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Griechenland-Krise
"Ich finde gut, dass der IWF Druck macht"

Ein Schuldenschnitt für Griechenland - wie ihn der IWF fordere - sei nach den europäischen Verträgen nicht möglich, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, im Deutschlandfunk. Er interpretiere die Äußerungen des IWF aber nicht so, dass dieser sich zurückziehen wolle.

Eckhardt Rehberg im Gespräch mit Martin Zagatta | 01.08.2015
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg (picture-alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    Man befinde sich erst am Beginn einer Verhandlung mit der Regierung in Athen. Deshalb müsse man nicht jede Äußerung des IWF so ernst nehmen, was den Augenblick betreffe, sagte Rehberg. Er finde es aber gut, dass der IWF Druck ausübe. Zudem betonte Rehberg, an einem Schuldenschnitt - wie ihn der IWF fordere - würden sich die Euro-Länder jedoch nicht beteiligen, weil dies rechtlich nicht gehe.
    Griechenland muss 50 Milliarden Euro durch Privatisierung aufbringen, viele halten das für unrealistisch. Man solle damit erst mal anfangen, sagte Rehberg. Aber er gestehe zu, dass dieses Ziel durchaus ambitioniert sei.
    Er hoffe nun, dass schnellstmöglich bei dem dritten Hilfspaket ein Abschluss zustande komme. Er hoffe das im Sinne der Griechen, ansonsten gäbe es die gleiche Situation wie Ende Juni. Die Leidtragenden der Politik der Links-/Rechts-Populisten seien die griechischen Bürger.
    Am Donnerstag hatte ein IWF-Vertreter erklärt, nur ein umfassendes griechisches Reformprogramm sowie Schuldenentlastungen der europäischen Gläubiger würden es dem Fonds ermöglichen, sich an einem neuen Hilfsprogramm zu beteiligen. Bevor diese beiden Punkte nicht gesichert seien, werde kein Geld des IWF mehr nach Griechenland fließen. Gestern hatten Vertreter der Regierung in Athen mit den Chefunterhändlern der internationalen Gläubiger weiter über ein drittes Hilfsprogramm verhandelt.

    Das komplette Interview zum Nachlesen:
    Martin Zagatta: 65 Unionsabgeordnete haben Kanzlerin Merkel die Gefolgschaft verweigert, als der Bundestag in seiner Sommersondersitzung zugestimmt hat, den Weg für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland frei zu machen. Die übrigen hat Merkel auch mit dem Versprechen überzeugt, dass es ein solches drittes Hilfsprogramm nur geben wird, wenn der IWF sich auch daran beteiligt. Doch der steigt, so heißt das jetzt, zumindest aus der ersten Runde der Griechenland-Rettung aus. Begründung: Die Schulden des Landes seien viel zu hoch. Und die von den Griechen verlangten Forderungen würden nicht umgesetzt. Eckhard Rehberg ist der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Guten Morgen, Herr Rehberg!
    Eckhard Rehberg: Schönen guten Morgen!
    Zagatta: Herr Rehberg, beruhigt Sie das, dass der IWF da jetzt erst einmal nicht mehr wieder mitmachen will und nur wieder weiter mitmachen will, wenn die Eurogruppe Athen bei den Schulden noch weiter entgegenkommt als bisher verabredet. Oder gehören Sie zu denen, die sich mittlerweile über überhaupt nichts mehr wundern?
    Rehberg: Ich wundere mich eher über Dinge nicht mehr, die in Athen passieren. Der IWF hat immer deutlich gemacht, dass Schuldentragfähigkeit für ihn ein wesentliches Moment ist. Aber wir müssen ja auch wissen, dass wir in einem laufenden IWF-Programm sind, das bis zum März 2016 läuft. Es ist ja wieder aufgelegt, nachdem Athen an den IWF seine ausstehenden Schulden gezahlt hat. Und man befindet sich jetzt ja erst am Beginn der Verhandlungen zu einem dritten Hilfsprogramm im Rahmen des ESM-Vertrages. Insoweit glaube ich, muss man da auch nicht jede Äußerung des IWF so ernst nehmen, was den Augenblick betrifft. Ich finde gut, dass der IWF Druck macht auf die griechische Regierung. Und Sie sagten in Ihrer Frage auch zu Recht, dass Zweifel da sind, ob die Griechen willens und in der Lage sind, das dritte Hilfsprogramm, so wie es ja schon in der Mandatierung im Groben vereinbart worden ist, auch umzusetzen.
