Samstag, 18. Mai 2024

Archiv

Israel
Ultraorthodoxe sollen in die Armee

Israels Regierung will in dieser Woche drei wichtige Reformvorhaben im Paket durch das Parlament bringen. Besonders das Gesetz zur Einbeziehung der ultraorthodoxen Juden in die Wehrpflicht stößt auf Widerstand. In der Knesset und auf der Straße.

09.03.2014
    Eine Gruppe Ultraorthodoxer in Israel.
    Israels Ultraorthodoxe kämpfen gegen die Wehrpflicht. (dpa/picture alliance/epa Olivier Fitoussi-Flash90)
    Doch nicht nur das Wehrpflicht-Vorhaben für die sogenannten Haredim ist umstritten, gegen das in der vergangenen Woche Hunderttausende demonstrierten. Auch die Anhebung der Sperrklausel bei Parlamentswahlen auf 3,25 Prozent und die Verpflichtung auf Volksabstimmungen über mögliche Landabtretungen an die Palästinenser haben als Einzelgesetze keine sichere Mehrheit. Deshalb sollen diese drei Vorhaben zusammengeschnürt von Montag an in nur drei Tagen die zweite und dritte Knesset-Abstimmung passieren.
    Das Referendumsgesetz gilt als Herzensanliegen des "Jüdischen Heims". Mit der vor allem für die drei arabischen Kleinparteien gefährlichen Anhebung der Zweiprozenthürde will die ultranationalistische Fraktion von "Unser Haus Israel" ihr parlamentarisches Jahr krönen. Und für die Zukunftspartei ist die Durchsetzung der Wehrpflicht besonders wichtig; die Liberalen verdankten ihren Wahlerfolg 2013 vor allem diesem Versprechen.
    Mehr als 60.000 sind vom Wehrdienst befreit
    Der Streit um die allgemeine Wehrpflicht hat eine lange Geschichte. Im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948 wurde eine Ausnahmeregelung für jüdische Religionsstudenten vereinbart. Damals waren es etwa 400, die vom Militärdienst befreit wurden. Heute ist ihre Zahl nach Schätzungen auf mehr als 60.000 angestiegen.
    Aufgrund des steigenden Unmuts über diese Regelung entschied der Oberste Gerichtshof schon 1998 einstimmig, die Wehrdienstbefreiung körperlich geeigneter Haredim sei verfassungswidrig. Seitdem wird um eine Reform gerungen, die jetzt Gesetzeskraft erlangen soll. Die Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, in der keine religiöse Partei sitzt, hat sich eine gerechtere Verteilung der Wehrpflicht auf die Fahnen geschrieben.
    Gesetz sieht schrittweisen Übergang vor
    Für Empörung sorgt vor allem, dass laut Gesetzentwurf Toraschüler, die der Einberufung nicht nachkommen, mit Gefängnis bestraft werden können. Aus Furcht vor Gewaltausbrüchen und einer tiefen Spaltung der jüdischen Gemeinschaft ging die Regierung ihren Kritikern in dem Gesetzesvorhaben entgegen. In einer Übergangsphase bis Juli 2017 sollen jährlich Quoten von mehreren tausend strengreligiösen Rekruten erfüllt werden. Für sie gibt es spezielle Einheiten nur für Männer, die auf ihre besondere Lebensweise zugeschnitten sind. In diesem Jahr sollen zunächst 3800, im Jahr 2015 dann 4500 und 2016 schließlich 5200 strengreligiöse Rekruten eingezogen werden. Erweist sich dies als erfolgreich, geht das Quotensystem weiter.
    Die ultra-orthodoxen Juden machen etwa zehn Prozent der rund acht Millionen Israelis aus. Ihre Zahl wächst schnell; sie gehören allerdings zum armen Teil der Gesellschaft. Viele der Männer arbeiten nicht und leben von Spenden und staatlicher Unterstützung.