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Klimawandel
Zahl wetterbedingter Naturkatastrophen nimmt zu

Nach einem Bericht der Welt-Meteorologie-Organisation WMO sterben pro Jahr im Schnitt 45.000 Menschen an den Folgen von Hitzewellen, Hochwasser, Wirbelstürmen und anderen Wetterextremen. Und die Zahl der klimabedingten Katastrophen steigt, besonders in Europa.

Von Volker Mrasek | 14.07.2014
    Die Übersicht zeigt am 15.06.2013 die überflutete Ortschaft Fischbeck (Sachsen-Anhalt). Mit einer außergewöhnlichen Sprengaktion soll ein Loch in einem Elbdeich in Sachsen-Anhalt gestopft werden.
    Die Zahl der Wetterkatastrophen nimmt zu, vor allem in Europa ist der Anstieg drastisch. (picture alliance / dpa / Foto: Bundeswehr)
    Dürren, Hitze- und Kältewellen, Extremniederschläge und Überschwemmungen, Wirbelstürme und Tornados. Um solche Wetterkatastrophen geht es im neuen Bericht der Welt-Meteorologie-Organisation WMO. Es ist ein Atlas der Sterblichkeit und ökonomischen Verluste für die letzten vier Jahrzehnte. Daran mitgewirkt hat auch der deutsche Geograf Jochen Luther aus dem Programm für Katastrophenvorsorge der WMO in Genf.
    "In diesem Zeitraum - 1970 bis 2012 - sind also fast 9.000 Katastrophen aufgezeichnet worden. Dadurch sind fast zwei Millionen Tote zu beklagen gewesen."
    Die Schäden durch Extremwetter-Katastrophen in diesen 43 Jahren summieren sich auf über 2,4 Billionen US-Dollar.
    "Wenn man sich die monetären Schäden anschaut, dann ist ganz klar, ja, die sogenannte entwickelte Welt betroffen. Was die Todeszahlen angeht, sind ganz klar die weniger entwickelten Regionen auf der Welt betroffen, insbesondere Afrika, aber auch Südostasien."
    Die mit Abstand meisten Todesopfer - 300.000 - gab es 1970 durch einen Wirbelsturm in Bangladesh. Und 1983 noch einmal durch eine extreme Dürre in Äthiopien. Die größten Schäden verursachten dagegen drei Hurrikanes in den USA. Zum teuersten wurde vor neun Jahren Katrina, als New Orleans im Wasser versank. Knapp 150 Milliarden US-Dollar kostete die Katastrophe.
    Bricht man die Zahlen aus dem neuen WMO-Atlas herunter, dann kann man sagen: Jedes Jahr kommt es weltweit im Schnitt zu 200 Wetterkatastrophen. Sie fordern 45.000 Menschenleben und verschlingen rund 60 Milliarden US-Dollar.
    Mehr klimabedingte Katastrophen
    Wobei die Zahl der Fälle offenbar zunimmt. Die indische Expertin Debby Guha Sapir, Direktorin des Forschungszentrums für die Epidemiologie von Katastrophen an der Universität Löwen in Belgien. Von dort stammen die Daten für den neuen WMO-Atlas.
    "Wenn man Naturkatastrophen unterteilt in geophysikalische und meteorologische, dann kann man sehen: Es gibt einen klaren Trend der Zunahme von wetter- und klimabedingten Katastrophen - während die Zahl von Desastern durch Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis mehr oder weniger gleich geblieben ist.
    Das muss nicht unbedingt heißen, dass Wetterextreme selbst häufiger geworden sind. Nur münden sie immer öfter in eine Katastrophe. Jochen Luther nennt die Gründe:
    "Überall auf der Welt kommt es zu Wertzuwächsen, aber auch zu einer Zunahme der Bevölkerung in gefährdeten Gebieten, insbesondere Küsten oder Flussauen."
    Wirbelstürme und Flutwellen treffen dadurch immer mehr Menschen und Güter. Alarmierend ist der neue WMO-Atlas für Europa. Eigentlich ein Kontinent, der von großen Naturkatastrophen verschont bleibt. Doch das hat sich zuletzt dramatisch geändert. Durch die Hitzewellen 2003 und 2010 in Zentraleuropa beziehungsweise Westrussland, ...
    "... wo dann eben auch in Europa auf einmal die Todeszahlen unglaublich ansteigen."
    Fast 140.000 Menschen starben durch die beiden Hitzewellen, wie es in dem Bericht heißt. Debby Guha Sapir ist deshalb besorgt:
    "Europa könnte ziemlich starke klimatische Veränderungen erleben. Und ich denke, die Bevölkerung ist wirklich nicht gut darauf vorbereitet. Europas Länder sind große Naturkatastrophen einfach nicht gewohnt. Doch jetzt häufen sich auch hier Überschwemmungen und Hitzewellen."
    Wenn sich die Atmosphäre weiter erwärmt, könnte dieser Trend anhalten. Oder sogar noch stärker werden. Dann muss auch Europa mit häufigeren und stärkeren Katastrophen durch Wetterextreme rechnen.