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Licht statt Materie

Physik. - Quanteneffekte haben große praktische Bedeutung. CD-Laser wie LED-Lampe zum Beispiel gehorchen den Gesetzen der Quantentheorie. Die aber ist nicht sehr vorhersagefreudig, man muss schon experimentieren, probieren, um neue Effekte ausfindig machen und alte optimieren zu können. Da sind neue Werkzeuge hilfreich, mit denen sich Wege durch die große Zahl der Möglichkeiten erkunden lassen. Ein solches Werkzeug wurde jetzt in "Science" vorgestellt.

Von Mathias Schulenburg | 05.12.2008
    Die jetzt in "Science" veröffentlichte Arbeit ist das Ergebnis der Zusammenarbeit dreier Arbeitsgruppen aus Jülich, Mainz und Köln. An der Mainzer Universität wurden die Experimente gemacht, am Forschungszentrum Jülich und der Universität Köln die Theorie dazu rechnerisch erprobt. Die Mainzer Arbeitsgruppe, sagt Achim Rosch, Professor am Institut für Theoretische Physik der Universität Köln, leiteten Laserstrahlen auf einen Spiegel...

    "...und dann bildet sich eine stehende Welle davor und in dieser stehenden Welle werden dann eben Atome eingefangen. Und die Pointe ist dann eben, dass wir damit eine Situation nachbilden können, wie sie eben in Festkörpern vorherrscht, nämlich dort bilden die Atome das Gitter, und jetzt bildet Licht das Gitter und in diesem Gitter bewegen sich jetzt in diesen neuen Experimenten die Atome von Gitterplatz zu Gitterplatz während im Festkörper eben die Elektronen von Gitterplatz zu Gitterplatz hüpfen. Und so kann man eben mit einem System das andere System auch modellieren."

    Einst eine Idee des legendären amerikanischen Physikers Richard Feynman: Mit einem leichter zugänglichen Quantensystem ein schwerer fassbares zu simulieren. Die reale Welt legt der Wissenschaft generell viele Hemmnisse in den Weg, bei Kristallen etwa Baufehler, Verunreinigungen, Schwierigkeiten bei der Herstellung, sich überlagernde Effekte. Die Kunstkristalle aus ultrakalten Kalium-Atomen im Lichtgitter lassen sich als einfachere Untersuchungsobjekte präparieren. Rosch:

    "Diese ganzen Komplikationen, die tauchen eben in diesen künstlich gemachten Kristallen nicht auf und, was noch wichtiger ist, man kann diese Systeme jetzt viel besser manipulieren. Wenn ich einen neuen Festkörper herstellen will, dann muss ich einen neuen Kristall züchten, das ist Arbeit von Monaten und Jahren, und hier kann ich eben meine Laserintensität ein kleines bisschen ändern und völlig andere ‚Materialeigenschaften‘ haben, ein völlig neues Regime untersuchen. Das heißt, die Stärke dieser neuen Systeme ist, dass man sie viel besser manipulieren kann und so gezielt die Sachen untersuchen kann, die einen interessieren."

    Das sind zum Beispiel die tieferen Ursachen der Hochtemperatur-Supraleitung, die – wenn man sie kennen würde – in Richtung Raumtemperatur getrieben werden könnte. Rosch:

    "Unser Problem ist, wir verstehen das im Moment noch nicht, wie genau diese Hochtemperatur-Supraleitung funktioniert, und eines der Ziele dieses Forschungsgebietes ist, da mehr Verständnis zu bekommen indem man eben diese Hochtemperatur-Supraleiter simuliert mit diesen kalten Atomsystemen."

    Untersucht wurde der Übergang des Lichtfallenkristalls von einem Leiter zu einem sogenannten Mott-Isolator, zu dessen möglichen technischen Anwendungen Immanuel Bloch, Professor und Leiter der experimentellen Arbeiten an der Universität Mainz, Quantencomputerelemente und präzisere Messtechniken zählt. Zu aller Zufriedenheit stimmten die mit einem Supercomputer am Forschungszentrum Jülich gemachten theoretischen Rechnungen ausgezeichnet mit den experimentellen Ergebnissen überein.