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Europas Marssonden
Die eine bremst, die andere ist nicht zu bremsen

Insgesamt acht Raumsonden erforschen derzeit im Orbit oder von der Oberfläche aus den Mars. Zwei davon stammen aus Europa und sind ein ungleiches Paar: Die eine nämlich umkreist den Mars schon seit fast 14 Jahren und sammelt Daten. Die andere befindet sich schon ein halbes Jahr im Orbit - und bremst. Und das wohl noch ein Jahr lang.

Von Karl Urban | 27.04.2017
    Trace Gas Orbiter mit zwei Flügeln vor dem Mars
    Diese Grafik der Esa zeigt, wie der Trace Gas Orbiter (TGO) in die Atmosphäre des Mars eindringt. (picture alliance / dpa / Esa / Atg Medialab / Handout)
    Am 19. Oktober 2016 rasen zwei europäische Raumsonden auf den Mars zu – der Lander "Schiaparelli" mit einer Masse von kaum 600 Kilogramm, versucht auf dem Mars zu landen, zerschellt aber wegen eines Softwarefehlers und macht wochenlang Schlagzeilen. Der fast vier Tonnen schwere "ExoMars Trace Gas Orbiter" von ESA und Russlands Raumfahrtagentur Roskosmos erreicht erfolgreich die Umlaufbahn – und gerät fast in Vergessenheit.
    "Wenn etwas schief geht, sind das große Neuigkeiten. Läuft es gut, ist das eben das normale Geschäft. Wir sind natürlich glücklich darüber, dass bei uns alles gut läuft. Und ich verstehe die fehlende Aufmerksamkeit auch, immerhin haben wir bisher kaum wissenschaftliche Messungen gemacht. Wir sind ja immer noch dabei, unsere Sonde in den richtigen Orbit zu bringen."
    Bremsen ohne Treibstoff
    Hakan Svedhem ist Projektwissenschaftler des "ExoMars Trace Gas Orbiters", der auf dem Mars in winzigen Mengen vorkommende Spurengase wie etwa Methan nachweisen und auf ihren Ursprung schließen soll. Aber Hakan Svedhem muss seine Forscherkollegen hinhalten, denn die Sonde bremst noch: Die hochelliptische Umlaufbahn des "Trace Gas Orbiters", deren größter Abstand vom Mars bei 100.000 Kilometern liegt, soll noch ein Jahr lang bis ins Frühjahr 2018 auf eine 400 Kilometer messende Kreisbahn abgesenkt werden. Das passiert ganz ohne Treibstoff, durch ein Aerobraking-Manöver: Die Sonde wird dabei immer wieder vorsichtig durch die oberste Schicht der Marsatmosphäre gelenkt.
    "Das ist ein sehr delikates Unterfangen. Wir wollen keinesfalls riskieren, dass etwas schief läuft, während unsere Instrumente angeschaltet sind. Vor dem Beginn des Aerobrakings haben wir sie einmal getestet, aber nun in dieser kritischen Phase lassen wir sie besser ausgeschaltet."
    Während die Forscher beim "Trace Gas Orbiter" noch auf erste Daten warten müssen, sammelt die zweite aktive ESA-Raumsonde schon lange Daten. Sie lieferte die bis dahin beste globale Karte von Marsoberfläche und ihrer Zusammensetzung. Seit fast 14 Jahren sammelt "Mars Express" nun stoisch Daten.
    "Mars Express is like a veteran who is really having this record of what was happening at Mars over the last 14 years.”
    "Mars Express" bis 2020 verlängert
    Dmitrij Titov ist Projektwissenschaftler für den Veteranen Mars Express. Seine Raumsonde ist betagt: Einzelne Instrumente oder Teile davon sind bereits ausgefallen – und auch Batterien und Solarzellen sind mittlerweile altersschwach. Doch "Mars Express" sei noch immer von Nutzen, auch weil sie mit den Neuankömmlingen wie dem "Trace Gas Orbiter" und der NASA-Sonde "Maven" zusammenarbeiten kann.
    "Sie werden die obere und mittlere Atmosphäre beobachten, Mars Express blickt etwas genauer in die untere Atmosphäre. Dabei können wir genauer verfolgen, wie bestimmte Phänomene entlang verschiedener Schichten der Atmosphäre gekoppelt sind, wie sich etwa Staubstürme oder Wasserdampf nach oben bewegen. All das können wir zusammen studieren."
    ESA-Ingenieure halten es für möglich, dass der Treibstoff von "Mars Express" noch bis 2025 reichen könnte. Ob die ESA den Betrieb der Raumsonde bis dahin zahlt, hängt allerdings auch von den anderen Missionen ab. Denn die Forscher hinter dem Veteranen müssen alle zwei Jahre beweisen, noch immer einen Mehrwert gegenüber anderen aktiven Sonden liefern zu können. Zuletzt ist der Betrieb von "Mars Express" aber bis 2020 verlängert worden.