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Freiwillige Feuerwehr
Ehrenamtlerin mit Migrationshintergrund

Basak Aslan ist eine echte Ausnahme: Frauen sind bei der Feuerwehr selten, Frauen mit Migrationshintergrund erst recht. Die Familie der 20-Jährigen stand Basak Aslans Leidenschaft zunächst skeptisch gegenüber - jetzt ist ihr Vater stolz, wenn der Pieper sich meldet und Basak zum Einsatz ausrücken muss.

Von Astrid Wulf | 20.05.2016
    Farbfoto eines Unfallautos auf der Autobahn. Die Feuerwehr befreit den Mann aus seinem Auto.
    Mit dem demografischen Wandel gehen - Migranten als potentielle Ehrenamtler werden für viele Feuerwehren immer interessanter. (imago/Becker&Bredel)
    Basak Aslan kommt in voller Schutzmontur aus der Umkleide und bespricht sich für den Dienst am Abend mit ihren Kameraden und Kameradinnen. Die 21-Jährige ist eine von sechs Frauen unter insgesamt rund 90 Männern – die Frauen sind damit zwar in der Unterzahl, die Wache ist jedoch auch für sie ausgerüstet
    "Wir Damen haben unsere eigene Dusche und unsere eigene Umkleidekabine, das ist schon ganz gut aufgeteilt." Ihr Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr Geesthacht passt gut zu ihrem Job, sagt Basak Aslan. Hauptberuflich ist sie in Hamburg als Rettungsassistentin tätig. Dass sie als Feuerwehrfrau möglicherweise nicht in klassische Rollenklischees passt, ist ihr ganz egal – sie kommt jeden Donnerstag gern zum Dienst.
    "Was mich hier angezogen hat, ist, dass hier mehrere Frauen sind, ich bin zum Glück nicht die einzige, meine Freunde sind hier, und das hat mich einfach gereizt."
    Was Basak Aslan ganz besonders macht: Hier ist sie die einzige Feuerwehrfrau mit Migrationshintergrund. Als sie vor rund anderthalb Jahren die Ausbildung bei der Feuerwehr begonnen hatte, löste das in ihrer Familie nicht gerade Begeisterungsstürme aus, sagt Basak Aslan.
    Etwa jede zehnte Einsatzkraft ist eine Frau
    "Mein Vater wollte das erst mal gar nicht, er sagte, das wäre ein Männerberuf. Na ja, er hatte wohl auch ein bisschen Angst, dass ich hier untergehe. Ich musste ihn dann davon überzeugen beziehungsweise ich bin dann einfach immer wieder hierhergekommen, habe meine Ausbildung durchgezogen, aber am Anfang war das ein No-Go bei uns in der Familie."
    In den freiwilligen Feuerwehren Deutschlands ist nach Angaben des Bundesverbands im Schnitt etwa jede zehnte Einsatzkraft eine Frau. Konkrete Zahlen zu Feuerwehrleuten mit Migrationshintergrund gibt es nicht. Sven Albrecht, Wehrführer in der Freiwilligen Feuerwehr Geesthacht hat den Eindruck, dass sie eher selten vertreten sind. Er glaubt, dass der Beruf in manchen muslimisch geprägten Ländern kein besonders gutes Image hat und viele Migranten Vorurteile mitbringen.
    "Ich habe auch schon mal gehört, dass das so einen Stellenwert hat unter einem Müllmann. Ohne jetzt den Müllmann zu diskreditieren – das hat nichts Besonderes irgendwie, schon gar keinen Heldenstatus."
    Demografischer Wandel auch bei der Freiwilligen Feuerwehr
    Nichts desto trotz werden Migranten als potentielle Ehrenamtler für viele Feuerwehren immer interessanter. Der Deutsche Feuerwehrverband schulte in den vergangenen Jahren bundesweit Feuerwehrleute und Führungskräfte bei der Feuerwehr zu den Themen "Interkulturelle Öffnung" und "Interkultureller Dialog", dabei ging es auch um die Frage, wie Flüchtlinge künftig in die Feuerwehr integriert werden können.
    In einigen Städten und Kommunen versuchen Feuerwehren mittlerweile zum Beispiel, über die türkischen Gemeinden vor allem jugendliche Migranten für das Ehrenamt zu begeistern. Eine positive Entwicklung, findet der Geesthachter Wehrführer Sven Albrecht. Er ist froh über jeden, der sein Team verstärkt.
    "Also erst mal freuen wir uns über jeden, der hier mitmachen möchte. Egal ob Mann oder Frau oder mit Migrationshintergrund, weil wir einfach immer bestrebt sind, eine gewisse Verfügbarkeit auch zu haben und auch hier ein demografischer Wandel stattfindet und wir für viel Nachwuchs sorgen müssen. Und deshalb begrüßen wir auch die Vielfalt und hoffen, dass wir in nächster Zeit auch noch bunter werden."
    Die Kameraden üben heute das Handling der Drehleiter – Basak Aslan ist mittendrin. Im Ernstfall - wenn es brennt und die Kollegen ausrücken müssen, spielt es für die anderen keine Rolle, dass sie eine Frau ist - zudem auch noch Muslima mit türkischen Wurzeln.
    Mann: "Kann man sich genauso drauf verlassen wie auf einen Mann. Ist manchmal auch ganz nett, etwas Abwechslung zu haben. Also ich habe da gar keine Probleme mit."
    Im Einsatzfall Sprachbarrieren überbrücken
    Frau: "Im Einsatzfall nicht, da ist jeder gleich, aber bei Diensten, oder wenn es darum geht, etwas zu organisieren. Dann reißen sich die Männer öfter mal um etwas und dann muss man als Frau sagen: Jungs, das geht nicht so."
    Mann: "Es ist sehr schön, dass wir auch Feuerwehrleute mit Migrationshintergrund dabeihaben, Basak Aslan zum Beispiel als Feuerwehrfrau mit türkischem Migrationshintergrund. Das kann auch im Einsatzfall Sprachbarrieren überbrücken, gerade in Bezug auf Mitbürger mit Migrationshintergrund oder wenn kulturell was vermittelt werden muss, was macht die Feuerwehr überhaupt, wofür ist die Feuerwehr da, das ist sehr schön, ja."
    Basak Aslan würde es gut finden, wenn sich viel mehr Migranten für ein Ehrenamt bei der Feuerwehr entscheiden würden - ein Leben ohne den Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr kann sie sich jedenfalls nicht mehr vorstellen. Und mittlerweile ist auch ihr Vater stolz auf sie.
    "Ich bin eigentlich schüchtern, aber durch die ehrenamtliche Sache total aufgeblüht. Als ich einen Einsatz hatte, kam ich total erfreut nach Hause und habe gesagt: Ich saß heute wieder im Auto. Er hat einfach gesehen, dass es mir Spaß macht."