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Israelischer Zeitungsdisput
Gesetz soll Gratisblätter verbieten

"Israel Hayom", übersetzt "Israel heute", ist die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes. Die Zeitung ist kostenlos und gilt vielen als Sprachrohr von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Sogar Koalitionspartner des Regierungschefs sind entnervt - einige Politiker wollen das Blatt nun verbieten.

Von Torsten Teichmann | 24.05.2014
    Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei einer Kabinettssitzung in Jerusalem
    Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei einer Kabinettssitzung in Jerusalem (AFP / Ronen Zvulun)
    "Bei jeder Meinungsverschiedenheit bevorzugte die Zeitung immer den Ministerpräsidenten. Als es um die Frage eines palästinensischen Staates ging, unterstützte die Zeitung den Ministerpräsidenten nach seiner Bar-Ilan-Rede und gab ihm somit Rückenwind. So war es auch beim vorübergehenden Stopp des Siedlungsbaus und bei Netanjahus Kampf gegen den Abgeordneten Mosche Feigling. 'Israel Hayom' ist wirklich keine Zeitung."
    Außenminister Liebermann, nennt das Blatt sogar die "Prawda". Und der Abgeordnete der Arbeitspartei Eitan Kabel hat ein Gesetz ins Parlament eingebracht, dass grundsätzlich kostenlose Zeitungen stoppen könnte. So erklärt es der Reporter des zweiten Fernsehkanals Amit Segal:
    "Kabel hat für seinen Gesetzentwurf die Unterstützung von sieben Abgeordneten aus verschiedenen Parteien. Der Entwurf sieht vor, dass eine Zeitung an Wochentagen für mindestens vier Schekel verkauft werden muss. Am Wochenende für zehn bis elf Schekel. Sollte dieses Gesetz durchgehen, dann wäre es das Todesurteil für 'Israel Hayom'."
    Mit keinem Wort wird "Israel Hayom" in dem Gesetzentwurf erwähnt, aber allen ist klar: Es geht um das Gratisblatt und seinen Finanzier, den US-Amerikaner und schwerreichen Casino Mogul Sheldon Adelson. Vor bald sieben Jahren gründete Adelson die Zeitung in Israel. Aber nicht als kleines Stadtteilblatt, sondern als eine Tageszeitung mit Vollredaktion, Kommentaren und Bloggern.
    Finanzier will "Yedioth Atronoth" schwächen
    Und er hatte nach eigener Aussage klare Ziele: Den Verleger Arnon Moses und dessen Flaggschiff, die Zeitung "Yedioth Ahronoth" wollte Adelson schwächen. Und: Den Politiker Benjamin Netanjahu stärken:
    "Lesen Sie mal die 'Yedioth Ahronoth' und schauen Sie, wie Bibi dort angegriffen wird, einfach nur, um ihn anzugreifen. Ist dieses Massenblatt Ihrer Meinung nach etwa fair und ausgeglichen? Mit Bezug auf Bibi geht es darum, ihn anzugreifen: Wenn sie nicht über seine Haushaltshilfe schreiben, dann geht es um die Ausgaben für den Haushalt - da steckt doch keine freie Meinungsbildung dahinter."
    Rechtlich bewegt sich Adelson damit auf dünnem Eis. Wenn er die Zeitung gratis anbietet, nur um die Konkurrenz auszuschalten, dann gilt das auch in Israel als unlauterer Wettbewerb. Wenn das Blatt allein die Aufgabe hat, Werbung für Ministerpräsident Netanjahu zu machen, dann wäre das Parteienwerbung. Die Kosten müssten der Likud-Partei in Rechnung gestellt werden - so sieht es ein israelisches Gesetz vor. Es geht um schätzungsweise zehn Millionen Euro pro Jahr.
    Beide Vorwürfe sind offenbar schwer vor Gericht zu belegen. Deshalb versucht der Abgeordnete Kabel nun, mit einer Preisverordnung dem Netanjahu-Freund Adelson das Geschäft zu verderben. Fernsehreporter Segal glaubt aber nicht, dass es so einfach gelingen kann:
    "Ich glaube nicht, dass dieses Gesetz durch gehen wird. Aber es zeigt, dass die Auseinandersetzung zwischen Medien und Politik in Israel auf einem Höhepunkt angelangt ist."