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Italien
Luxusmode und Kultursponsoring

In Mailand startet die internationale Modewoche - mit extravaganter Kleidung und guten Geschäften. Modehäuser wie Armani und Prada verkaufen nach wie vor sehr gut. Um das Image "Made in Italy" zu pflegen, engagieren sich italienische Designer als Sponsoren von Kunst und Kultur.

Von Kirstin Hausen | 23.09.2015
    Der Trevi-Brunnen (Fontana del Trevi) in Rom bei Nacht. Der monumentale Barockbrunnen vor dem Palazzo Poli wurde in Anlehnung an Entwürfe Berninis von Nicola Salvi von 1732 bis 1762 im Stil des Spätbarocks im Übergang zum Klassizismus erbaut.
    Italienische Modedesigner geben Geld für Kulturgüter: hier der Trevi-Brunnen in Rom. (picture alliance / ZB / Waltraud Grubitzsch)
    Holzgetäfelte Wände, Kassettendecke und eine Kasse wie anno dazumal – das Mailänder Kaffeehaus Marchesi versprüht noch immer den Charme des 19. Jahrhunderts. Seit Kurzem hat es auch eine Filiale in der schicken Via Montenapoleone, der Modemeile der Stadt. Kein Wunder – Marchesi wurde vergangenes Jahr vom Modehaus Prada gekauft. "Wir investieren in Tradition", begründete der eigenwillige Konzernchef Patrizio Bertelli, Ehemann der Firmenerbin und Chefdesignerin Miuccia Prada, diesen Schritt.
    "Wir glauben, dass die traditionelle Patisseriekunst Mailands die Werte unserer Marke überzeugend repräsentiert und kommuniziert. Und wir bringen Marchesi nach Dubai, Hongkong und Tokio."
    Bertelli versprach auch, dem ehrwürdigen Kaffeehaus keinen modischeren Anstrich zu verpassen. Denn das hätte zu einem Aufschrei in der Mailänder Bevölkerung geführt. Marchesi ist den Mailändern mindestens so heilig wie ihr Dom oder wie den Römern das Kolosseum. Das wurde übrigens von Diego della Valle, dem Patron der Luxusschuhmarke Tods, restauriert. 25 Millionen Euro hat ihn das gekostet, und ein großes Werbeplakat durfte er trotzdem nicht aufhängen. Auch der Trevi-Brunnen in Rom, restauriert dank Fendi, und der etruskische Bogen in Perugia, den Kaschmirkönig Brunello Cucinello für mehr als eine Million Euro hat wieder herrichten lassen, tragen keine Markenetiketten.
    Warum engagieren sich Modelabels also neuerdings so stark im italienischen Kulturbetrieb und in der Denkmalpflege? Weil sie ihr "Made in Italy"-Image in die Welt hinaustragen möchten, sagt Giuliano Noci, Professor für Marketing im Fashionbereich.
    "Die große Herausforderung für die Modehäuser besteht darin, ihre Identität, also das, wofür sie stehen, auch in so verschiedene Länder wie China oder Indien zu tragen und davon zu profitieren. "
    Und da helfen Medienberichte über restaurierte italienische Sehenswürdigkeiten. Italien ist gerade für die wohlhabende Kundschaft in Asien und den arabischen Staaten die Wiege der europäischen Kultur. Und die gilt es zu erhalten. In Zeiten leerer Kassen fällt der Staat als Denkmalpfleger jedoch immer mehr aus.
    Die Investition muss sich lohnen
    Und damit die prächtigen Bauten, um die die ganze Welt Italien beneidet, nicht verfallen, sondern weiterhin als Aushängeschild für italienische Eleganz und Chic genutzt werden können, greifen die Modemacher in die eigene Tasche. Luxusschuh-Produzent Salvatore Ferragamo hat 600.000 Euro springen lassen, um acht Säle der Uffizien zu renovieren und wieder dem Publikum zugänglich zu machen. Das Kolosseum, der Trevi-Brunnen, die Uffizien – diese Sehenswürdigkeiten sind auch in Moskau, Schanghai und Dubai bekannt.
    Die Pasticceria Marchesi ist dagegen ein Mailänder Juwel. Mit Prada im Rücken tritt sie nun ihren Siegeszug um die Welt an. Filialen in schicken Einkaufszentren sind geplant, gleich neben den Prada-Boutiquen. Die Investition muss sich also lohnen.
    "In unser kulturelles Erbe zu investieren ist immer ein Gewinn und private Investoren sind herzlich willkommen. Es ist wichtig, dass auch ein Modehaus etwas für seine Stadt tun", sagt der Mailänder Gregorio Ponzi und er spricht vielen aus der Seele.
    Von der Modewoche, die heute beginnt, wird er persönlich eher die negativen Folgen zu spüren bekommen: verstopfte Straßen, ausgebuchte Restaurants. Aber das nimmt er gelassen. Solange seine Stadt internationales Publikum anlockt, ist er stolz auf sie. Mailand als Modemetropole und Wirtschaftsmotor des ganzen Landes war in den vergangenen Jahren aus dem Tritt gekommen. Nun zieht die Wirtschaft wieder an und unter den Bewohnern der zweitgrößten Stadt Italiens verbreitet sich Optimismus.
    Die Stadt lebt –und nachdem das Budget für den Kulturbetrieb in den vergangenen Jahren immer weiter zusammengestrichen wurde, sollen die staatlichen Museen jetzt zu den essenziellen Dienstleistern gerechnet werden, auf die Italien nicht verzichten kann.