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Gemeinsam gegen den Brain-Drain

Finanzkrise, Rezession, Klimawandel - von diesen weltweiten Problemen werden die Entwicklungsländer am härtesten getroffen. Tragfähige Lösungsansätze aus der Wissenschaft sind mehr denn je gefragt. Um die deutschen Hochschulen dabei zu unterstützen, hat der Deutsche Akademische Austauschdienst den Wettbewerb "Hochschulexzellenz in der Entwicklungszusammenarbeit" ins Leben gerufen. Für die besten fünf Konzepte sollen insgesamt 25 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur Verfügung stehen. Heute nun wurden die Gewinner der ersten Auswahlrunde bekannt gegeben.

Von Antje Allroggen |
    Eine Exzellenzinitiative der anderen Art: zwar gab es auch dieses Mal ein international zusammengesetztes Auswahlgremium und ein gestuftes Bewerbungsverfahren. Und einen materiellen Anreiz: Für die ausgewählten Hochschulen winken fünf Jahre lang bis zu eine Million Euro jährlich. Der Unterschied zur breit angelegten Exzellenzinitiative des Bundes: Hier geht es einzig und allein um die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit deutscher Hochschulen. Damit sind bilaterale Forschungsvorhaben zwischen Deutschland und einem Entwicklungsland gemeint, die sich mit den global drängenden Fragen unserer Zeit auseinander setzen, erläutert Helmut Blumbach, Abteilungsleiter Süd beim Deutschen Akademischen Austauschdienst:

    "Es gibt im Prinzip drei Bereiche, die man sehen muss. Das ist erstens die Lehre, also die entwicklungsorientierte Lehre, orientiert an den globalen entwicklungspolitischen Themen wie Klimawandel..., all das sind ja Themen, die ohne akademisch ausgebildete Experten nicht funktionieren, und bei aller Bedeutung der Primärbildung können unsere Hochschulen gerade im Bereich der tertiären Bildung der Forschung und Lehre noch einiges leisten."

    Im Forschungsverbund sollen die deutschen Hochschulen mit ihren Partner-Unis in den Entwicklungsländern zusammenarbeiten und so gemeinsam nach Lösungen für entwicklungspolitisch drängende Probleme suchen. Dabei ist ein wissenschaftlicher Austausch in beide Richtungen erwünscht - ein weiterer Unterschied zur großen Exzellenzinitiative, meint Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik:

    "Die erste Exzellenzinitiative, die ist darauf ausgerichtet, dass wir unsere Universitäten stärken und dass wir die besten Köpfe international an unsere Hochschulen binden und sie hierherbringen, wenn es irgendwie möglich ist. Dass kann auch einen Brain-Drain bedeuten."

    "Dieses Instrument ist eine Art Gegengewicht dazu. Weil wir hier wollen, dass die klugen Köpfe in den Entwicklungs-Ländern zusammen arbeiten, die zu uns kommen, aber wir auch dort arbeiten und so Netzwerkstrukturen schaffen. Also wir wollen die stärksten Universitäten und die besten Köpfe bei uns integrieren, sondern wir wollen diese Netzwerkbildung betreiben. Und beides ist wichtig."

    Heute nun wurden die Gewinner der ersten Auswahlrunde präsentiert: Von den 44 eingereichten Konzepten kommen 13 deutsche Hochschulen in die zweite Runde. Darunter befinden sich etwa die Humboldt-Uni, die TU Braunschweig, die Uni Göttingen oder die LMU in München. Also Kandidaten, die auch bei der großen Exzellenzinitiative gut abgeschnitten haben. Aber auch Außenseiter wie die Uni Flensburg oder die Uni Oldenburg. Kriterien waren dabei die entwicklungspolitische Erfahrung und die Qualität der eingereichten Konzepte. Helmut Blumbach:

    "Wir haben uns angeschaut was haben die bisher geleistet, was haben sie für ein Netzwerk, was für Themen haben sie, wie gut sind sie fachlich, und als zweites wie gut ist das Konzept, wie wollen sie sich weiter entwickeln. Wir wollen ja nicht nur Vorhandenes stärken und fortsetzen, sondern wir wollen mit diesem Impuls eine neue Qualität erreichen."

    Ziel ist es also, gemeinsam entwicklungspolitisch wichtige Forschungsvorhaben anzugehen, die Partnerunis also direkt an den "global studies" zu beteiligen. Neu ist dabei auch der interdisziplinäre Ansatz: Natur- und Sozialwissenschaften arbeiten durch das neue Konzept enger als bisher zusammen. Für Deutschland sind die Forschungsnetzwerke mit Partnerhochschulen aus den Entwicklungsländern noch relativ neu. Anders sieht es wieder einmal in Ländern wie den USA oder Großbritannien aus: Hier arbeitet man etwa zehnmal so häufig zusammen. Christopher Shisanya leitet die geographische Fakultät an der Kenyatta Universität von Nairobi. Schon seit Jahren kooperiert seine Uni mit der Siegener Uni im Bereich Wassermanagement. Doch auch andere Länder haben hier inzwischen erkannt, wie attraktiv eine Vernetzung mit dieser Universität sein kann. Auch bei der Entwicklungszusammenarbeit beginnt für die deutschen Unis also ein Wettlauf mit der Zeit und der internationalen Konkurrenz.