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Eine fast unendliche Geschichte

Technik. - Mehr als 30 Jahre hat es gedauert, bis die Genehmigung zum Bau eines Endlagers für schwach- und mittelaktiven Strahlenmüll aus Industrie, Forschung und Medizin erteilt wurde. Im Mai schritt dann das Planungsverfahren für den Umbau des ehemaligen Eisenerzbergwerks "Schacht Konrad" in seine heiße Phase. Bis zu seiner Wiedereröffnung ist indes noch viel zu tun.

Von Dagmar Röhrlich | 13.07.2007
    Nur elf Jahre lang wurde in dem Bergwerk Schacht Konrad Eisenerz gefördert. Seit 1976 ruht der Abbau. Das Werk war unrentabel. Die Grube bei Salzgitter hat jedoch eine besondere Eigenschaft, die ihr eine neue Zukunft bescheren soll: Weil mehrere hunderte Meter wasserundurchlässigen Gesteins auf ihr lagern, ist sie ungewöhnlich trocken und von der Außenwelt isoliert. Das machte sie als Endlager für schwach- und mittelaktive Atomabfälle aus Industrie, Forschungsanlagen und Medizin interessant. Es geht um 270.000 Kubikmeter strahlenden Müll. Nachdem im Mai Umweltminister Sigmar Gabriel grünes Licht für den Endlagerbau gegeben hat, laufen die Vorbereitungen an.

    "Hier ist der Streckenquerschnitt aufgrund des Gebirgsdruckes zusammengewachsen, so dass wir mit dieser Maschine wieder den ursprünglichen Streckenquerschnitt herstellen, das heißt, die Maschine schneidet das Gestein, es fällt auf die Sohle, wird abgefördert."

    Jürgen Behrens ist Werksleiter von Schacht Konrad. In 1000 Metern Tiefe werden erst einmal die Verbindungsstrecken im künftigen Endlager saniert. Über solche Verbindungsstrecken wird später der "Verkehr" unter Tage fließen. Der Atommüll selbst wird in einem anderen Bereich des Bergwerks endgültig deponiert. In rund 800 Metern Tiefe entstehen dazu so genannte Einlagerungskammern:

    "Die Einlagerungsstrecken haben eine Breite von sieben Meter, eine Höhe von sechs Metern. Jede dieser Kammern wird 500 bis 1000 Meter lang sein. Und jede wird mit großen, 20 Tonnen schweren Stahlblechbehälter gefüllt werden, in denen die Fässer mit dem Atommüll stecken."

    Jürgen Behrens beschreibt, wie das ablaufen soll:

    "Am Beginn der Einlagerungsstrecke steht ein großer, schwerer Gabelstapler. Der nimmt dann das Gebinde und fährt es ans Ende der Einlagerungsstrecke und stellt dort die Gebinde nebeneinander, übereinander und hintereinander ab. Wenn 50 Meter Strecke eingelagert sind, wird eine Betonwand errichtet und anschließend wird der Resthohlraum hinter dem Damm, wo die Behälter stehen, über Rohrleitungen aufgefüllt."

    Ein Betongemisch sorgt dafür, dass kein Hohlraum zurückbleibt. Aber ehe der erste Gabelstapler losfährt, wird viel umgebaut werden. Untertage müssen neue Werkstätten und Strahlenschutzräume entstehen, übertage Annahmehallen und Lagerräume. Die beiden alten Schächte werden saniert und ausgebaut, die Förderanlagen erneuert.

    "Wir gehen heute davon aus, dass wir sechs Jahre brauchen, um das erste Fass voraussichtlich im so genannten Kaltbetrieb nach untertage bringen zu können. Das heißt, wir werden nach Errichtung des Endlagers erst einmal das Zusammenspiel aller Funktionen testen mit nichtradioaktiven Arten von Abfällen, und wenn dieser Test bestanden ist, kommt das erste Fass. Ende 2013 dürfte das erste Fass nach unter Tage kommen."

    Schätzt Henning Rösel. Der Vizepräsident des Bundesamtes für Strahlenschutz BfS ist Projektleiter für die Errichtung des Endlagers Konrad. Die Sicherheit der Anlage liege in der Geologie selbst, erklärt er, in ihrer Isolation von der Außenwelt. Hier dringe kein Wasser ein, und selbst falls sich das aus irgendeinem Grund ändern würde: Es dauere viele hunderttausend Jahre, ehe kontaminiertes Wasser an die Oberfläche gelange. Bis dahin sei die Radioaktivität längst auf ein natürliches Niveau abgeklungen. Schach Konrad sei sicher:

    "Es gibt eine klare Aussage von Minister Gabriel, Konrad ist rechtlich ausgepaukt, Konrad ist sicherheitstechnisch ausgepaukt. Dass wir Konrad brauchen ist unstreitig, wir werden also bis zu 270.000 Kubikmeter radioaktiver Abfälle haben, die derzeit über Tage lagern."

    Denn radioaktive Abfälle können über der Erde nie so sicher gelagert werden wie unter der Erde. An den Plänen für Konrad werde sich wohl nichts mehr ändern, erklärt Rösel – es sei denn, das Bundesverfassungsgericht bescheidet zugunsten eines klagenden Bauern und der Stadt Salzgitter. Beide Parteien haben Verfassungsbeschwerde eingelegt. Aber noch ist sie nicht einmal über die Annahme entschieden – und die Planungsphase läuft.