Dass Medikamente und ihre Wirkstoffe Spuren in der Natur hinterlassen, ist seit Beginn der 90er Jahre eindeutig belegt. Seitdem wird geforscht und werden Richtlinien erlassen; die wichtigste, von der EU erlassene, wurde im Dezember wirksam. Gesetzeskraft haben sie alle nicht, denn noch zu wenig ist bekannt, zu unerforscht ist, was unter welchen Umständen in der Natur aus Arznei wird, sagt Wolf von Tümpling, Leiter Gewässeranalytik im Umweltforschungszentrum Magdeburg:
"Es werden zirka 3000 Wirkstoffe hergestellt. Analytisch sind wir in der Chemie in der Lage, zirka 120 bis 150 Substanzen nachzuweisen, was heißt, dass wir sie im Wasser, im Abwasser bestimmen können, so sie denn drin sind. Im Gegenzug dazu müssen die Untersuchungen ja erst vorliegen, bevor ich überhaupt eine Risikoabschätzung treffen kann","
was bislang erst bei 30 Wirkstoffen, also gerade mal einem Prozent geschehen ist. Zu wenig, um daraus Gesetze gießen zu können, wie es Dr. Tümpling nennt, aber dennoch ein deutliches Signal, dass nicht alle umweltverträglich sind. Prägnantes Beispiel ist Diclofenac, ein Entzündungshemmer und Antirheuma-Mittel. Für Aufsehen sorgte es vor wenigen Jahren in Indien, als ein Massensterben unter Geiern einsetzte. Der Grund: Wenn in Indien die alten, heiligen Kühe Gelenkschmerzen bekommen, wird ihnen Diclofenac in hohen Dosen gespritzt.
""Wenn diese Kühe dann verendet sind, dann werden sie auf bestimmte Plätze gebracht. Sie werden der Natur überlassen, und die Aasgeier haben das Fleisch dann gefressen. Durch die hohen Diclofenac-Konzentrationen wurden die Nieren der Geier so stark geschädigt, dass sie innerhalb von einem Monat verendet sind."
Ein Extremfall, der in Deutschland ausgeschlossen scheint. Spuren im Nanogramm-Bereich je Liter wurden und werden jedoch im Grundwasser, im Mikrogramm-Bereich in Fließgewässern gefunden, denn Diclofenac wird schwer abgebaut. Bei Versuchen in Bayern stellte man fest, dass es auch die Nieren von Fischen schädigen kann, wenn Grenzwerte überschritten sind. Erhöhte Konzentrationen in zwei Fällen wurden auch in Sachsen-Anhalt festgestellt, sagt Stefan Wilhayn vom Gewässerkundlichen Landesdienst. Allerdings betrafen sie nur Bäche und kurze Abschnitte. Sobald das Wasser in Flüsse gelangte, wurde die bedenkliche Konzentration förmlich weggespült - kein Grund mehr für eine Alarmstimmung, auch aus rechtlicher Sicht:
"Da für diese Stoffe noch keine gesetzlichen Regelungen bestehen, gibt es für uns auch keine gesetzliche Grundlage, in irgendeiner Weise Alarm auszulösen. Und es sind auch nicht solche dramatischen Auswirkungen zu erwarten wie beim Sauerstoffmangel, wo ein großes Fischsterben ist in den Gewässern."
Womit Wilhayn Unsicherheiten nicht unter den Tisch kehren will. Im Gegenteil: Seit 2002 werden in Sachsen-Anhalt kontinuierlich Daten in einem Sondermessprogramm gesammelt, das ständig erweitert wird. Hinzu kommen immer neue Forschungsergebnisse, bei Diclofenac zum Beispiel, so Wolf von Tümpling:
"Wir wissen heute, dass Diclofenac unter Sonnenlichteinstrahlung oxidiert werden kann und demzufolge neue, andere organische Stoffe entstehen, die teilweise eine höhere toxikologische Wirkung habe, als das Diclofenac selbst im Wasser."
Was also tun, um mögliche Gefährdungen von Arznei-Wirkstoffen zu vermindern? Zunächst bewusster mit Medikamenten umgehen. Zwei Drittel der Bevölkerung, ergab eine Befragung, bringt mehr oder minder regelmäßig Altmedikamente zurück in die Apotheke pro Jahr 1300 Tonnen. Dort sind sie genau richtig, sagt Frank Luxen vom Kölner Entsorger VFW, der drei Viertel aller deutschen Apotheken und viele große Pharmahersteller erfasst:
"Es ist ja ein System, was einerseits die Rücknahme der Altmedikamente übernimmt, und andererseits auch die Rücknahme der Verpackungen in den Apotheken gewährleistet, die dann dem Wertkreislauf wieder zugefügt werden, so wie es die Verpackungsverordnung auch vorsieht."
Die Kehrseite: Jeder sechste Befragte gab an, dass er Tabletten ab und zu in die Toilette kippt; sogar fast jeder Zweite entsorgt so die flüssige Medizin. Gefordert sind aber alle am Prozess Beteiligten: die Pharmahersteller, um das Umweltrisiko der Wirkstoffe zu senken und am "Green-Label"-Prozess teilzunehmen; die verschreibenden Ärzte und Apotheker; schließlich die Forscher, um Gefährdungen exakter zu bestimmen, Umweltschäden zu entdecken, aber auch durch Medien verbreitete Hysterien vermeiden zu helfen.
