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EZB setzt auf schnelle Einführung der Bankenunion

Die Wirtschaft in der Eurozone schrumpft, aber die EZB setzt nicht auf zinspolitische Hilfen. Mario Draghi, der auch mit den Arbeiten an einer vertieften Währungs- und Wirtschaftsunion befasst ist, erwartet, dass mit dem Projekt Bankenunion ein weiteres Bollwerk gegen die Krise entsteht.

Von Brigitte Scholtes | 06.12.2012
    Die Aussichten für die Wirtschaft im Euroraum sind nicht rosig, glaubt die Europäische Zentralbank. Deren Volkswirte rechnen damit, dass die Wirtschaft im Währungsgebiet auch 2013 schrumpfen wird. Sie erwarten ein Minus von im Schnitt 0,3 Prozent, vor drei Monaten hatten sie noch ein Wachstum von 0,5 Prozent erwartet. EZB-Präsident Mario Draghi rechnet aber im Jahresverlauf mit einer allmählichen Besserung:

    "Die wirtschaftliche Schwäche in der Eurozone dürfte bis in das nächste Jahr hineinreichen. Vor allem werden die Anpassungen die Bilanzen in allen Sektoren der Wirtschaft und die anhaltende Unsicherheit die wirtschaftliche Aktivität belasten. Im späteren Verlauf von 2013 sollte sich die Wirtschaft allmählich erholen, da die globale Nachfrage anziehen dürfte und sich die Auswirkungen unserer Konjunkturstützenden Geldpolitik und des verbesserten Vertrauens an den Finanzmärkten auf die Wirtschaft niederschlagen dürften."

    Die Währungshüter haben auf ihrer Sitzung heute über eine Zinssenkung gesprochen, man habe eine breite Diskussion gehabt, sich dann aber entschieden, die Zinsen unverändert zu lassen, sagte Draghi.

    Draghi weigert sich, in diesem Jahr Nikolaus zu spielen, kommentierte dies ein Analyst. Im vorigen Jahr hatte die EZB sowohl im November als auch im Dezember die Zinsen gesenkt. Der EZB-Präsident begründete diese Haltung mit den ersten positiven Anzeichen für eine Erholung, so wie man sie an den Indizes für das Geschäftsklima in Deutschland, Frankreich und Italien habe beobachten können. Außerdem rechnet die EZB auch damit, dass die Inflationsrate im kommenden Jahr unter zwei Prozent fallen werde.

    Trotz schon bestehender niedriger Zinsen und einer Flut von Liquidität reichen die Banken das Geld aber nicht unbedingt an die Wirtschaft aus, sondern legen es bei der EZB an, obwohl sie dafür keine Zinsen erhalten. Deshalb gibt es Überlegungen, die Banken für diese Möglichkeit bezahlen zu lassen, also einen negativen Einlagenzins zu erheben. Mario Draghi:

    "Wir stehen operativ bereit, aber die Debatte zu diesem Punkt ging nicht in die Tiefe. Wir haben kurz die Komplexität und die unbeabsichtigten Folgen erörtert, die solch eine Maßnahme mit sich bringen würde, aber wir haben das nicht weiter ausgeführt."

    Die geplante europäische Bankenaufsicht sieht Draghi nicht in Gefahr, auch wenn es da derzeit noch Diskussionen gebe. So möchte Deutschland erreichen, dass nur die großen Banken direkt von der EZB beaufsichtigt werden. Draghi aber meint, es sei wichtig, dass der Rechtsrahmen für alle gleich sei, damit für alle die gleichen Bedingungen herrschten:

    "In der Praxis ist es offensichtlich, dass die EZB nicht 6000 Banken beaufsichtigen kann. Und in der Praxis ist auch klar, dass mit abnehmender Größe und sinkender Systemrelevanz auch die Intensität der Aufsicht durch die EZB nachlassen wird, dafür aber die Aufsicht auf nationaler Ebene aufmerksamer hinschauen wird."

    Bis zum Jahresende sollte der Rechtsrahmen dafür stehen.