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EU
Ärger um Freihandelsabkommen mit Japan

Unterwandert das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Japan Verbraucher- und Umweltstandards? Diesen Verdacht legen geleakte Dokumente von Greenpeace nahe. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bestätigt: Beim besonders umstrittenen Investorenschutz wurde noch keine Einigung erzielt.

Von Sebastian Schöbel | 26.06.2017
    EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
    EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström: "Die haben da ein anderes Verständnis." (imago/IPON)
    Was Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker vergangenen März über das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU gesagt hat, war eigentlich recht unnmissverständlich:
    "Wir glauben, dass das Abkommen nötig ist. Weil wir an freien, fairen und regelbasierten Handel glauben. Europa will Geschäfte machen. Faire Geschäfte."
    Ob das aber der Fall sein wird mit Japan, daran lassen aktuelle Berichte von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung Zweifel aufkommen.
    Legt die EU wirklich so hohe Standards an?
    Verhandlungspapiere, die von der Umweltorganisation Greenpeace geleakt wurden, legen den Verdacht nahe, dass die EU-Kommission gleich bei mehreren Themen eben nicht die hohen Standards anlegt, die sie immer verspricht: weder beim Walfang, noch beim Handel mit Holz, noch bei der Transparenz, noch beim Vorsorgeprinzip. Und auch nicht beim höchst umstrittenen Investorenschutz.
    Zwar hat die EU-Kommission für Klagen von Konzernen gegen Staaten ein völlig neues internationales Handelsgericht entwickelt und zum Beispiel in das Abkommen mit Kanada eingebaut - nach massivem öffentlichen Protest, wohlgemerkt.
    EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bestätigt nun im Interview mit dem ARD-Studio Brüssel:
    "Mit Japan haben wir bei diesem Thema noch keine Einigung. Die haben da ein anderes Verständnis. Das müssen wir noch besprechen."
    Oder anderes gesagt: Japan lehnt das neue Handelsgericht, das transparent und unabhängig arbeiten soll, schlicht ab. So jedenfalls steht es in einem Lagebericht der Bundesregierung, den Greenpeace ebenfalls veröffentlicht hat. Und Brüssel knickt vor Tokio offenbar ein, so die Befürchtung.
    "Das ist schon etwas frustrierend"
    Durch die Leaks gerät die EU-Kommission nun aber unter Druck: Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold wirft der Kommission vor, aus der heftigen Kritik an CETA und dem Abkommen mit den USA, TTIP, nichts gelernt zu haben. Vor allem weil sie nicht die Handelsgerichte neuer Prägung eben doch nicht durchdrückt, entgegen Malmströms Versprechungen.
    Die aber verweist auf die Mitgliedstaaten der EU:
    "Das ist schon etwas frustrierend: Wir von der Kommission können kein einziges Handelsabkommen verhandeln ohne Mandat von den Mitgliedsländern."
    Und nach jeder Verhandlungsrunde erstatte man den Ländern Bericht, so Malmström. Denn die entscheiden am Ende, was für eine Art von Handelsabkommen es wird- Sie erwähnen das nur nicht so gerne, meint Malmström.
    "Die EU-Länder müssen in Zukunft viel stärker werben für diese Abkommen, die wir in ihrem Auftrag verhandeln."
    Bis Anfang Juli, noch vor dem G20-Gipfel in Hamburg, wollen Japan und die EU laut Medienberichten das erfolgreiche Ende der Verhandlungen verkünden. Zumindest im Großen und Ganzen, politisch gesehen. Im Detail werden aber wohl noch einige Fragen offen bleiben, heißt es auf Nachfrage bei der EU-Kommission. Das Thema Investorenschutz wird wohl dazugehören.