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Eine Seefahrt, die ist schmutzig

Urlaub auf dem Kreuzfahrtschiff: Das haben sich allein von Deutschland aus 1,8 Millionen Menschen im vergangenen Jahr gegönnt. Doch das Image der Branche hat Schmutzflecken: Viele Schiffe belasten die Umwelt zum Beispiel durch Einsatz von Schweröl als Treibstoff.

Von Maike Strietholt | 23.05.2012
    Urlaub auf dem Kreuzfahrtschiff ist kein Privileg der Reichen mehr: Allein von Deutschland aus fuhren im vergangenen Jahr 1,8 Millionen Menschen an Bord eines Fluss- oder Hochseekreuzfahrers in den Urlaub - ein Wachstum von zwölf Prozent im Jahresvergleich. Doch das Image der Branche hat Flecken - viele Schiffe belasten die Umwelt mehr als nötig, zum Beispiel durch Einsatz von Schweröl als Treibstoff. Die Betreiber verweisen auf Verbesserungen, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden.

    "Man sieht hier nicht viel, das sind im Grunde nur zwei große, silberne Kisten - in denen aber dieser ganze Prozess der Absorber-Anlage abläuft."

    Klaus-Dieter Tkotsch steht nicht ganz ohne Stolz im wummernden Schiffsbauch. Er hat, als Chefingenieur der AIDAmar, die soeben erst aus der Papenburger Meyerwerft in den Hamburger Hafen gekommen ist, die Installation des neuen Heat-Absorber-Systems begleitet. Hier wird die Abwärme der Motoren genutzt - zur Klimatisierung des Schiffs sowie zur Produktion von Trinkwasser. Nicole Lerrahn aus der Kommunikationsabteilung von AIDA Cruises hat noch mehr in Sachen Nachhaltigkeit zu berichten:

    "Bei uns an Bord wird das Abwasser wieder aufbereitet und über ein mehrstufiges Verfahren soweit geklärt, dass ein Permeat entsteht, das nahezu Trinkwasserqualität besitzt. Also, ungeklärtes Trinkwasser geht dementsprechend nicht über Bord."

    Außerdem wird der Müll getrennt und an Land entsorgt, und es gibt diverse Energiesparsysteme. Alexander Porschke vom Naturschutzbund Hamburg sieht solche Maßnahmen an Bord eines Kreuzfahrtschiffs aber als Selbstverständlichkeit an - eben wie es bei jedem anderen Hotelbetrieb ebenfalls zu erwarten wäre. Für ihn liegen die wirklichen ökologischen Probleme an anderer Stelle:

    "Kreuzfahrtschiffe haben einen besonders hohen Energieverbrauch, nicht nur weil sie starke Motoren haben, sondern sie auch noch einen Hotelbetrieb zu versorgen haben. Und Kreuzfahrtschiffe nutzen, wie andere Schiffe auch, Schweröl - was ein Abfallstoff der Ölproduktion ist."

    Der gehörige Probleme für Umwelt und Menschen birgt: Schweröl setzt bei seiner Verbrennung giftige Schwefel- und Stickoxide frei - dies führt zu saurem Regen und beeinträchtigt das Pflanzenwachstum. Und da Kreuzschifffahrt überwiegend in Küstennähe stattfindet, sind auch die Menschen betroffen: Insbesondere durch die hohen Rußpartikelemissionen, die Herz- und Lungenkrankheiten auslösen können.

    Diese Problematik sieht Nicole Lerrahn von AIDA Cruises durchaus auch, sie beruft sich jedoch auf die internationalen Vorschriften zum Schwefelanteil am Schiffstreibstoff, die ohnehin fortlaufend verschärft würden - dem würde sich die AIDA anpassen. Außerdem:

    "Die Schiffe, die 2015 und 2016 gebaut werden, werden mit sogenannten Dual-Fuel-Motoren ausgestattet, um dann umweltfreundliches Flüssiggas einsetzen zu können."

    Diese Neuerung stellt auch aus Sicht der Umweltschützer eine Verbesserung dar - sie betrifft aber nicht die vielen alten Kreuzfahrtschiffe, die ebenso noch lange in Betrieb sein werden. Hier gäbe es jedoch die Möglichkeit, Abgasfilter einzubauen. Nicole Lerrahn hierzu:

    "Bei den Rußpartikelfiltern sieht es so aus, dass die bislang nicht serienreif vorhanden sind."

    Was sich aber schnell ändern könnte - wie man am Beispiel der Stickoxidfilter sieht: So wird die neue MS Europa II von Hapag Lloyd beispielsweise im kommenden Jahr mit dem ersten Stickstoffkatalysator in See stechen - und auch TUI Cruises hat Ähnliches angekündigt. Alexander Porschke erläutert:

    "Es gibt genügend Hersteller, die das mit Kusshand machen, wenn sie nur den Auftrag dazubekommen. Abgasreinigung ist eine seit Jahrzehnten bewährte Technik an Land, die auch problemlos auf Schiffen eingesetzt werden kann."

    Dies ist jedoch kostenintensiv, gerade was die Umrüstung von alten Schiffen angeht. Entsprechend zögerlich agieren die Reedereien.