    Zagatta: Der IWF macht aber ja nicht nur Druck auf die griechische Regierung, der macht ja vor allem Druck auf die Eurozone. Also Presseberichten zufolge hat die IWF-Chefin klipp und klar gesagt, ohne einen Schuldenschnitt der Euroländer mache der IWF nicht mehr mit bei einem dritten Hilfspaket.
    Rehberg: Also auch Frau Lagarde muss wissen, und das hat der Eurogipfel Anfang Juli erklärt, ein nominaler Schuldenschnitt ist nicht möglich nach den Europäischen Verträgen. Wenn denn, und auch das ist in der Eurogipfelerklärung und war auch Bestandteil des Antrags der Bundesregierung, über den wir abgestimmt haben, geht es darum, nachdem ein Programm ausgehandelt ist, nachdem erste Schritte wirklich umgesetzt worden sind – hier geht es nicht nur um Rente und um Mehrwertsteuer, hier geht es wirklich um strukturelle Änderungen in der griechischen Verwaltung, in der griechischen Administration –, also Frau Lagarde muss man deutlich sagen, einen Schuldenschnitt werden die Euroländer nicht mitmachen können, weil es rechtlich nicht geht.
    Zagatta: Das heißt, wenn Frau Lagarde, wenn der IWF auf diesem Schuldenschnitt weiter bestehen würde, dann platzen die Verhandlungen?
    Rehberg: Jetzt muss man auch wieder dem IWF sagen, dass ja bis zum Jahr 2020, 2022 keine Tilgungen für Griechenland anstehen, die Zinsen weitgehend ausgesetzt oder herabgesetzt worden sind ...
    Zagatta: Das wissen die IWF-Experten ja wahrscheinlich.
    Rehberg: Ja, gut, jetzt macht der IWF natürlich in seinem eigenen Interesse auch Druck, weil der IWF ist ja nur für sein Geld in Haftung. Ansonsten, für die gut 80 Milliarden, wären ja die Eurozone, die ESM-Länder in der Haftung drin. Ich würde hier auch mal ganz ruhig bleiben. Ich interpretiere die Äußerungen des IWF nicht so, dass sie sich zurückziehen werden wollen. Klar ist natürlich, dass der IWF als Weltverbund natürlich auch Verantwortung gegenüber den anderen Kontinenten hat und in Griechenland ein hohes Risiko eingegangen ist und dieses Risiko minimieren will.
    Zagatta: Also wenn ich Sie recht verstehe, Sie gehen davon aus, das ist jetzt Verhandlungspoker, was der IWF macht. Und die werden schon nachgeben?
    Rehberg: Ich würde sagen, jetzt muss man sich erst mal, das ist ja mittlerweile eine Quadriga aus EZB, EU-Kommission, IWF und dem ESM, dass man mit den Griechen sich jetzt hinsetzt, verhandelt und danach, nach diesen Verhandlungen, wird man sehen, wie ist die Schuldentragfähigkeit Griechenlands gegeben auch in den entsprechenden Zeitabschnitten. Und erst nach diesen Verhandlungen wird man letztendlich sehen, wie es um das Thema Schuldentragfähigkeit bestellt ist.
    Zagatta: Ist es da jetzt nicht ganz schwierig, zu verhandeln, wenn man sozusagen in der Schwebe ist, wenn man gar nicht weiß, wie macht der IWF da mit, weil das sind ja auch Gelder, die da irgendwo mit eingeplant werden müssen.
