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Erneuerbare Energiequelle aus dem All

Technik. - Bei Solarstrom fallen sofort Photovoltaik-Panelen auf Hausdächern oder über Parkscheinautomaten ein. Doch nur ein kleiner Teil des weltweit erzeugten Solarstroms kommt aus diesen Solarzellen, die überdies noch den mit Abstand teuersten Sonnenstrom liefern. Wesentlich günstiger sind solarthermische Kraftwerke, die Sonnenstrahlung bündeln und zur Stromerzeugung nutzen.

01.07.2002
    Von Dagmar Röhrlich

    Die Produktionskosten liegen bei zwölf Cent pro Kilowattstunde, das ist damit deutlich die billigste Variante, Strom weltweit solar zu erzeugen. Anlagen dieses Typs stehen in Kalifornien seit über zwölf Jahren, werden betrieben mit einer Verfügbarkeit von 98 Prozent, und haben dort, wenn man es weltweit betrachtet, den meisten Solarstrom bisher überhaupt erzeugt. Diese Anlagen haben eine Größe von etwa 350 Megawatt, das entspricht etwa einem kleinen Atomkraftwerk. erklärt Bernhard Hoffschmidt, Leiter der Abteilung Solarthermie beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Solarthermische Kraftwerke sammeln mit Spiegeln die Sonnenstrahlung und erhitzen damit ein Speichermedium. Beim DLR setzt man auf Umgebungsluft. Die Spiegel fokussieren die Sonnenstrahlung auf die Spitze eines mindestens 100 Meter hohen Turmes. Dort sitzt ein Absorber, in dem die Luft durch Sonnenenergie aufgeheizt wird. Die heiße Luft wird in einen Abhitzekessel geleitet und dort erzeugt sie Dampf. Der Dampf wiederum treibt eine Dampfturbine zur Stromerzeugung an. Derzeit können die DLR-Forscher Lufttemperaturen von rund 800 Grad Celsius erzielen. Angepeilt sind jedoch Temperaturen von mehr als 1100 Grad. Dann kann die heiße Luft eine Kombination aus Gas- und Dampfturbinen (GUD) antreiben und die Sonnenenergie mit unschlagbarer Effizienz ausnutzen – wenn man so will, ersetzt dann die Sonne das Erdgas in einem GUD-Kraftwerk. Aber dafür müssen erst noch die Materialien entwickelt werden:

    Wenn man zu solchen Temperaturen geht, dann stehen derzeit ausschließlich keramische Materialien zur Verfügung. Bei Temperaturen bis 800 Grad kann man mit metallischen Gestricken arbeiten, bei der Variante bis 1000 Grad wird man schon zu Keramiken übergehen müssen und bei höheren Temperaturen wird der Anspruch an die Keramik immer weiter steigen.

    Im Prinzip haben die Wissenschaftler bereits ihr Wunschmaterial gefunden. Es ist Keramik aus Siliziumkarbid. Sie ist dunkel, sehr widerstandsfähig und kann wegen ihrer guten Wärmeleitfähigkeit mit drastischen Temperaturunterschieden umgehen. Wenn die Leistung des Spiegelfeldes wegen einer schnell vor der Sonne ziehenden Wolke urplötzlich zusammenbricht, ist das für diese Keramik kein Problem. Allerdings: Sie lässt sich nur sehr schwer verarbeiten. Vor allem feine Strukturen sind mit herkömmlichen Press- und Formverfahren nicht herzustellen. Die sind aber nötig, damit die Luft im Absorber an einer möglichst großen Heizfläche vorbeistreicht. Die Lösung sind keramische Schäume. Ein Schwamm aus Polyurethan wird mit der Keramikmasse getränkt und dann gebrannt. Der Kunststoff verbrennt, übrig bleibt ein Keramikschaum, der der Luft eine extrem große Oberfläche bietet.

    Diese Struktur funktioniert im Prinzip wie eine Lichtfalle. Wenn man so eine poröse Struktur dem konzentrierten Sonnenlicht aussetzt, dann dringt die Strahlung, weil eben viele Poren da sind, tief in die Struktur ein und wird dort reflektiert. Überdies entsteht, weil diese Struktur in der Tiefe heiß wird, eine Rückstrahlung, sodass dieses Licht im Grunde nicht mehr herauskommt.

    Berechnungen der DLR-Forscher haben ergeben: 90 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie verlassen als heiße Luft den Absorber. Solche Kraftwerke eignen sich aber nur für den Sonnengürtel der Erde und müssen mindestens 50 Megawatt groß sein. Für die Erzeugung eines Megawatts benötigt ein Solarthermisches Kraftwerk eine Spiegelfläche von 5000 bis 10.000 Quadratmeter. Wenn auch der Brennstoff kostenlos ist, die Investitionskosten sind also gewaltig. Den Zukunftsmarkt sehen die Solarthermieforscher derzeit im EU-Land Spanien, das ein Einspeisegesetz plant. Umweltfreundlicher Strom soll mit 15 Cent pro Kilowattstunde vergütet werden. Damit könnten solarthermische Kraftwerke rentabel werden. Pläne für gleich ein halbes Dutzend Kraftwerke liegen fix und fertig in den Schubladen, doch das Gesetz lässt auf sich warten.