutschlandfunk.de.