    Rehberg: Bei den 80 Milliarden sind IWF-Gelder nicht mit eingeplant bisher. Auch das ist ein Ergebnis der Verhandlungen. Das Wesentliche ist, glaube ich, dass sich die, die wir als vier Institutionen bezeichnen, den Griechen klar machen, dass schnell verhandelt werden muss, dass nachhaltig verhandelt werden muss und dass auch seriös verhandelt werden muss. Und dass das auch umgesetzt werden muss. Was in Griechenland in den nächsten Wochen passiert – Parteikongress von Syriza, ob Neuwahlen ins Haus stehen, – das macht die Sache ja nicht einfacher.
    Zagatta: Aber mit seriös geben Sie mir ja fast schon das Stichwort, Herr Rehberg. Also Voraussetzung für weitere Hilfe ist ja, dass die Griechen 50 Milliarden auftreiben sollen mit Privatisierungen. Da sagen jetzt die IWF-Experten, und nicht nur die, das sei nie und nimmer möglich. Weiß der Bundestag da das besser? Glauben Sie noch an diese 50 Milliarden, tatsächlich?
    Rehberg: Die Idee des Treuhandfonds ist ja nicht neu, die hat in den letzten Jahren immer wieder eine Rolle gespielt. Und ich denke, man sollte bei dem Thema Treuhandfonds, Privatisierung erst mal wirklich anfangen, und dann wird man das Ergebnis sehen. Ich gestehe zu, dass 50 Milliarden ambitioniert sind.
    Zagatta: Angefangen hat man ja schon. Bei diesen 50 Milliarden, da war ja zum Beispiel die Privatisierung der griechischen Bahn mit eingerechnet. Jetzt gibt es ein Angebot, so lesen wir, der Österreicher, die Bahn zu übernehmen, aber nur, wenn man sie umsonst bekommt, weil sie so marode sein soll. Also macht man da sich nicht irgendwie völlig unglaubwürdig, wenn man trotzdem an diesen 50 Milliarden festhält.
    Rehberg: Also, wenn ich ein Angebot unterbreite, Herr Zagatta, dann versuche ich erst mal den Preis zu drücken. Und deswegen wäre ich da auch immer erst mal ein bisschen gelassen. Wir sind ja noch ...
    Zagatta: Aber Preis drücken und sagen, man zahlt gar nichts – da liegen ja Welten dazwischen.
    Rehberg: Ja gut. Man muss jetzt, glaube ich, nicht alles ernst nehmen, was in der Öffentlichkeit debattiert wird. Ich finde es erst mal richtig, dass das Thema Privatisierung und Treuhandfonds in Verbindung gebracht worden ist und dass hier auch die Institutionen mit eine Hand drauf haben. Und dass die Griechen das nicht alleine machen.
    Zagatta: Und wenn jetzt die Summen da so niedrig sind und die meisten Finanzexperten sagen, das kann nie und nimmer hinhauen, dann sagen Sie, ich gehöre einer christlichen Partei an und glaube an ein Wunder?
    Rehberg: Ich glaube generell an Wunder. Bei den Griechen überzeugen mich nur Tatsachen in der Endkonsequenz.
    Zagatta: Tatsachen – wann rechnen Sie mit einem vierten Hilfspaket?
    Rehberg: Ich hoffe erst mal, dass wir schnellstmöglich bei dem dritten Paket zu einem vernünftigen Abschluss kommen. Und über weitere Dinge sollten wir erst dann reden, wenn wir das, ich sage es mal so ein bisschen salopp, im Sack haben, was aktuell auf dem Tisch liegt.
    Zagatta: Und wenn man das, was man von den Verhandlungen hört und auch das, was die griechische Regierung wieder von sich gibt und mit ihren Schwierigkeiten ja auch offenbar macht – glauben Sie, dass diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss führen werden?
    Rehberg: Ich hoffe es im Sinne der Griechen. Ansonsten sind wir in der gleichen Situation wie Ende Juni/Anfang Juli. Die Leidtragenden der Politik der Links-Rechts-Populisten in Athen, das sind die griechischen Bürgerinnen und Bürger.
    Zagatta: Eckhard Rehberg war das, der Haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Herr Rehberg, vielen Dank für das Gespräch!
    Rehberg: Schönen guten Morgen, Danke!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.