"Es werden zirka 3000 Wirkstoffe hergestellt. Analytisch sind wir in der Chemie in der Lage, zirka 120 bis 150 Substanzen nachzuweisen, was heißt, dass wir sie im Wasser, im Abwasser bestimmen können, so sie denn drin sind. Im Gegenzug dazu müssen die Untersuchungen ja erst vorliegen, bevor ich überhaupt eine Risikoabschätzung treffen kann","
was bislang erst bei 30 Wirkstoffen, also gerade mal einem Prozent geschehen ist. Zu wenig, um daraus Gesetze gießen zu können, wie es Dr. Tümpling nennt, aber dennoch ein deutliches Signal, dass nicht alle umweltverträglich sind. Prägnantes Beispiel ist Diclofenac, ein Entzündungshemmer und Antirheuma-Mittel. Für Aufsehen sorgte es vor wenigen Jahren in Indien, als ein Massensterben unter Geiern einsetzte. Der Grund: Wenn in Indien die alten, heiligen Kühe Gelenkschmerzen bekommen, wird ihnen Diclofenac in hohen Dosen gespritzt.
""Wenn diese Kühe dann verendet sind, dann werden sie auf bestimmte Plätze gebracht. Sie werden der Natur überlassen, und die Aasgeier haben das Fleisch dann gefressen. Durch die hohen Diclofenac-Konzentrationen wurden die Nieren der Geier so stark geschädigt, dass sie innerhalb von einem Monat verendet sind."
Ein Extremfall, der in Deutschland ausgeschlossen scheint. Spuren im Nanogramm-Bereich je Liter wurden und werden jedoch im Grundwasser, im Mikrogramm-Bereich in Fließgewässern gefunden, denn Diclofenac wird schwer abgebaut. Bei Versuchen in Bayern stellte man fest, dass es auch die Nieren von Fischen schädigen kann, wenn Grenzwerte überschritten sind. Erhöhte Konzentrationen in zwei Fällen wurden auch in Sachsen-Anhalt festgestellt, sagt Stefan Wilhayn vom Gewässerkundlichen Landesdienst. Allerdings betrafen sie nur Bäche und kurze Abschnitte. Sobald das Wasser in Flüsse gelangte, wurde die bedenkliche Konzentration förmlich weggespült - kein Grund mehr für eine Alarmstimmung, auch aus rechtlicher Sicht:
"Da für diese Stoffe noch keine gesetzlichen Regelungen bestehen, gibt es für uns auch keine gesetzliche Grundlage, in irgendeiner Weise Alarm auszulösen. Und es sind auch nicht solche dramatischen Auswirkungen zu erwarten wie beim Sauerstoffmangel, wo ein großes Fischsterben ist in den Gewässern."
Womit Wilhayn Unsicherheiten nicht unter den Tisch kehren will. Im Gegenteil: Seit 2002 werden in Sachsen-Anhalt kontinuierlich Daten in einem Sondermessprogramm gesammelt, das ständig erweitert wird. Hinzu kommen immer neue Forschungsergebnisse, bei Diclofenac zum Beispiel, so Wolf von Tümpling:
"Wir wissen heute, dass Diclofenac unter Sonnenlichteinstrahlung oxidiert werden kann und demzufolge neue, andere organische Stoffe entstehen, die teilweise eine höhere toxikologische Wirkung habe, als das Diclofenac selbst im Wasser."
Was also tun, um mögliche Gefährdungen von Arznei-Wirkstoffen zu vermindern? Zunächst bewusster mit Medikamenten umgehen. Zwei Drittel der Bevölkerung, ergab eine Befragung, bringt mehr oder minder regelmäßig Altmedikamente zurück in die Apotheke pro Jahr 1300 Tonnen. Dort sind sie genau richtig, sagt Frank Luxen vom Kölner Entsorger VFW, der drei Viertel aller deutschen Apotheken und viele große Pharmahersteller erfasst:
"Es ist ja ein System, was einerseits die Rücknahme der Altmedikamente übernimmt, und andererseits auch die Rücknahme der Verpackungen in den Apotheken gewährleistet, die dann dem Wertkreislauf wieder zugefügt werden, so wie es die Verpackungsverordnung auch vorsieht."
Die Kehrseite: Jeder sechste Befragte gab an, dass er Tabletten ab und zu in die Toilette kippt; sogar fast jeder Zweite entsorgt so die flüssige Medizin. Gefordert sind aber alle am Prozess Beteiligten: die Pharmahersteller, um das Umweltrisiko der Wirkstoffe zu senken und am "Green-Label"-Prozess teilzunehmen; die verschreibenden Ärzte und Apotheker; schließlich die Forscher, um Gefährdungen exakter zu bestimmen, Umweltschäden zu entdecken, aber auch durch Medien verbreitete Hysterien vermeiden zu helfen.