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Fernstudium 2.0

E-Learning stand schon zur Jahrtausendwende kurz vor dem Durchbruch, irgendwie steht es da aber immer noch. Denn richtig durchsetzen konnte sich das elektronisch gestützte Lernen bislang nicht. Über die Gründe diskutieren Fachleute anlässlich des Bundesweiten Fernstudientags 2010 unter anderem in Berlin.

Von Jan Rähm | 26.02.2010
    "In den letzten Jahren oder um 2000 rum war eigentlich so das Hauptaugenmerk auf die technische Entwicklung gelegt worden. Das heißt, man hatte sich so mehr so darum gekümmert, wie kann man sogenannte Lernplattformen entwickeln. Da gab es dann so mächtige Entwicklungen so in der einen oder der anderen Richtung. Auch kommerzielle und relativ teure Systeme wurden dann auch entwickelt. Das heißt also man dachte, wenn die Technik stimmt, dann ist alles schick. Das ist natürlich nicht so, wie so häufig im Leben. Die Technik alleine macht es nicht. Das hat man auch gemerkt. Viele Lehrplattformen waren Leerplattformen mit Doppel-E. Das heißt, da hat sich also keiner so wirklich drauf bewegt und man fragt sich woran liegt das."

    Ulrike Tippe ist Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Hochschule Wildau bei Berlin. Sie beschäftigt sich mit E-Learning, speziell dem E-Lecturing, also dem elektronisch gestützten Fernunterricht. Als einen Grund für die Leere in der elektronischen Lehre hat Ulrike Tippe die technischen Systeme an sich ausgemacht.

    "Häufig schrecken doch die Dozenten auch vor dem technischen Aufwand und vor der Komplexität des Ganzen auch so ein bisschen zurück. Insbesondere, wenn's darum geht, irgendwelche Mitschnitte von Vorlesungen zu machen oder Ähnlichem. Da hat man also bis jetzt auch immer noch sag ich mal mit relativ hohem technischen Aufwand das Treiben müssen."

    Den Aufwand verringern will Christoph Meinel. Der wissenschaftliche Direktor des Hasso Plattner Instituts für Softwaresystemtechnik in Potsdam möchte Vorlesungen und Vorträge samt Tafelbild und Vortragsfolien auch fernab des Campus nutzbar machen.

    "Wir haben ein Tele-TASK-System entwickelt. TASK - Teleteaching Anywhere Solution Kit. Also ein System, womit der Nutzer, der Vorlesende oder der Präsentierende jetzt keinen Assistenten braucht oder kein Hilfssystem, sondern der steckt seinen Computer an, da ist ein Touchscreen eingebaut, klickt auf Start, und wenn er fertig ist, klickt er auf Stopp und dann wird er gefragt willst es auf DVD oder Internet und dann klickt man und ist fertig."

    Tele-TASK sei nicht nur einfach zu bedienen, es soll auch nicht zu teuer sein. Das System besteht aus zwei Komponenten: Aus einem kompakten Koffer, der einen Rechner, eine Videokamera und Mikrofone beherbergt sowie einer Plattform im Internet. Auf tele-task.de können Studenten die verschiedenen Lehrinhalte dann immer wieder abspielen, zum Beispiel wenn sie man mal eine Vorlesung verpasst haben oder sich auf eine Prüfung vorbereiten. Wie die Plattform im Internet aussieht, beschreibt die Doktorandin Franka Moritz.

    "Das ganze Archiv ist unterteilt in Serien, Vorlesungen und Podcasts. Eine Serie läuft quasi ein ganzes Semester oder es ist eine bestimmte Veranstaltungsreihe manchmal. Und die beinhaltet dann mehrere Vorlesungen. Das erleichtert die Navigation. Wenn man jetzt zum Beispiel weiß, dass man das ganze Semester "Datenbanksysteme 2" hören möchte, dann kann man das zum Beispiel auch als Feed abonnieren zum Beispiel. Das ist eine relativ einfache Möglichkeit, um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Über das Abonnieren der Feeds kann man zum Beispiel die Vorlesungen auch ganz einfach auf seinen iPod oder ein anderes mobiles Endgerät herunterladen."

    Auf der Plattform kann man nicht nur die Inhalte konsumieren.

    "Ein interessantes neues Feature, was es voraussichtlich ab dem Sommersemester geben wird, ist das Live-Manuskript. Dabei kann man sich alle Notizen, die man bisher in der Vorlesung auf dem Papier gemacht hat, sofort live im Internet erstellen. Und hat damit eine digitale Vorlesungsmitschrift nach der Vorlesung. Das wird auch zum Video synchronisiert, sodass man dann auch zu den bestimmten Zeitmarken einsteigen kann in die Vorlesung, wenn man sich eine bestimmte Anmerkung gemacht hat."

    Wer möchte, kann seine Anmerkungen auch mit anderen Studierenden teilen. In bester Web-2.0-Manier können Studenten die Videos zudem mit Kommentaren und Notizen spicken. Damit wird Tele-TASK zu einem Werkzeug der Zusammenarbeit. Eine wichtigere Forderung an E-Learning-Systeme der Zukunft, wie Ulrike Tippe hervorhebt.

    "Man geht eigentlich mehr und mehr darüber, sogenannte kollaborative Lernformen einzuführen. Wo sich auch die Studenten selber untereinander austauschen können. Das ist eigentlich so dasselbe Prinzip, wie wir es heute in diesen ganzen Communitys im Web 2.0 irgendwo erleben. Die jungen Leute sind ja heute alle irgendwo vernetzt. Und es entstehen auch ganz interessante Formen der Zusammenarbeit auf diese Art und das zu übertragen auf Hochschule Weiterbildung ist natürlich eine echte Herausforderung."