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Eine Heizung für Batterien

Als Energiespeicher für Windräder oder Messstationen müssen Akkus immer leistungsfähiger werden. Oft sind sie dabei harschen Umweltbedingungen ausgesetzt. Forscher der RWTH Aachen wollen Batterien nun fit für den Kälteschock machen.

Von Frank Grotelüschen | 15.10.2013
    Sibirien, eine Weltregion der Extreme. Im Winter pfeift einem der Wind bei minus 40 Grad Celsius um die Ohren. Im Sommer aber kann es brütend heiß werden, bis zu 40 Grad plus. Anstrengend nicht nur für den Menschen, sondern auch fürs Material. Batterien zum Beispiel funktionieren bei derartigen Temperaturextremen nicht immer zuverlässig. Zuverlässigkeit aber ist für das Projekt, an dem Markus Lelie und seine Kollegen von den RWTH Aachen arbeiten, ein unbedingtes Muss. Denn ihre Batterie soll helfen, eine automatische Messstation an einer Gaspipeline auch dann am Laufen zu halten, wenn dort der Strom ausfällt – und zwar in den menschenleeren Weiten Sibiriens.

    "Die ist irgendwo im Nirgendwo, so kann man das wohl sagen."

    Bei einem Stromausfall müsste die Batterie die Messstation eine halbe Stunde lang versorgen, dann würde eine Brennstoffzelle übernehmen. Das Problem: Längst nicht jeder Batterietyp hält die extremen Temperaturschwankungen in Sibirien aus.

    "Bleibatterien zum Beispiel haben sehr schlechte Eigenschaften bei niedrigen Temperaturen. Das kennen viele Leute von ihrem Auto im Winter, wenn es mal wieder nicht anspringt an einem sehr kalten Tag. Ähnliche Effekte würden uns auch treffen."

    Geeigneter wären zwar Akkus aus Nickel-Cadmium. Die aber würden relativ viel Platz brauchen. Deshalb greifen die Experten zu einer noch recht jungen Batterietechnik.

    "Das sind Lithium-Eisenphosphat-Zellen. Das ist eine Lithium-Ionen-Batterie-Art, die etwas sicherer ist als die Batterien, die zum Beispiel in Handys verbaut werden, weil es eine andere Zellchemie ist."

    Aus 14 dieser Lithium-Eisenphosphat-Zellen haben die Forscher jetzt einen Prototypen gebaut. Er passt in ein Gehäuse etwa so groß wie ein Schuhkarton. Die ersten Tests in Kältekammern sind schon gelaufen.

    "Man findet da immer noch Sachen, mit denen man vorher nicht gerechnet hat: Die Batterien würden sich zwar entladen lassen. Allerdings sinkt die Spannung bei -40 Grad so weit ab, dass eine Komponente, die aus diesen Batterien versorgt wird, nicht mehr genug Spannung kriegt, um zu arbeiten."

    Ein Problem, das sich auf zweierlei Art lösen ließe. Entweder die Forscher suchen nach Komponenten, die mit einer kleineren Spannung auskommen ...

    " ... oder wir bauen einfach eine Heizung ein. Das ist die einfachere Lösung."

    Diese Heizung würde die Batterie auf mindestens minus 20 Grad halten. Nur: Eine Heizung braucht Strom. Von der Batterie sollte dieser Strom natürlich nicht kommen, dann wäre sie allzu schnell leer. Stattdessen könnte die Heizung bis zu einem Stromausfall ganz normal vom Netz gespeist werden. Da die Batterie unmittelbar nach Stromausfall in Aktion treten soll, wäre sie quasi vorgewärmt. Während des Entladens dann heizt sie sich durch ihre eigene Abwärme selbst weiter. Für die heißen Sommer in Sibirien müssen die Forscher dann womöglich ein Kühlsystem einbauen, vielleicht reicht dafür ein simpler Ventilator. Im nächsten Jahr will das Team um Markus Lelie einen Prototypen in Sibirien installieren.

    "Wir fahren nächste Woche nach Russland, um uns da ein bisschen aufzuschlauen."

    Der Praxistest soll zeigen, wie sich Batterie und Heizungssystem in der sibirischen Kälte bewähren. Die Resultate könnten auch für andere Einsatzgebiete relevant sein.

    "Es gibt sehr viele Anwendungen, wo Batterien einem extremen Temperaturbereich ausgesetzt sind. Wenn man auf die Elektromobilität guckt, da gibt es im Winter das Problem, dass man eine Lithium-Ionen-Batterie nicht laden dürfte, wenn die Batterie unter einer bestimmten Temperatur ist. Das heißt, da kommen ähnliche Überlegungen zum Tragen."