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"Ein Geschäft, das manchmal an Sklaverei grenzt"

Im Juni 2010 wird in Südafrika die Fußball-Weltmeisterschaft angepfiffen. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Doch für die Fußball-Spieler im Land ändert sich so gut wie nichts. Wer nicht für einen der vier beliebtesten Erstliga-Vereine spielt, kann vom Gehalt kaum seine Familie ernähren, soziale Absicherung ist ein Fremdwort für die Vereine.

Von Leonie March | 12.04.2009
    Ein Fußballplatz auf dem Gelände der Universität von Johannesburg. Wie jeden Vormittag trainieren hier arbeitslose Fußball-Profis, die einen Weg zurück in die erste Liga suchen. Einer von ihnen ist der Mittelfeldspieler Jabulani Mendu. Jahrelang gehörte er zur südafrikanischen Fußball-Elite, spielte für die erfolgreichsten Teams des Landes. Ein Hoffnungsträger. Doch dann bekam er finanzielle Schwierigkeiten und verletzte sich dazu auch noch schwer.

    "Ich habe meinen Mittelfußknochen gebrochen und konnte fast anderthalb Jahre nicht spielen. Die medizinische Versorgung ist hier in Südafrika nicht besonders gut. Dazu kam, dass ich gerade keinen Vertrag hatte, aber natürlich weiter meine Rechnungen begleichen musste. Deshalb hat das Ganze lang gedauert. Aber jetzt versuche ich zurück ins Spiel zu kommen."

    Am Spielfeldrand beobachtet Thulaganyo Gaoshubelwe das Training, der stellvertretende Generalsekretär der südafrikanischen Spielergewerkschaft. Schicksale wie das von Jabulani Mendu gibt es viele, sagt er.

    "” In der gesamten Liga gibt es keine Krankenversicherung. Wenn sich ein Spieler verletzt, muss er selbst schauen, wie er wieder gesund wird und für die Arztrechnungen aufkommen. Dazu kommt, dass sich die Vereine nicht an der Altersvorsorge beteiligen. Es gibt keinerlei soziale Absicherung.”"

    Vielen Spielern fällt das erst auf, wenn es zu spät ist, wenn sie verletzt sind, oder nach ihrer Fußballkarriere eine neue berufliche Perspektive suchen. Viele von ihnen haben kaum Schulbildung, keinerlei finanzielle Vorsorge getroffen, verstehen ihre Verträge nicht und sind ihren Vereinen damit vollkommen ausgeliefert, kritisiert der Gewerkschafter.

    "Es ist ein Geschäft, das manchmal an Sklaverei grenzt. Deshalb kämpfen wir dafür, dass die Spieler endlich bekommen, was sie verdienen. Momentan stehen sie an letzter Stelle, Vorrang hat immer die Verwaltung der Clubs. Dabei lebt der Fußball doch von den Spielern. Wir müssen den Vereinen also klar machen, dass sie ihre Spieler nicht wie Möbel behandeln können, die man einfach weg wirft, wenn sie kaputt sind."

    Inzwischen hat sich ein weiterer Zuschauer am Spielfeldrand eingefunden: Chris Fortuin kommt jeden Vormittag auf dem Weg zur Arbeit hier vorbei – der ehemalige Fußball-Profi lehrt an der Universität in Johannesburg Sportmanagement und engagiert sich für die Rechte der Spieler. Auch er kritisiert, dass vom Geschäft mit dem beliebtesten Sport in Südafrika nur die Funktionäre der Verbände und Vereine profitieren.

    "Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Profi-Liga: Sie wird mit etwa fünf Milliarden Rand von Sponsoren unterstützt. Davon allerdings bekommt allein der Geschäftsführer ein Gehalt von 70 Millionen. Nur ein winziger Anteil kommt letztlich bei den Spielern an.”"

    Zugegeben: Auch die meisten Erstliga-Vereine sind finanziell nicht gerade üppig ausgestattet, fügt Chris Fortuin hinzu. Denn die Sponsoren stürzen sich auf vier Mannschaften, die beim Publikum am Beliebtesten sind. Die anderen gehen leer aus und damit auch ihre Spieler.

    "”Das Durchschnittsgehalt liegt zwischen 3000 und 5000 Rand im Monat, das sind etwa 230 bis 380 Euro. Diese Summe verdient die Mehrheit der Spieler in der Ersten Liga. Aber davon kann man angesichts der Inflation in Südafrika nicht leben. Es gibt nur wenige Ausnahmen, Spieler die teilweise das sechsfache davon verdienen, allerdings nur bei sehr wenigen Vereinen."

    Jabulani Mendu gehörte nie zu den Top-Verdienern. Er beendet sein Training für heute, sein Fuß schmerzt wieder. Trotzdem hofft er, bald einen Vertrag bei einem Erstliga-Verein zu unterschreiben. Ein paar Clubs haben schon Interesse bekundet. Diesmal will er das Kleingedruckte von der Gewerkschaft prüfen lassen und, wenn es irgendwie geht, einen Teil des Gehalts sparen - für schlechte Zeiten. Bedingungen allerdings wird der 30-Jährige nicht mehr stellen können – nach Verletzung und Arbeitslosigkeit.