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Katastrophenschutz
Mehr Antibiotika zur "zivilen Verteidigung"

Die Bundesregierung will den Katastrophenschutz in Deutschland verbessern und überarbeitet laut eines Medienberichts das Konzept "Zivile Verteidigung". So sollen Reserven an Pockenimpfstoffen und Antibiotika nach Bedarf aufgestockt und die Warnsysteme modernisiert werden.

Von Gudula Geuther | 04.08.2016
    Ampullen und Behälter in die Pockenimpfstoff abgefüllt werden kann, aufgenommen im Impfstoffwerk Dessau-Tornau GmbH am 23.10.2003.
    Laut eines Medienberichts sollen die Reserven an Pockenimpfstoffen und Antibiotika aufgestockt werden. (picture-alliance/ dpa/ Andreas Lander)
    Man arbeite an einem neuen Konzept "Zivile Verteidigung", bestätigt das Bundesinnenministerium. Der Sprecher legt allerdings Wert auf die Feststellung: Das sei lange geplant und nicht etwa eine Antwort auf die Anschläge der vergangenen Wochen in Deutschland, Frankreich und Belgien.
    Tatsächlich hat sich seit der letzten ressortübergreifenden Konzeption von 1995 die sicherheitspolitische Gesamtlage verändert – über terroristische Bedrohungen hinaus. Damals ging man nach dem Ende des Kalten Krieges von Entspannung aus. Die Innenminister legten allerdings schon 2007, nach Anschlägen in Europa, ein eigenes Papier nach. Zu den Inhalten des neuen Konzeptes will man sich im zuständigen Innenministerium nicht äußern, die Ressortabstimmung laufe noch.
    Die "Bild-Zeitung" hatte einzelne Punkte herausgegriffen. Darunter Selbstverständlichkeiten. Etwa dass im Verteidigungsfall laut Notstandsverfassung im Grundgesetz einzelne Zuständigkeiten der Länder auf den Bund übergehen. Andere Punkte sind konkreter: So sollen laut dem Bericht Reserven an Pockenimpfstoffen und Antibiotika aufgestockt werden. Städte sollen demnach Trinkwasser für mindestens 14 Tage bereitstellen, wobei pro Bewohner und Tag 15 Liter veranschlagt werden sollen, im Zweifel gereinigt mit Chlortabletten.
    Warnsysteme für die Bevölkerung sollen modernisiert werden
    Darüber hinaus soll das Konzept Handlungsleitfäden enthalten. So sollen etwa im Fall eines Angriffes mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen vor Krankenhäusern sogenannte Dekontaminationsstellen eingerichtet werden. All das ist nicht bestätigt, aber plausibel, es entspricht dem Duktus solcher Konzepte. Modernisiert werden sollen offenbar die Wege, in denen die Bevölkerung vor möglichen Gefahren gewarnt werden soll – neben Radio, Fernsehen und soweit noch vorhanden Sirenen auch übers Internet und per SMS.
    Die Verantwortung für Notunterkünfte und Verpflegungsstellen wird den Ländern zugewiesen. Auch das ist plausibel. Auch in den Fällen, in denen der Bund nach der Notstandsverfassung Kompetenzen übernimmt, bleiben die Länder vielfach für die Ausführung zuständig. Deshalb haben auch die einzelnen Bundesländer entsprechende Pläne. Und wie bisher setzt der Entwurf laut dem Bericht auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Konkret zitiert das Blatt Empfehlungen für die Hausapotheke mit Mundschutz und für Vorräte, unter anderem an Kohle und Holz, Kerzen, Taschenlampen und Batterien. Zur Motivation für das neue Konzept zitiert die "Bild-Zeitung" aus dem Entwurf, wörtlich: "Die wachsende Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur bietet vielfältige Angriffspunkte."
    Der Schutz kritischer Infrastrukturen bereitet den Verantwortlichen seit Längerem Sorge. Das Bundesinnenministerium hat dazu einen sogenannten Nationalen Aktionsplan vorgelegt. Neben Wasser, Energie und Gesundheitsversorgung zählen zu diesen kritischen Infrastrukturen auch etwa Informationstechnik und Telekommunikation. Dabei sieht man in der Bundesregierung Gefahren nicht nur durch kriminelle oder terroristische Anschläge, sondern auch durch Naturkatastrohen und Systemausfälle. Was das "Konzept Zivile Verteidigung" betrifft, so soll das Kabinett es laut "Bild-Zeitung" am 24. August beschließen. Das Innenministerium bestätigt immerhin den geplanten Beschluss "in Kürze".