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Lehren lernen

Vorlesungen und Seminare kennen viele Nachwuchswissenschaftler nur aus dem eigenen Studentenleben. Wenn sie selbst unterrichten müssen, werden sie oft einfach ins kalte Wasser geworfen. An der Uni Dortmund haben 60 junge Forscher am Programm "Start in die Lehre" teilgenommen um Moderation, Didaktik und Prüfen zu lernen.

Von Florian Peter | 28.09.2006
    Auch wenn die Zubereitung des perfekten Rühreis eher selten in Hochschul-Prüfungen abgefragt wird, erfüllt die gespielte Szene doch für Spieler und Zuschauer an diesem Tag ihren Zweck: Die Nachwuchswissenschaftler lernen im Workshop "Mündliche Prüfungen - Vorbereitung und Durchführung" verschiedene Prüfungsmethoden und vor allem ihr eigenes Verhalten in Prüfungen kennen. Seminarleiter Hans-Jürgen Friedrich von der Uni Lübeck.

    "Das Ziel ist, Stoff zu finden für eine Reflektion: Welche Haltung und Verhaltensweisen produzieren denn die Adepten der jungen Wissenschaft und wenden sie an, die sie selber sozusagen erlebt haben? So dass man sich also mal bewusst wird: Halt, wie prüfe ich denn selber? Was habe ich denn gelernt? Was mache ich denn hier? Und diese Selbsterkenntnis ist eigentlich das Ziel der Übung. Nicht unbedingt Tipps und Tricks und dergleichen mehr."

    Insgesamt 14 Workshops zu den unterschiedlichsten Themen wie beispielsweise "Moderation in der Lehre", "Lernen und Lernstrategien" oder auch zu Textarbeit und Referaten werden in diesen drei Tagen in Dortmund angeboten. Viele der rund 60 Teilnehmer des Programms "Start in die Lehre" haben zwar schon erste Lehrerfahrung gesammelt, eine wirklich fundierte Ausbildung in diesem Bereich haben aber die wenigsten, erklärt Alexander Baar vom Fachbereich Maschinenbau der Uni Dortmund. Er hält seine Vorlesungen und Seminare wie sein Professor.

    "Mein Wissen basiert da nur auf Imitationslernen und insofern will ich den fachlichen Background da jetzt schaffen und mir neue Anregungen holen, wie ich quasi gewisse Sachen, die ich mir bei ihm abgeschaut habe, dort für mich aber noch mal methodisch umsetzen kann."

    Wichtig ist den Initiatoren von "Start in die Lehre" dabei seit der Erstveranstaltung 1995 vor allem eins: Dass die Teilnehmer auch mal über ihre alltäglichen Probleme in der Lehre sprechen und nicht, wie im Normalfall, nur über ihre Forschungsarbeit untereinander diskutieren.

    Die Probleme in der Lehre gibt es besonders in der Zusammenarbeit mit den Studierenden: Referate werden nicht entsprechend umgesetzt, bei mündlichen Prüfungen sind die Kandidaten schlecht vorbereitet oder die Studierenden sind gehen schon von vorneherein völlig unmotiviert in ein Seminar oder eine Vorlesung eines Neuwissenschaftlers, sagt Maschinenbauer Alexander Baar.

    "Teilweise haben wir auch damit zu kämpfen, dass wir die Leute erstmal überzeugen müssen, anders mit unseren Veranstaltungen überhaupt umzugehen. Die Erwartungshaltung ist ganz einfach folgende: Die gehen in die Vorlesung rein und erwarten schon, dass sie es nicht komplett verstehen und komplett die Inhalte durchdringen."

    Und weil solche Probleme bei "Start in die Lehre" angesprochen, diskutiert und immer wieder durchgespielt werden, ist das Programm seit Jahren ein bundesweiter Erfolg. Interessanterweise ist eine solche Einführung in die Lehre nur in Bayern und Baden-Württemberg Pflicht oder zumindest erwünscht, anderswo werden die Neu-Lehrenden einfach ins kalte Wasser geworfen und müssen ihre ersten Veranstaltungen nach dem Motto "Learning by doing" halten.

    Eine bundesweite Verpflichtung zum Besuch eines Programms wie "Start in die Lehre" hält man aber auch in Dortmund für falsch, erklärt Sigrid Dany vom hochschuldidaktischen Zentrum der Universität.

    "Denn nur, dass jemand viele Kurse besucht, heißt ja nicht, das er gute Lehre macht. Oder wenn man sehr stark auf Evaluation achtet, wenn alles evaluiert wird - das ist auch nicht gesagt, dass die Leute dann Hochschuldidaktik-Kurse besuchen, mit der Motivation gute Lehre zu machen. Sie wollen vor allem hinterher gut dastehen. Aber das ist ja nicht dasselbe."

    Für Alexander Baar hat sich der Besuch von "Start in die Lehre" auf jeden Fall gelohnt - auch wenn einige Veranstaltungen nicht unbedingt zu seinem Fachgebiet gepasst haben. Der Maschinenbauer kann sich vorstellen, weitere Didaktik-Veranstaltungen zu besuchen.