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Fracking
Großbritannien setzt auf Schiefergas

Fracking ist umstritten, vor allem Umweltschützer kämpfen gegen das Förderverfahren für Erdgas. In Großbritannien ohne Erfolg: Die Regierung kündigt nun neue Anreize für zögerliche Gemeinden an.

Von Jochen Spengler | 13.01.2014
    We’re going all out for Shale, wir gehen aufs Ganze bei der Schiefergas-Förderung, sagt Premierminister David Cameron. Und als bislang deutlichstes Zeichen dafür will seine Regierung den noch zögerlichen Gemeinden neue Anreize bieten, das umstrittene Fracking auf ihren Gebieten zu erlauben. Energieminister Michael Fallon:
    "Was wir heute ankündigen, ist, dass Anwohner davon stärker profitieren werden. Es wird Geld geben für die Anlieger im Fördergebiet. Vor allem aber allem sollen die Gemeinden nicht mehr die Hälfte der Grundstücks-Gewerbesteuer an den Finanzminister abgeben, sondern sie zu 100 Prozent behalten können, um die lokalen Dienste zu verbessern. Das macht bis zu 2 Millionen Euro jährlich pro Fördergebiet für eine Gemeinde aus."
    Die Regierung Cameron rechnet mit einem Schiefergas-Vorkommen von bis zu 40 Billionen Kubikmetern im Boden, womit der Energiebedarf des Landes auf Jahrzehnte gedeckt werden könnte. Investitionen von jährlich 4,5 Milliarden Euro will man anschieben.
    Als erster Ölmulti stellte der französische Total-Konzern heute in Aussicht, 15 Millionen investieren zu wollen. Finanzminister George Osborne:
    "Wir wollen es absolut klarmachen, dass Großbritannien an der Spitze der Schiefergasrevolution steht. Das ist eine potenzielle gigantische Energiequelle für unser Land. Die wollen wir ausnutzen, damit die Energierechnungen für Familien und Unternehmen sinken, damit wir Arbeitsplätze schaffen und jene Gemeinden profitieren, in denen die Förderung möglich ist."
    74.000 neue Jobs soll der Shalegas-Boom bringen. Doch ob nun in Südengland, in Wales oder in den Midlands – bislang ist der Widerstand der örtlichen Bevölkerung gegen Bohrungen groß. Helen Rimmer von der Umweltorganisation "Friends of the Earth" erläutert, wieso:
    "Wir glauben, dass lokal und global gesehen, Fracking ein zu großes Risiko ist. Lokal wissen wir aus den USA, dass es eine große Gefahr von Luftverschmutzung und Wasserverseuchung gibt, was auch von der EU-Kommission so gesehen wird. Und es natürlich ein weiterer fossiler Brennstoff, den wir nicht nutzen sollten, wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen. Wir sollten das Gas im Boden lassen und in die erneuerbaren Energien investieren, die wir hier im Vereinigten Königreich haben."
    Helen Rimmer hofft darauf, dass sich die Kommunen nicht kaufen und blenden ließen von den neuen finanziellen Anreizen, die die Umweltkosten des Frackings nicht aufwögen. Und auch Sir Merrick Cockel, Chef des britischen Gemeindeverbandes, weist darauf hin, dass die Kommunen dem Gewerbesteuer-Versprechen zum Trotz am Ende zu wenig vom Kuchen abbekämen.
    "Wenn die Regierung über 60 Prozent der Schiefergas-Einnahmen per Unternehmenssteuer abgreift, dann sollten wir davon einen fairen Anteil bekommen. Bislang erhalten wir nur ein Prozent der Erlöse. Zehn Prozent für die Gemeinden, ob Landbesitzer oder nicht, wäre eine sehr viel gerechtere Größenordnung."