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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Wir leben unter einer "Herrschaft des Unrechts", es gibt keine Zinsen mehr auf unser sauer Erspartes, man will uns das Bargeld wegnehmen, Karneval ist vorbei – eine Schreckensmeldung jagt die nächste. Armes Deutschland!

Von Klaus Nothnagel | 12.02.2016
    Es ist schon spannend, zu beobachten, wie einer sich schrittweise aus der Politik entfernt und ins Komikerfach strebt: Horst Seehofer, der Voralpen-Taliban, die rhetorische Splitterbombe, eine Art Stoiber ohne Stammeln oder Strauß ohne Suff und Humor. Selbst Strauß kam nie auf die Idee, eine Regierung vors Bundesverfassungsgericht zu zerren, an der seine eigene Partei beteiligt war. Seehofer macht's. Oder sagen wir: er droht damit, lustig genug.
    Der Seehofer der Woche: "Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts". Wenn wir die Anspielung auf den Unrechtsstaat DDR mal bei Seite lassen: Kommt Seehofer nicht selbst in Bedrängnis, wenn seine CSU mit der Unrechtsherrscherin an einem Tisch sitzt? Was ist, wenn jemand Seehofer wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung anzeigt? Klar ist das schwachsinnig - aber in Sachen Seehofer geht's ja längst nur noch um Lärm statt um Logik.
    Armes Deutschland: Schäuble will das Bargeld abschaffen. Der 500-Euro-Schein soll weg, und überhaupt soll's Bargeld nur noch bis 5000 Euro geben - wenn's drüber geht, geht's nur noch bargeldlos, so die Idee. Beim Gebrauchtwagenverkauf wird man den Erlös dann versteuern müssen; Korruption und Schmiergelder werden kaum noch möglich sein, weil für 5000 Euro einfach keine nennenswerten Gegenleistungen zu haben sind.
    Wird nicht der Oma ihr Strumpf enteignet?
    Kaum ist die Idee in der Welt, setzen Bürger eine Online-Petition dagegen auf - der Deutsche ist eben jederzeit bereit, seine Freiheiten zu verteidigen, allerdings nur bei zwei Themen: Wenn er nicht mehr so schnell fahren darf wie er will und wenn ihm jemand seine Taler und Scheine wegnehmen will.
    Was haben wir Deutschen schon durchmachen müssen, besonders im Osten: erst der Abschied von den leichten, heiteren Alu-Chips der DDR-Mark, dann von der innig ersehnten D-Mark! Und wird nicht durch die weitgehende Abschaffung des Bargeldes quasi der Oma ihr Strumpf enteignet? Der Bürger könnte, wenn die Zinsen noch mieser würden, sein Geld nicht mehr vom Konto holen und zu Hause stapeln! Armes Deutschland! Herrschaft des Unrechts!
    Aschermittwoch ist vorbei, Karneval ist durch. Obwohl die Unwetterwarnung, die segensreiche, von vornherein die gröbsten geistigen Entgleisungen der Amüsierzüge verhindern konnte, zeigte sich im bayerischen Steinkirchen einmal mehr die eigenwillige deutsche Auffassung von Satire. Ein Brüderpaar fuhr mit einem selbst gemachten Panzer im Zug mit; auf der einen Seite stand "Asylpaket III", auf der anderen "Ilmtaler Asylabwehr". Witzig. Dazu eine aufgemalte Reichskriegsflagge – ohne Hakenkreuz zwar, aber durch Form und Farbe als Reichskriegsflagge erkennbar. Ein Ilmtaler auf die Frage, was er von dem Panzer halte: "Ich will nicht, dass wir uns hier in Deutschland verändern müssen, mir gefällt es so, wie es ist." Wie sagte Anton Tschechow: "Die Menge meint, alles zu wissen und alles zu begreifen, und je dümmer sie ist, desto weiter erscheint ihr ihr Horizont."