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Kampagne gegen Riesen-Brummis

Umwelt- und Verkehrsverbände wollen die Zulassung von bis zu 25 Meter langen und 60 Tonnen schweren Lkw in Deutschland verhindern. "Mit Monstertrucks kommen Mensch und Umwelt verkehrspolitisch unter die Räder", sagte der Chef des Verbands "Allianz pro Schiene", Dirk Flege. Engagiert sind auch die Naturschutzverbände BUND und NABU, der Verkehrsclub VCD und zwei Eisenbahngewerkschaften.

Von Dieter Nürnberger | 21.08.2007
    Im Mittelpunkt der Kritik der Umweltverbände stehen natürlich ökologische Aspekte, aber man sorgt sich auch um die Sicherheit auf Deutschlands Straßen. Die heute gestartete Kampagne "Keine Monstertrucks" will politisch erreichen, dass die bereits begonnenen Modellversuche mit diesen Riesen-Lkw unverzüglich beendet werden, und zudem fordert man den Bund auf, rechtliche Regelungen zu verfassen, die verhindern sollen, dass aus diesen Modellversuchen heraus Fakten geschaffen werden. Bislang dürfen auf Deutschlands Straßen lediglich 40-Tonner unterwegs sein, die eine Länge von knapp 19 Metern nicht überschreiten dürfen. Diese in den Modellversuchen eingesetzten Lkw sind hingegen rund 25 Meter lang und haben ein Gewicht von 60 Tonnen. Dirk Flege, Geschäftsführer der "Allianz pro Schiene", sieht vor allem die Länder und einzelne Unternehmen als treibend in dieser Frage an:

    "Hier reagieren Politiker und Länderverkehrsminister auf den Druck aus der Wirtschaft. Wir haben einen klaren Zusammenhang herstellen können zwischen den Produktionsstandorten dieser Riesen-Lkw - wo werden sie hergestellt und produziert? - und den Ländern, die sich für derartige Pilotprojekte aussprechen. All die Länder, die mit der Einführung dieser Riesen-Trucks liebäugeln, haben Produzenten in ihrem Bundesland, machen also Wirtschafts- und Standortpolitik."

    Und in dieser Standortdebatte würden auch aus der Sicht der Verbände fragwürdige Annahmen publiziert. So sagen die Befürworter, dass durch den Einsatz von größeren Lkw auch weniger Fahrten anstünden - somit der Einsatz dieser Giga-Liner, wie sie auch genannt werden, die Straßen entlaste. Die "Allianz pro Schiene" sieht dies anders. Man befürchtet Verlagerungen bei den Frachtbeförderungen von anderen Verkehrsträgern. Dirk Flege:

    "Diese anderen Verkehrsträger sind die umweltfreundlicheren Verkehrsträger Binnenschiff und Schiene. Beide werden darunter leiden, wenn es diese Riesen- Lkw gibt. Es gibt Gutachten, die von bis zu 55 Prozent in einzelnen Gütertransport-Segmenten sprechen, die von der Schiene oder dem Schiff auf die Straße gehen würden. Dann haben wir nicht weniger Lkw auf den Straßen, dann haben wir keinen Beitrag zum Klimaschutz, sondern mehr Lkw auf den Straßen und eine insgesamt schlechtere CO2-Bilanz des Verkehrs."

    Dabei habe der Schienengüterverkehr in den vergangenen fünf bis sechs Jahren endlich, so sagen die Umweltschützer, aufgeholt. 2006 betrug der Anteil der transportierten Güter auf der Schiene mehr als 17 Prozent. Und die Schiene gilt ja als vergleichsweise umweltfreundliche Art des Gütertransports. Das ist aber etwas teurer für die Spediteure, weshalb viele eben doch die weniger umweltfreundliche Variante, den Lkw auf der Straße, bevorzugen. Allerdings würden viele Kosten dieser Verkehrsart von der Allgemeinheit getragen, sagt Dietmar Oeliger, Verkehrsreferent des Naturschutzbundes:

    "Ein Vertreter einer großen Molkerei hat längst auf die Frage, warum er denn Milchprodukte durch ganz Europa fahren lasse, gesagt, dass es sich lohne. Es lohnt sich aber nur deshalb, weil die Transportkosten auf der Straße so niedrig sind. Externe Kosten, dazu gehören die Kosten für die Umwelt und für die Gesundheit, auch Klimafolgekosten, werden derzeit nicht eingespeist. Sie werden vom Steuerzahler aufgebracht."

    Und da auch der Verkehr bei den Klimaschutzplänen der Bundesregierung eine große Rolle spiele, dürften die kritisierten Giga-Liner eigentlich keine politische Unterstützung erfahren.

    Der zweite Aspekt sei die Sicherheit auf Deutschlands Straßen für alle Nutzer. Bei jedem fünften Unfall mit Todesfolge sagt Michael Gehrmann, der Bundesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, sei schon heute ein Lkw beteiligt:

    "Das Unfallrisiko steigt nicht allein durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Es steigt auch durch die Länge und Masse dieser Fahrzeuge. Ein 60-Tonner, der mit 80 Kilometern pro Stunde auf den Straßen fährt, hat eine Bewegungsenergie wie ein bisheriger 40-Tonner, der mit 100 Kilometern pro Stunde unterwegs ist. Der Bremsweg wäre länger. Was passiert, wenn solche Giga-Liner in ein Stau-Ende hereinfahren? Die Auswirkungen wären deutlich gravierender."

    Und auch die Brücken im deutschen Straßennetz seien nicht für solche 60-Tonner ausgelegt. Da kämen also noch mal Kosten von bis zu acht Milliarden Euro für zusätzliche Baumaßnahmen hinzu.

    Die Schlussfolgerung der Verbände ist somit eindeutig. Diese Groß- Lkw sollen erst gar nicht auf den Straßen zugelassen werden, und da Deutschland auch ein Haupttransit-Land sei, hätte ein Verbot auch Auswirkungen über die Landesgrenzen hinaus.