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Krisenherd am Golf

Bahrain ist bislang das einzige arabische Land, in dem sich der Volksaufstand gegen einen König richtet. Ein erster Monarchensturz in der Region wäre auch eine direkte Bedrohung für den saudischen König, den Sultan von Oman oder den Emir von Kuwait. Saudiarabische Truppen sollen helfen, das zu verhindern.

Von Esther Saoub | 19.03.2011
    Ein Déjà-vu in der bahrainischen Hauptstadt Manama: Weil die Polizei die Straßen kontrolliert, steigen die Demonstranten auf die Dächer: Allahu akbar, Gott ist groß, rufen sie in den Abendhimmel. Das hatten wir doch schon mal? Genau, in Teheran. Als auch dort die Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen wurde - von dem Präsidenten übrigens, der jetzt dem König von Bahrain vorwirft, das Gleiche zu tun.

    Aber der Reihe nach: In Bahrain demonstriert eine überwiegend schiitische Bevölkerung gegen die Autokratie eines sunnitischen Königs. Der hat eine Weile zugeschaut, halb gare Kompromisse angeboten, und dann doch zugeschlagen - unterstützt von 1000 Soldaten aus dem sunnitischen Nachbarstaat Saudi-Arabien. Auch dort hat es erste Demonstrationsversuche gegeben, auch dort verlangt das Volk mehr Rechte, und auch dort sind es die Schiiten, die sich am lautesten äußern. Ungefähr 10 Prozent der Saudis gehören dem schiitischen Islam an, das Königshaus dagegen folgt einer besonders strengen Auslegung des sunnitischen Islams. Und: Die saudischen Schiiten leben im Osten des Landes, nur eine Brücke trennt sie vom Nachbarland Bahrain. Das viel zitierte Überspringen des Revolutionsfunkens ist hier also fast physisch möglich.

    Keine verlockende Vorstellung für den saudischen König. Deshalb ließ er von vornherein jede Demonstration verbieten. Die Polizei hat die wenigen Mutigen, die sich letzte Woche doch auf die Straße wagten, mit Gewalt auseinander getrieben. Deshalb auch haben die Saudis keinen Augenblick gezögert, als Bahrain sie um Militärhilfe bat. Die Panzer, die vor einer Woche über besagte Brücke nach Manama gefahren sind, schützen nur auf den ersten Blick den König von Bahrain: Im Grunde schützen sie seinen saudischen Amtskollegen und damit letztlich die sunnitische Vorherrschaft am Persischen Golf. Denn seit im Irak die schiitische Mehrheit auch die Regierung dominiert, wird die viel zitierte iranische Bedrohung für den Nahen Osten konkreter. Eine schiitische Regierungsbeteiligung in Bahrain oder gar ein Sturz des Königshauses erschüttern auch die Macht der Saudis.

    Aber es geht nicht nur um Konfessionen: Bahrain ist bislang das einzige arabische Land, in dem sich der Volksaufstand nicht gegen einen Präsidenten oder Revolutionsführer richtet, sondern gegen einen König. Die internationale Gemeinschaft hat sich im Falle der arabischen Monarchien längst nicht so eindeutig auf die Seite des aufbegehrenden Volkes gestellt, wie in den Präsidialdiktaturen. Eine amerikanische Analyse geht sogar davon aus, dass arabische Könige - anders als Präsidenten - einer Revolution standhalten. Wenn die Demonstranten in Bahrain sich also durchsetzen würden, wäre das der erste Monarchensturz in der Region. Eine direkte Bedrohung für den saudischen König genauso wie für den Sultan von Oman oder den Emir von Kuwait.

    Wenn sich also der Golfkooperationsrat mit Militärgewalt an die Seite des Königs von Bahrain stellt, verteidigt er die sunnitischen Monarchien gegen das schiitische Ausland und die Demokraten in der eigenen Bevölkerung.