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Karriere im Kongo mit Kopierern

Die Demokratische Republik Kongo gilt in Deutschland als ein eher unsicheres Land. Viele Firmen schrecken daher davor zurück, dort Geschäfte zu machen. Es gibt aber auch Menschen, die trotz der politischen Unsicherheit in dem Land erfolgreich sind. Zu ihnen gehört der Kongolese Musewa M'Bayo. Er hat in Deutschland studiert und promoviert. Anders als viele seiner Landsleute ist er danach in sein Heimatland zurückgegangen. Wolfgang Lenders hat ihn dort besucht.

Von Wolfgang Lenders | 07.06.2007
    Auf dem Schreibtisch von Musewa M'Bayo steht ein schwarz-rot-goldenes Deutschland-Fähnchen und flattert im Wind des Ventilators. Daneben liegt eine afrikanische Schnitzerei. M'Bayo betreibt ein Kopiergeschäft in Lubumbashi, der zweitgrößten Stadt der Demokratischen Republik Kongo. Außerdem unterrichtet er an der Universität Betriebswirtschaftslehre.

    Nach dem Bürgerkrieg beginnt die Wirtschaft im Kongo gerade wieder zu laufen. M'Bayo hat viele Aufträge; deshalb hat er ein Dutzend Mitarbeiter eingestellt. Sie bedienen die 10 Kopierer in seinem Geschäft. Aber auch seinen eigenen Tag habe er komplett verplant, sagt er.

    "Ich befinde mich im Laden von 6 bis 8 Uhr, danach fahre ich zur Universität, wo ich als Dekan und Universitätsprofessor lehre, ich habe Vorlesung jeden Tag von 8 bis 12, von Montag bis Freitags, und dann habe ich Mittagspause, von 14 bis 21 Uhr - es ist ja schon 21 Uhr jetzt - arbeite ich dann wieder im Laden, im Kopiershop."

    Einen anstrengenden Tagesablauf hatte M'Bayo schon früher. Er hat in Deutschland promoviert; an der Universität Trier im Fach Betriebswirtschaftslehre. Bereits während dieser Zeit habe er geplant, irgendwann ein eigenes Geschäft zu führen, sagt er.

    "Ich habe die Zeit während der Promotion genutzt, um tausende, tausende Projekte auszuprobieren, ich hatte mal Solarenergie, Solarlampen verkaufen wollen, also alles, was man in Europa so produziert hat und was man im Kongo sucht, hab ich versucht zu verkaufen."

    Schließlich erkannte er, dass es einen Markt für Kopierdienstleistungen gibt. Seine ersten 10 Kopiermaschinen kaufte er in Deutschland; in gebrauchtem Zustand. Per LKW und Schiff gelangten sie in den Kongo.

    Nach Deutschland war M'Bayo Anfang der 80er Jahre als Student gekommen. An der Universität Trier entwickelte sich ein intensiver Kontakt zu dem BWL-Professor Dieter Sadowski. Den hatte er kennen gelernt, als er mit den ausländischen Studenten des Fachs Weihnachten feierte.

    "Ich habe ihm dann vorgeschlagen, ich würde für alle ausländischen Studierenden kochen. Er fand die Idee wunderbar. So habe ich bei ihm in seinem neuen Haus gekocht und alle waren zufrieden. Wir haben wie in Afrika mit den Fingern gegessen, es war toll."

    Über die Jahre wurde M'Bayos Kontakt zu Sadowski intensiver, und in den 90er Jahren schrieb er bei ihm seine Doktorarbeit. Noch heute stehen die beiden in Kontakt, erzählt Professor Dieter Sadowski.

    "Er bezeichnet das immer noch als ein Verhältnis von Lehrer und Schüler, ich bezeichne es als ein Verhältnis nicht nur von Kollegen, sondern von Freunden. Er ist immer wieder gern hier gesehen, er kommt auch regelmäßig in unser Forschungsinstitut, um neue Vorlesungen - und er muss sehr wechselnde Vorlesungen thematisch halten - vorzubereiten, aber er ist dann auch immer Gast unserer Familie."

    Etwa zweimal im Jahr besucht M'Bayo seine alte Universitätsstadt und kauft dort alle seine Geräte und Ersatzteile von einer Partnerfirma. Mit im Gepäck hat er dann auch immer Bücher, die er seinen Studenten in den Kongo mitbringt. Deren Chancen auf dem kongolesischen Arbeitsmarkt schätzt er allerdings als schwierig ein.

    "Sehr wenige finden Arbeit, also eine Stelle, denn die Wirtschaft hat noch Probleme und nicht jeder hat die nötige Vitamin B, um durch seinen Onkel oder durch seinen Bruder richtig gepusht zu werden. Ja, es gibt solche, die sich auch selbstständig machen, aber es ist noch ein sehr harter Kampf."

    Nach lokalen Maßstäben hat es M'Bayo inzwischen zu Wohlstand gebracht. Er wohnt mit seinen drei Töchtern und seiner Ehefrau im besten Viertel der Stadt.