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LeFloid im Kanzleramt
Harmlos wie beim CDU-Ortsverein

Gerhard Schröder soll mal gesagt haben, zum Regieren brauche man "Bild, BamS und die Glotze“. Angela Merkel und ihre Berater sind da weiter. Die Kanzlerin hat dem Youtube-Star LeFloid Rede und Antwort gestanden. Ein Kuschelinterview.

Von Marco Bertolaso | 13.07.2015
    Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit Florian Mundt alias LeFloid am Freitag, 10.07.2015, im Bundeskanzleramt.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit Florian Mundt alias LeFloid am Freitag, 10.07.2015, im Bundeskanzleramt. (Steffen Kugler, dpa picture-alliance)
    Florian Mundt, 27, ist unter seinem Künstlernamen LeFloid einer der Könige der deutschsprachigen Youtuber. Jetzt war er zu Gast bei der Bundeskanzlerin, der vermutlich momentan mächtigsten Politikerin in Europa. Es war also ein Gipfeltreffen. Dementsprechend groß wurde für das Interview auch schon seit Tagen die Werbetrommel gerührt. Das Ergebnis blieb allerdings eher mau. Aber der Reihe nach.
    LeFloid zahm und ohne Nachfragen
    LeFloid erkannte man kaum wieder. Das Schwert aus seinen Videos hat er nicht mitgebracht. Vermutlich hatte man es ihm an der Pforte des Kanzleramtes abgenommen. Doch auch inhaltlich-sprachlich war er ziemlich zahm. Gut, er hatte versprochen, vor allem Fragen aus dem Netz zu beantworten, eingesammelt mit dem hashtag #NetzFragtMerkel. Seine Chance wären zumindest das Nachhaken gewesen. Aber da kam nicht viel.
    Pluspunkt für LeFloid: immerhin hat er es in die Regierungszentrale geschafft. Er hat vielleicht einen gewissen Beitrag zur Begegnung von Politik und Jugend geleistet und in jedem Fall seinen Bekanntheitsgrad gesteigert. Ob das Gespräch seinem Ruf im Netz förderlich ist, da sind Fragezeichen erlaubt.
    Kanzlerin verweist auf Bürgerdialog

    Die Kanzlerin ließ direkt in der ersten Antwort erkennen: Der Auftritt passt ihr ins Konzept. Denn die Bundesregierung hat eine neue Kampagne gestartet. "Gut leben in Deutschland" heißt das Ganze. Ist das schon die Vorbereitung des nächsten Wahlkampfes? Na, vielleicht muss man ja nicht immer direkt zynisch sein. Denn es kann nicht schaden, wenn sich eine Regierung mit Fragen nach der Zufriedenheit der Menschen jenseits des Bruttosozialproduktes beschäftigt oder mit der Bedeutung der Freizeit für das Glück. Mal sehen also, was daraus wird.
    Für Angela Merkel waren die 30 Minuten ziemlich gut investiert. Sie konnte sich einem jüngeren Publikum präsentieren und hat das Gespräch nach einer leichten Anfangsnervosität voll im Griff gehabt. Wie gesagt, war ja auch nicht schwer. Außerdem zeigt sie sich von dem einstigen Fauxpas mit dem Internet als "Neuland" bestens erholt und verweist inzwischen locker auf ihre Seite bei Instagram.

    Worum ging es eigentlich?

    Ach ja, worum ging es eigentlich inhaltlich? Das können wir kurz machen. Keine Diskriminierung Homosexueller, aber Ehe nur für Mann und Frau. TTIP ist gar nicht so schlecht. Nachhaltigkeit ist wichtig. Die Sorge, dass das Internet die Menschen dazu verleitet, alle negativen Gefühle anonym rauszulassen. (Ein aus Sicht von Social-Media-Redakteuren starker Moment der Kanzlerin.)
    Und schlagfertig war Angela Merkel auch. LeFloid wollte wissen, ob sie Edward Snowden nicht anders beurteilen würde, wenn er russische statt amerikanischer Geheimnisse verraten hätte. Die Kanzlerin konterte, wie viele russische Whistleblower es denn wohl gebe und ob das da für die nicht gefährlicher sei als in den USA.
    Gut gemeint, aber nicht die Zukunft des politischen Journalismus
    Fazit: Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Wohl verstanden: Gut gemeint ist immerhin auch etwas. Aber die Zukunft des politischen Journalismus kann das nicht sein. Da kommt ganz sicher noch mehr aus dem Netz und von den sozialen Medien, vielleicht ja auch von LeFloid.

    Das Gespräch war vor allem eines: Es war viel zu lang. Am Mittwoch diskutiert Angela Merkel mit Schülern in Rostock. Das könnte lebendiger werden.