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Erleichterung für Einwanderer

Viele Einwanderer, selbst aus EU-Ländern, haben in Deutschland Probleme, ihre Ausbildung anerkennen zu lassen. Das soll sich jetzt ändern - eine deutliche Verbesserung für viele Migranten, meint Bettina Englmann vom "Netzwerk Integration und Qualifizierung".

Bettina Englmann im Gespräch mit Jasper Barenberg | 23.03.2011
    Jasper Barenberg: Bettina Englmann vom "Netzwerk Integration durch Qualifizierung" kümmert sich seit Jahren um dieses Problem, das Problem der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen. Das Netzwerk hat vor einigen Jahren schon eine Studie zum Thema herausgegeben. Schönen guten Tag, Frau Englmann.

    Bettina Englmann: Ja, hallo! Guten Tag.

    Barenberg: Ist das ein großer Schritt nach vorne heute?

    Englmann: Ja, definitiv! Also es ist so: Wir haben ja nun seit Jahren eigentlich auf dieses Gesetz gewartet. Es ist zwar so, dass wir in Deutschland über 400 Anerkennungsstellen haben, föderalismusbedingt, aber wir hatten massive gesetzliche Lücken. Das heißt, nicht jeder konnte bisher seinen Antrag stellen. Und in Zukunft wird es zumindest mit diesem Gesetz so aussehen, dass fast jeder einen Antrag stellen kann. Ich habe im Gesetzentwurf leider festgestellt, dass das Justizministerium nicht so ganz mitgezogen hat, sprich bei den Rechtsanwälten ist es weiterhin so, dass Leute mit einem Drittlandsdiplom - wenn sie zum Beispiel einen russischen Rechtsanwalt haben mit einem russischen Diplom, der kann auch weiterhin keinen Antrag stellen. Aber ich glaube, das ist so ziemlich die einzige Ausnahme.

    Barenberg: Frau Englmann, auf den ersten Blick wirkt es etwas verwunderlich, dass nur der Rechtsanspruch auf eine Prüfung schon zu einer Vereinfachung führen soll, dass die tatsächlich auch arbeiten können, diese Menschen in ihren Berufen.

    Englmann: Das ist eine komplexe Sache. Bei uns im Projekt - wir machen ja nicht nur wissenschaftliche Arbeit, sondern es gibt bei uns auch Beratung und ein Informationsportal zur Anerkennung im Internet. Sprich: Wir haben täglich mit Zuwanderern zu tun, die im Anerkennungsverfahren oder am Arbeitsmarkt auf Schwierigkeiten stoßen. Und es ist einfach so: Dadurch, dass das ein sehr bürokratisches Verfahren ist, ist es teilweise so, dass die Leute in den Maschen hängen bleiben. Das heißt, wenn ich jetzt zukünftig mit dem Gesetz einfach einen Anspruch darauf habe, zu einer Prüfung zugelassen zu werden, dann ist das eine entschiedene Verbesserung, weil Migranten möchten einfach ganz pragmatisch wissen, was der nächste Schritt auf dem Weg ist, wenn sie wieder in ihrem Beruf arbeiten wollen. Es wird natürlich auch von Rahmenbedingungen abhängen. Wissen Sie, wenn wir Prüfungen anbieten wollen, dann müssen wir uns auch darum kümmern, dass wir zum Beispiel Vorbereitungskurse für diese Prüfungen installieren, oder dass wir berufsbezogene Sprachkurse verbreiten, die es bisher immer noch zu wenig gibt. Aber ich denke, wir sind jetzt mit dem Gesetz tatsächlich auf einem guten Weg, und wie sich dann Prüfungen gestalten, da müssen wir in Zukunft einfach auch ein bisschen vergleichen, wie erfolgreiche Einwanderungsländer wie Kanada das handhaben. Da kann man sich dann auch immer was abschauen.

    Barenberg: Das heißt, ein Anfang ist gemacht und bei den Rahmenbedingungen, sagen Sie, ist noch einiges zu tun. Wir haben von den Medizinern gehört im Beitrag und Sie haben die Juristen eben angesprochen. Für welche Berufsgruppen wird es denn jetzt leichter?

    Englmann: Ich denke, es wird vor allem für Migranten leichter, die bisher keinen Verfahrensanspruch hatten. Und das ist sehr unterschiedlich geregelt in den Fachgesetzen. Also es ist ziemlich bekannt, dass Zuwanderer, die aus Nicht-EU-Staaten kommen, schlechter gestellt waren. Aber was wenig bekannt ist, ist zum Beispiel, dass EU-Bürger, die einen Handwerksberuf haben, also eine Ausbildung, bisher auch keinen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren hatten. Das wird mit Sicherheit jetzt geregelt und wird leichter. Wie allerdings die Länder jetzt nachziehen? Wir haben ja jetzt mit dem Anerkennungsgesetz erst mal die Rechte im Bund geregelt, zum Beispiel die Ärzte, die Ausbildungsberufe. Aber wie die Länder nachziehen bei den Lehrern oder bei den Erziehern oder bei den Ingenieuren, das müssen wir uns dann erst ansehen. Ich hoffe mal, dass sie schnell sind und dass sie auch einheitlich die Regelungen umsetzen, weil es wäre natürlich unglücklich im Hinblick auf Verbesserung, Vereinfachung, Vereinheitlichung, wenn dann jedes Bundesland wieder eine andere gesetzliche Regelung macht.

    Barenberg: Bettina Englmann vom "Netzwerk Integration durch Qualifizierung". Vielen Dank für das Gespräch.

    Englmann: Gerne.