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"Zahl der Flüchtlinge wird abnehmen"

Kanzleramtschef Peter Altmaier hat eine Verringerung der Zahl von Flüchtlingen in Aussicht gestellt. Dazu hätten mehrere Maßnahmen der Bundesregierung bereits beigetragen. Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit einer Integration der Menschen: "Sie werden nicht nur unser Land prägen - sondern unser Land auch sie." In einer Diskussionsrunde mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen in Berlin zeigten sich beide über den Anstieg fremdenfeindlicher Gewalt besorgt.

15.12.2015
    Peter Altmaier (Mitte) und Hans-Georg Maaßen (r.)
    Peter Altmaier (Mitte) und Hans-Georg Maaßen (r.) (Deutschlandradio / Marquardt)
    Im "Forum Politik" stand die aktuelle Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von der Chefredakteurin des Deutschlandfunks, Birgit Wentzien, und dem Programmgeschäftsführer von Phoenix, Michael Hirz.
    Sowohl Altmaier als auch Maaßen sprachen sich dafür aus, dass die Zuwanderung aus vielen Gründen geregelt laufen müsse. Eine Registrierung von Flüchtlingen sei unerlässlich, sagte Maaßen. "Wir müssen unsere Datenbanken abfragen können - ob wir den Menschen kennen, ob er als Gefährder in unserem oder einem anderen europäischen Landes bekannt ist." Ihm gehe es keinesfalls um eine Obergrenze. "Aber wir wollen wissen, wer ins Land kommt und wo wir die Person antreffen können."
    Rechte Gewalt bereitet Sorge
    Zugleich beobachte er einen besorgniserregenden Anstieg von rechter Gewalt und Extremismus, erklärte der Verfassungsschutzpräsident. Nachdem die Verbreitung des Rechtsextremismus' vorübergehend nachgelassen hätte, erführen Fremdenfeinde wieder mehr Zuspruch - bei Demonstrationen und im Internet. "Mit dem Thema Asyl versuchen sie die Mitte zu erreichen, das macht uns Sorgen." Auch das würden sich die Terroristen des sogenannten "Islamischen Staats" zunutze machen. "Der IS will Flüchtlinge diskreditieren. Sie wollen sagen 'Passt auf, jeder, der Flüchtling ist, kann einer von uns sein.' Das sollten wir den IS nicht erreichen lassen."
    Auch Altmaier sagte, es seien sich alle politischen Entscheider in Deutschland einig gewesen, "dass man Flüchtlinge, die vor dem Terror fliehen, nicht in Geiselhaft nehmen darf für das, was diese Terroristen machen".
    Altmaier: Viele Maßnahmen sorgen für weniger Flüchtlinge
    (v.l.) Birgit Wentzien (Chefredakteurin Deutschlandfunk), Kanzleramtsminister Peter Altmaier, Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, Michael Hirz (Phoenix)
    (v.l.) Birgit Wentzien (Chefredakteurin Deutschlandfunk), Kanzleramtsminister Peter Altmaier, Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, Michael Hirz (Phoenix) (Deutschlandradio / Marquardt)
    Die Zahl der Flüchtlinge werde weiter abnehmen, sagte Altmaier. Verschiedene Maßnahmen der Bundesregierung seien dafür verantwortlich. "Wir haben dafür gesorgt, dass die Migration aus dem Westbalkan fast bedeutungslos geworden ist."
    Dass Kanzlerin Angela Merkel die Flüchtlingspolitik mit ihrem Satz "Wir schaffen das" geprägt habe, halte er für richtig. Er sprach andere Herausforderungen in der deutschen Geschichte wie die Gründung der Bundesrepublik, die Wiedervereinigung und die Finanzkrise an. "Wir schaffen das vielleicht oder auch nicht" wären damals für Konrad Adenauer oder Helmut Kohl wohl auch nicht die richtigen Sätze gewesen.
    Maaßen: Deutschland ist schon lange Ziel des IS
    Die Gefahr eines islamistischen Terrorismus' in Deutschland habe sich nicht vergrößert, sagt Maaßen - Deutschland sei so oder so seit Jahren ein Ziel des IS. "Der Pressesprecher des IS hat das mehrfach gesagt, auch von deutschsprachigen Videobotschaften wird das häufig kolportiert. Der IS ist ein staatsähnliches Gebilde, das Krieg führen will. Darauf müssen wir uns einstellen. Sie wollen uns treffen." Durch den Bundeswehreinsatz stehe Deutschland zwar nun im gleichen Zusammenhang wie Frankreich und USA. "Vielleicht sind wir ein Stück nach oben gerückt, aber eine größere Gefahr erkenne ich nicht." In der Vergangenheit sei es gelungen, Anschläge zu verhindern, gerade auch mit Hilfe ausländischer Geheimdienste.
    In Deutschland gebe es ein 1.100 islamistisch-extremistische Personen, berichtete Maaßen. Darunter seien 30 Gefährder, die man stets im Auge habe. Gleichzeitig habe seine Behörde 760 Personen gezählt, die aus Deutschland nach Syrien oder in den Irak gereist seien, um für die Terroristen zu kämpfen. "Einige sind gestorben, teils als Selbstmordattentäter." Von den Rückkehrern mache man sich ein genaues Bild, häufig gebe es Haftbefehle und polizeiliche Maßnahmen. "Es gibt Hotspots in Dinslaken, Berlin und im Rhein-Main-Gebiet. Die müssen wir mit besserer Präventionsarbeit austrocknen."
    Integration als wichtigste Aufgabe
    Deutschland habe sich immer verändert und werde das auch weiter tun, erklärte Altmaier. "In den fünfziger Jahren haben griechische, italienische und türkische Gastarbeiter Restaurants eröffnet. Und die Mehrheit der Deutschen hat sich dort wohlgefühlt." Es sei in der Vergangenheit aber einiges bei der Integration falsch gemacht worden. Er sei zuversichtlich, so Altmaier, dass die Eingliederung der Flüchtlinge nun besser gelingen werde, weil Deutschland aus den Fehlern bei der Integration vieler Gastarbeiter gelernt habe. "Und unser Land wird auch diese Menschen verändern. Sie werden unsere Gesellschaftsordnung kennen- und schätzenlernen. Und wenn wir uns dann auch für ihre Kultur interessieren, wird das unser Land nicht nachteilig verändern."
    Der entscheidende Punkt sei die Sprache, um Integration statt Parallelgesellschaften sicherzustellen. Den Islam benützen laut Altmaier vor allem rechte Parteien als Feindbild. "Die große Mehrheit der Deutschen ist jedoch weder ausländer- noch islamfeindlich", sagte er. "Nicht die Religion ist gefährlich, sondern die, die sie missbrauchen."
    (nch/kis)