Dienstag, 07. Mai 2024

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Krise in der Ukraine
Milde Töne von Janukowitsch?

Zuerst ließ er Demonstranten vertreiben, jetzt will der ukrainische Präsident Janukowitsch wohl verhandeln. Eine Delegation soll nach Brüssel reisen - und Regierungsgegner könnten freikommen.

10.12.2013
    Nach neuen Ausschreitungen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften in Kiew bemüht sich die ukrainische Regierung offenbar um eine Verhandlungslösung. Präsident Viktor Janukowitsch kündigte an, eine hohe Delegation werde vermutlich schon am Mittwoch zu Beratungen mit der EU-Kommission nach Brüssel reisen. Mit welchem genauen Auftrag und Ziel die Delegation nach Brüssel reisen soll, blieb zunächst offen.
    Die Sicherheitskräfte hatten am Dienstagmorgen Regierungsgegner vor dem Sitz des Präsidenten im Zentrum der Hauptstadt vertrieben. Sie setzten Schlagstöcke ein. Nach Angaben der oppositionellen Freiheitspartei wurden mindestens zehn Demonstranten verletzt. Mehrere von ihnen hätten gebrochene Arme oder Beine, sagte ein Abgeordneter. Nach Angaben der Behörden wurden auch zwei Polizisten verletzt.
    Janukowitsch trifft Amtsvorgänger
    Die Regierungsgegner hatten Barrikaden vor den Parlaments- und Präsidentschaftsgebäuden errichtet, die inzwischen vollständig abgeräumt wurden. Auf dem Unabhängigkeitsplatz harrten am Dienstag noch mehrere Hundert Oppositionsanhänger aus - bei Schneefall und Temperaturen von minus sieben Grad.
    Janukowitsch beriet sich mit seinen Amtsvorgängern Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko. Im Anschluss verurteilte er Aufrufe zur Revolution aus den Reihen der Opposition als "Bedrohung für die nationale Sicherheit". Allerdings signalisierte er auch Milde. So habe er die Staatsanwaltschaft gebeten, einige der in Kiew festgenommenen Demonstranten wieder freizulassen.
    Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch sitzt mit seinen Amtsvorgängern Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko zu Beratungen an einem Tisch.
    Janukowitsch traf sich mit drei Amtsvorgängern. (afp/MOSIENKO)
    Sein Amtsvorgänger Krawtschuk schränkte aber ein, es sei nicht klar, ob der Präsident dies einseitig anordnen könne. Die Freilassung der Demonstranten, die nach den jüngsten Zusammenstößen mit der Polizei festgenommenen worden waren, ist eine der zentralen Forderungen der Opposition.
    Angebote des Präsidenten zu Gesprächen am runden Tisch lehnte Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk kategorisch ab. "Ein runder Tisch passt nicht in eine viereckige Gefängniszelle", sagte er mit Blick auf die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko.
    Janukowitsch hatte die Vorbereitungen für ein lange geplantes Assoziierungsabkommen mit der EU Ende November überraschend gestoppt, und damit die Massenproteste ausgelöst. Die Opposition wirft ihm vor, statt der geforderten Hinwendung zum Westen die Anbindung an Russland einzuleiten. Sie verlangt den Rücktritt der Regierung.
    Ashton vermittelt in Kiew
    Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton reiste zu einer zweitägigen Vermittlungsmission nach Kiew und führte ein mehrstündiges Krisengespräch mit dem ukrainischen Präsidenten. Sie wollte neben Janukowitsch auch Vertreter von Opposition und Zivilgesellschaft treffen. Als Zeichen der Solidarität mit den pro-europäischen Demonstranten in der Ukraine begab sich die EU-Chefdiplomatin später persönlich zum Unabhängigkeitsplatz im Zentrum von Kiew. Auch die amerikanische Vizeaußenministerin Victoria Nuland hält sich in Kiew auf.