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Fair Trade
Holpriger Start für Textilbündnis gegen Ausbeutung

Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Tod durch Chemikalien: Entwicklungsminister Gerd Müller will sich für faire Produktionsbedingungen in Schwellen- und Entwicklungsländern einsetzen. Hierfür hat er ein Textilbündnis ins Leben gerufen. Bisher haben jedoch nur wenige große Firmen unterzeichnet. Ihre Begründung: Sie fürchten finanzielle Verluste.

Von Frank Capellan | 16.10.2014
    Frauen und Männer arbeiten am 03.01.2014 in der Textilfabrik "One Composite Mills" in Gazipur, einem Vorort der Hauptstadt Dhaka in Bangladesch.
    Gerd Müller will Firmen zu fairen Produktionsbedingungen in der Textilindustrie bewegen. (dpa picture alliance/ Doreen Fiedler)
    "Geiz ist nicht geil, Geiz ist dumm",
    hält uns der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes vor. Rainer Hoffmann will das Bewusstsein der Verbraucher auch beim Kauf von Textilien verändern. Um den Kunden aber nicht allzu ratlos im Laden stehen zu lassen, unterstützt der DGB das Textilbündnis des Entwicklungsministers.
    CSU-Mann Gerd Müller nimmt die Unternehmen ins Auge, sie sollen sich für faire Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländern stark machen.
    "Kinderarbeit, Zwangsarbeit , Tod durch Chemikalien, das muss aufhören, das ist nicht verhandelbar."
    Freiwillige Selbstverpflichtung
    Unternehmen wie Adidas, Kik, Aldi, Lidl oder H&M und C&A würden sich von diesem Satz wohl kaum distanzieren, beigetreten sind sie dem heute gestarteten Textilbündnis dennoch nicht, und das obwohl sie in den letzten Monaten an der Vorbereitung zu dieser freiwilligen Selbstverpflichtung zur Einhaltung von Mindeststandards durchaus engagiert beteiligt waren.
    Mehr noch: Auch die wichtigen Verbände der Branche konnte Minister Müller nicht ins Boot holen. Wir hatten zu wenig Zeit, um zu studieren, was wir da unterschreiben sollen, heißt es. NGOs wie Christiane Schnurra von der Kampagne "Saubere Kleidung", die das Textilbündnis unterstützt, können das nicht nachvollziehen.
    "Ich muss schon sagen, dass ich es befremdlich finde, dass gerade die Unternehmensverbände kurz vor Gründung gesagt haben, nein, sie brauchen jetzt doch noch mehr Zeit, weil sie ja selbst doch in diesem Prozess involviert waren."
    Es geht um Grundsätzliches
    Es geht wohl um Grundsätzliches. Viele Unternehmen fürchten, von der Konkurrenz ausgestochen zu werden, wenn die Standards nicht weltweit für alle gelten, dann könnte auch der von Müller zitierte eine Euro Gewicht bekommen. Andere machen geltend, es sei nur schwer zu kontrollieren, was die Zulieferer in Ländern wie Bangladesch, Indien oder Pakistan mit ihren Beschäftigten treiben – ein Argument, das DGB-Chef Rainer Hoffmann scharf zurückweist.
    "Das ist nicht überzeugend. Wenn wir uns anschauen, um welche Unternehmen es sich handelt, das sind nun wirklich keine Frittenbuden, sondern international vernetzte Unternehmen."
    Werben um Unterzeichner
    Die Tür steht offen, wir hoffen, dass sich uns noch viele anschließen werden, bekräftigt Gerd Müller. Der Minister lockt mit Imagevorteilen. Wer gut produzieren lässt, über den wird gut berichtet, meint er und kündigt an, diese Unternehmen
    " ... mit einem Siegel, dem 'grünen Knopf', auszuzeichnen."
    Das könnte dem Kunden beim Einkauf helfen. Noch aber sind es nicht einmal 30 Verbände, NGOs und Firmen, die sich dem Textilbündnis angeschlossen haben. Zu ihnen gehört Vaude, ein mittelständisches Unternehmen der Outdoor-Branche mit hochpreisigen Produkten. Geschäftsführerin Antje von Dewitz appelliert an die Textilkonzerne, ihre Möglichkeiten zu nutzen Mindeststandards bei den Zulieferern durchzusetzen.
    "Also ich spreche aus der Perspektive, dass ich bei meinen Produzenten keine Marktmacht ausüben kann. Da bin ich ne kleine Nummer. Aber die Großen, die können einfach sagen: Macht das doch bitte! Und vielleicht können sie sogar das 'bitte' weglassen."