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Fundraising
Modernes Spendensammeln

Vereine und Organisationen sammeln nur noch selten in der Einkaufsstraße mit Büchsen - heute wird Fundraising betrieben. Das ist weitaus aufwendiger, sodass es mitunter schwieriger ist, Unterstützung für wohltätige Zwecke zu erhalten.

Von Annette Eversberg | 30.01.2014
    Glaubt man aktuellen Statistiken, spenden die Deutschen heute zwar immer noch gerne und sogar deutlich mehr als noch vor 20 Jahren. Der deutschen Online-Spendenplattform betterplace zufolge immerhin rund vier Milliarden Euro jährlich. Trotzdem wird es für Vereine und Hilfsorganisationen immer schwieriger, Unterstützung für ihre Arbeit zu erhalten, klagt Manfred Belle vom Eine-Welt-Netz NRW.
    "Man muss sich schon mehr Mühe geben als vor 15, 20 Jahren. Einfach, weil es sehr viel mehr Wettbewerb gibt, weil zum Teil auch Organisationen aus dem Ausland auf den deutschen Spendenmarkt drängen. Und weil natürlich in sehr vielen Bereichen Fundraising neu aufgebaut wird. "
    Umso wichtiger ist es deshalb offenbar, neue Fundraiser auszubilden. Vera Dittgen vom Eine-Welt-Netz NRW ist eine von ihnen.
    "In Deutschland gibt es über 600.000 Vereine, 400.000 davon sammeln in irgendeiner Weise Fundraising, sammeln Spenden. Wenige davon mit Einnahmen über 500.000 Euro. Aber viele tun es. Man muss sich ein bisschen mehr anstrengen. Und natürlich ist es dann gut, gut ausgebildet zu sein."
    "Geld ist nicht alles"
    Immer wichtiger werden auch die Instrumente für ein gelungenes Fundraising, sagt der Fachbereichsleiter Ökologie der Akademie Franz Hitze Haus in Münster, Dr. Martin Dabrowski.
    "Erst mal muss man sich selber vergewissern, was will ich als Organisation und wofür stehe ich. Und das muss man kommunizieren. Man muss eben durch Flyer, aber auch im Gespräch sagen, wenn man Fundraising betreiben will, muss man sagen, wofür stehen wir, was wollen wir. Und kann dann diejenigen, die man anspricht um Geld bitten für die Arbeit. Aber Geld ist nicht alles. Fundraising bedeutet auch, man will vielleicht ehrenamtliche Arbeit, man will Sachmittelunterstützung oder sonstiges."
    Der Naturschutzbund NABU NRW setzt beispielsweise noch immer sehr auf die ehrenamtliche Arbeit, somit auf ein Fundraising unmittelbar vor Ort, sagt NABU-Sprecher Thorsten Wiegers.
    "Der NABU ist einer der deutschen Naturschutzverbände, der auch lokal aufgestellt ist, zum Beispiel hier für Nordrhein-Westfalen fast flächendeckend mit Gruppen und Stadt- und Kreisverbänden vertreten ist. Wir sind sehr nah an den Leuten. Ich denke, das ist, was uns auch wichtig ist. Und von daher ist es auch wichtig, dass Mittel für lokale oder regionale Projekte zur Verfügung stehen."
    Doch die Zentrale des NABU in Berlin bemüht sich auch um die Kooperation mit großen Unternehmen. Zum Beispiel VW. Solche Kooperationen haben deutlich zugenommen – sind aber heikel. Denn natürlich verfolgen die Firmen dabei auch ihre eigenen Interessen. Lasse Künzer von Save the Children, einem Verein der sich für Kinderrechte einsetzt, glaubt dennoch, die eigenen Ziele unbeschadet umsetzen zu können.
    "Wir haben ganz klare Grundsatzpositionen, mit welchen Firmen wir zusammenarbeiten wollen und mit welchen Firmen auch nicht. Das heißt, beispielsweise Firmen, die in irgendeiner Beziehung zur Rüstungsindustrie stehen, die irgendetwas zu tun haben mit dem Thema Alkohol oder Tabak, also mit all den Dingen, die absolut nicht in Einklang zu bringen sind mit unseren Zielen als Kinderrechtsorganisation, mit diesen Firmen arbeiten wir grundsätzlich nicht zusammen. "
    Ethische Richtlinien
    Trotzdem zeigt sich immer wieder, wie schwierig es ist, die eigenen Schutzziele durchzusetzen und transparent zu machen, ohne als Aushängeschild für Textil-, Kaffee- oder Möbelfirmen benutzt zu werden. Der Bundesverband des NABU versucht deshalb, beispielsweise mit jährlich auslaufenden Verträgen die Kontrolle zu behalten. Andere Organisationen setzen dagegen vor allem auf die Zusammenarbeit mit mittelständischen Unternehmen. Dr. Thomas Kreuzer, Leiter der Fundraising-Akademie in Frankfurt am Main, sieht jedoch auch noch grundsätzliche Probleme.
    "Vielleicht ist es immer noch so, dass zu wenige der Organisationen einen eigenen Code of Ethic haben, also ethische Richtlinien, die noch einmal Kriterien formulieren, welche Spenden man annimmt oder welche nicht. Natürlich ist es wichtig, dass da Standards festgelegt werden und der Sponsor, wenn es ein Unternehmen ist, also zum Profil der Organisation passt. Also hier ist in den kommenden Jahren sehr viel Arbeit noch mal zu leisten, weil diese Kriterien meines Erachtens eher implizit vorhanden sind, aber viel zu selten in den NGOs schriftlich formalisiert sind."