Dienstag, 16. April 2024

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Frist für Widerruf alter Hausbaukredite läuft ab
"Mehrere Tausend Euro, die man dort noch zurückholen kann"

Mit der neuen Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie, die heute im Bundestag verabschiedet wird, haben Verbraucher nur noch bis zum 21. Juni 2016 Zeit, um aus Kreditverträgen aus den Jahren 2002 bis 2010 aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung rauszukommen. Zeit, die man bis dahin nutzen sollte, erklärte Dirk Eilinghoff vom Verbraucherportal Finanztipp im DLF.

Dirk Eilinghoff im Gespräch mit Georg Ehring | 18.02.2016
    Ein Haus steht auf Geldscheinen. Symbolbild für Haus und seine Kosten
    Finanzexperte Eilinghoff im DLF: "Das beste Vorgehen ist wirklich sich anzuschauen, bin ich betroffen mit meinem Kreditvertrag?" (dpa /Revierfoto)
    Georg Ehring: Ein Haus bauen oder kaufen die meisten Menschen nur einmal im Leben und die finanzielle Belastung ist groß. Die Zinsen sind in den vergangenen Jahren allerdings erfreulich gesunken. Wer in langfristigen Kreditverträgen steckt, kann jedoch nicht so einfach kündigen.
    Ein Ausweg war die Berufung auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen beim Abschluss des Vertrages. Auch Jahre später sind dadurch viele Verbraucher an günstigere Kredite gekommen, oder sind ihren alten los geworden. Heute allerdings soll das Ende dieser Möglichkeit eingeläutet werden, und darüber möchte ich jetzt sprechen mit Dirk Eilinghoff. Er bearbeitet das Thema beim Verbraucherportal Finanztip.
    Guten Tag, Herr Eilinghoff.
    Dirk Eilinghoff: Guten Tag, Herr Ehring.
    Ehring: Herr Eilinghoff, zunächst einmal: Wer kann bisher seinen Kredit widerrufen und mit welchem Argument?
    Eilinghoff: Es geht um Kreditverträge aus den Jahren 2002 bis 2010. Im Jahr 2002 hat der Gesetzgeber eine Widerrufsbelehrung eingeführt. Das kennen wir aus vielen Verträgen, dass wir ein Widerrufsrecht haben. Bei den Darlehensverträgen war das damals ein 30tägiges Widerrufsrecht. Die Banken haben dort die Vorgabe des Ministeriums des Wortlauts nicht genau umgesetzt, sondern eigene Varianten entworfen, und da ist dann festgestellt worden, dass dieses Widerrufsrecht gar nicht in Kraft getreten ist, weil diese entsprechenden Umschreibungen des Widerrufsrechts fehlerhaft waren.
    "Man sollte mit dem Widerruf nicht bis Juni warten"
    Ehring: Der Bundestag will diese Möglichkeit aber jetzt beenden. Das heißt, Verbraucher, die sich darauf noch berufen wollen, müssen sich sputen.
    Eilinghoff: Genau. In der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie, die jetzt gerade verabschiedet wird, ist festgeschrieben, dass das zum 21. Juni 2016 ausläuft, also kurz vor der Sommerpause, und diese Prüfung des Widerrufs, eines Fehlers dauert entsprechend einige Wochen.
    Man muss erst mal schauen, wie sieht meine Formel in meinem Vertrag aus, bin ich davon betroffen und welche Handlungsmöglichkeiten habe ich. Das heißt, wer sich da heute auf den Weg macht, der wird schon noch ein paar Wochen damit beschäftigt sein, und insofern sollte man nicht bis Juni warten.
    "In der Regel wird man besser mit einem spezialisierten Anwalt fahren"
    Ehring: Was heißt das jetzt konkret für die, die jetzt noch einen Widerruf überlegen? Vertrag vorknöpfen und sofort handeln?
    Eilinghoff: Ja, auf jeden Fall, denn diese Formeln, die dort verwendet wurden, kann man nur sehr schlecht selbst prüfen. Da geht es wirklich um das einzelne Wort. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat dort schon in den vergangenen Jahren 40.000 Fälle etwa geprüft. Aber es ist natürlich zu erwarten, dass die einen sehr großen Ansturm jetzt haben werden. In der Regel wird man besser mit einem spezialisierten Anwalt fahren.
    Ehring: Kriegt man denn einen neuen Kredit so einfach, wenn man jetzt den alten widerrufen hat?
    Eilinghoff: Das Ziel, das die meisten Kunden haben, ist, zunächst mal mit ihrer Bank darüber zu sprechen, ob man nicht, wenn der Vertrag noch läuft, gleich umstellen kann auf einen niedrigeren Zins, auf den tagesaktuellen Zins, und da sind ja Tausende Euro, die man dann noch spart, wenn man sich überlegt, was ich in den nächsten Jahren bei einem normalen Immobilien-Darlehen noch an Zinsen zu zahlen habe.
    Ehring: Das heißt erst mal: Was raten Sie genau, wie man vorgehen sollte?
    Eilinghoff: Das beste Vorgehen ist wirklich sich anzuschauen - das kann man zum Beispiel bei uns auf der Seite Finanztip.de machen -, bin ich betroffen mit meinem Kreditvertrag. Und wenn, dann muss man schon anwaltliche Hilfe zurate ziehen.
    Die Anwälte machen das zum Teil kostenlos, dass sie diese Widerrufsbelehrung prüfen, oder gegen eine geringe Erstberatungsgebühr. Zwischen 30 und maximal 200 Euro liegt das etwa. Und dann weiß ich, wie es weitergehen kann. Der Anwalt kann mir auch sagen, welche Ansprüche ich habe. Es geht ja nicht nur um Verträge, die jetzt noch laufen, sondern sogar auch um Verträge, die schon beendet wurden, etwa weil ich mein Haus verkauft habe und entsprechend eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt habe. Auch das kann ich zurückfordern.
    "Das sind häufig mal mehrere Tausend Euro, die man dort noch zurückholen kann"
    Ehring: Lohnt sich diese Anstrengung noch und für wen lohnt sie sich?
    Eilinghoff: Wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, wenn ich das prüfen lassen habe, dann lohnt sich das auf jeden Fall, denn die Anschaffung einer Immobilie ist ja mit das größte finanzielle Unternehmen, was die meisten von uns umsetzen im Leben. Und wenn man schaut, wie viel Zinsen dort gezahlt werden, da geht es ja um Tausende Zinsen. Wenn ich vor Jahren noch entsprechend für fünf Prozent etwa mein Darlehen bekommen habe, dann kann ich ja heute teilweise unter ein Prozent finanzieren, und wenn ich das dann auf die Restlaufzeit meines Darlehens verteile, dann sind das häufig mal mehrere Tausend Euro, die man dort noch zurückholen kann.
    Ehring: Herzlichen Dank! - Wir sprachen mit Dirk Eilinghoff über die Möglichkeit, Kredite zurückzufordern, Kredite zu widerrufen. Diese Möglichkeit läuft demnächst ab.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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