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Geldanlage
Roboter als Vermögensberater

In der Geldanlage gibt es eine Trendwende. Der Vermögensberater könnte in den kommenden Jahren zunehmend durch Online-Werkzeuge ersetzt werden, mit denen sich im Handumdrehen ein Anlage-Portfolio maßschneidern lässt. Der Vermögensverwalter der Zukunft ist also eine ausgeklügelte Software.

Von Michael Braun | 28.01.2016
    Es ist viertel nach neun, halb zehn. Der Tag beginnt mit einem frisch gemahlenen Kaffee.
    Oliver Vins guckt gar nicht hin, wenn seine Leute morgens ihrer Kaffeelust frönen. Wir sitzen am Tisch einer Biergarnitur, aufgebockt auf roten Bierkästen, bunte Schemel herangerückt. Vins, groß, in Jeans und Pullover, Drei-Tage-Bart, ist Vorstand der Vaamo AG. Gründer von Vaamo ist der End-Dreißiger auch. Acht Jahre Strategieberatung bei McKinsey, dann wusste er: Er braucht ein eigenes Unternehmen. Roboberatung ist sein Geschäftsfeld, Geldanlage online also. Vins holt einen Rechner. Und erzählt, wie es losgeht im Programm bei Vaamo:
    "Da gibt es am Anfang drei, vier Basisfragen, die wir auch ganz transparent abfragen, also zum Beispiel: Hat der Kunde eine gewissen Notreserve, also zwei bis drei Monatsgehälter, die er auf einem Tagesgeldkonto angespart hat. Wer das nicht hat, der sollte nicht an Kapitalmarktinvestments denken, sondern erst mal einen gewissen Notgroschen aufbauen."
    Auch vor der Geldanlage erst einmal die Schulden zu tilgen, gehört zu den ersten Tipps im Kundendialog, weil ja Schuldzinsen meist höher als Guthabenzinsen sind, Tilgung also meist die beste Geldanlage ist. Dann weiter: Drei Risikoklassen bietet Vaamo an.
    "Gering, mittel und hoch. Was da Richtige ist, ist sehr individuell. Das hängt einmal natürlich vom Horizont ab. Wenn ich eher kurzfristig bis mittelfristig denke, sollte ich weniger Risiko eingehen als wenn ich wirklich 15, 20, 25 Jahre ansparen möchte, zum Beispiel für die Ausbildung der Kinder oder für meinen Ruhestand."
    Auch die persönliche Risikoneigung spielt eine Rolle. Am Ende steht jedenfalls eine Kaufempfehlung für Fonds, die 40, 60 oder 80 Prozent Aktienanteil enthalten. Das Verbrauchermagazin Finanztipp hat sich die Branche der Roboadvisor angeschaut und dabei festgestellt, dass "so viel Robo in diesen Angeboten gar nicht drin ist. Es ist eigentlich eher das Abarbeiten eines Fragenkatalogs, bei dem am Schluss eine Anlageempfehlung steht."
    Sagt Dirk Eilinghoff, Leiter Bankprodukte bei dem Online-Verbrauchermagazin.
    "Irgendwann wird man sicherlich dazu kommen, dass man ausgehend von den Angaben des Kunden und von der Situation des Kunden individualisierte Portfolios macht."
    Bei Vaamoo gibt es natürlich auch den Kicker, vielleicht schon Klischee bei jungen Technologieunternehmen im Google-Modus. Aber er wird genutzt. Etwa die Hälfte der 20 Beschäftigten bei Vaamo sind Entwickler. Ein Service: Das Sparziel leicht kontrollierbar zu machen, sagt Oliver Vins:
    "Das sieht man hier oben: Sobald ich aus irgendwelchen Gründen das Ziel gefährdet sehe, sei es, dass wir starke Kapitalmarktschwankungen habe, was ja sein kann, sei es, dass ich vielleicht mal ein paar Raten nicht gezahlt habe oder dass ich auch Geld rausgenommen habe, was ich ja jederzeit tun kann, dann informiert mich das System. Ich sehe hier oben: Zielerreichung gefährdet! Ich kann da einmal drauf klicken. Und das Spannende ist, dass ich dann umgehend Lösungen angeboten bekomme. Ich kann eine Einmaleinzahlung machen von 1.700 Euro. Wenn ich das jetzt machen würde, kann ich einmal drauf klicken, dann wird das sofort ausgeführt auch. Dann bin ich wieder on track."
    Das Geld der Kunden fließt in sehr breit streuende nicht aktiv gemanagte Fonds, ähnlich einem ETF. Sie stammen von Dimensional Fund Advisors, weil der – seit gut 30 Jahren auf dem Markt – sehr viele Papiere in einem Fonds bündele, eine fünfstellige Zahl. Vaamo werde nicht vom Fondsanbieter bezahlt, sondern von seinen Kunden: Bis zu ein Prozent Provision jährlich. Die Anteile werden als Sondervermögen bei einer der Staatsaufsicht unterliegenden Bank deponiert. Finanztip hat Kriterien herausgearbeitet, wonach die Robadvisor zu beurteilen sind. Dirk Eilinghoff:
    "Ein ganz wichtiger Aspekt ist sicherlich die Transparenz: Wenn ich in Wertpapiere anlege, dann muss das auch ganz klar sein, in was ich dort anlege. Ein weiterer Punkt sind die Kosten. Die Roboadvisor sind in ihren Anlagevorschlägen sehr viel günstiger als eine traditionelle Bankberatung, weil sie überwiegend in passive Fonds investieren."
    Noch günstiger: Das Geld selbst anlegen. Wenn man es sich zutraut.