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Luftfrachtkontrolle
"Unser Gerät ist eines der drei besten weltweit"

Das spanische Unternehmen Sedet hat einen neuartigen Sprengstoffschnüffler für Flughäfen entwickelt. Bislang gebe es aber noch keine EU-Zulassung für das Gerät, weil es so neu sei, sagte der Physiker und Sedet-Gründer Gonzalo Fernandez de la Mora im DLF. Ende 2017 sollen neue EU-Prüfvorschriften formuliert sein.

Fernandez de la Mora im Gespräch mit Ralf Krauter | 02.01.2017
    Ein ausgebildeter Polizeihund sucht Räumlichkeiten im Plenarsaal im Thüringer Landtag in Erfurt ab.
    Spürhunde könnten mit dem neuartigen Sprengstoffschnüffler bald ersetzt werden, denn das Gerät misst die Sprengstoffmoleküle in der Luft. (imago / Bild13)
    Gonzalo Fernandez de la Mora: Wir glauben, die Detektion von Spurengasen ist die mit Abstand beste Methode, um Sprengsätze in Luftfrachtpaketen aufzuspüren. Denn mit dieser Methode lassen sich Sprengstoffe viel schneller und kostengünstiger nachweisen als mit der heute üblichen Röntgentechnik. Wir denken deshalb, dass Sprengstoffschnüffler wie der von uns entwickelte in vier, fünf Jahren die am weitesten verbreitete Technologie beim Frachtscreening sein werden.
    Ralf Krauter: Was sind die Hauptkomponenten des Sprengstoffdetektors, den Sie entwickelt haben?
    Fernandez de la Mora: Er besteht im wesentlichen aus zwei Teilen. Ein mobiles Proben-Namesystem saugt über einen Schlauch Luft aus einem Frachtgebinde oder Container und reichert die Spurengase darin in einem Filter an. Diese Filterkartusche wird dann in ein schrankgroßes Analysegerät gesteckt und dort untersucht. Das prinzipielle Vorgehen ähnelt dem am Pariser Flughafen Charles de Gaulle. Dort wird Luft aus dem Laderaum von LKWs durch einen Filter gesaugt. Und dieser Filter wird dann zu Spürhunden gebracht, die daran schnüffeln. Der Vorteil: Die Spürhunde müssen nicht in die Frachthalle, um Sprengstoffe aufzuspüren.
    "Man braucht also in der Tat ein sehr empfindliches Nachweisverfahren"
    Krauter: Und sie wollen die Hundenasen jetzt durch einen Detektor ersetzen, der nicht alle halbe Stunde eine Pause braucht, sondern rund um die Uhr schnüffeln kann?
    Fernandez de la Mora: Genau. Das ist die Idee.
    Krauter: Dazu muss man Sprengstoffmoleküle in der Luft aber sehr genau nachweisen können. Welches Messprinzip verwenden sie dazu?
    Fernandez de la Mora: Explosive Substanzen zu detektieren ist sehr schwierig, weil es Sprengstoffe gibt, die einen extrem niedrigen Dampfdruck haben. Das heißt: Sie sind kaum zu riechen, weil sie nur ganz wenige Moleküle ausdünsten. Man braucht also in der Tat ein sehr empfindliches Nachweisverfahren. Wir kombinieren deshalb zwei bewährte Technologien. Die Massenspektrometrie und die Mobilitätsanalyse. Beide zusammen machen die Messung so sensitiv, wie für das Luftfracht-Screening nötig.
    Krauter: Wie hoch ist die Empfindlichkeit?
    Fernandez de la Mora: Vereinfacht gesagt sind wir in der Lage, ein einziges Sprengstoffmolekül unter 100 Billiarden anderen Molekülen nachzuweisen.
    "Noch keine EU-Zulassungsvorschriften für solche Geräte"
    Krauter: Das klingt beeindruckend. Aber wenn man so genau hinschaut, detektiert man neben Sprengstoffen sicher auch jede Menge anderer Substanzen. Wie verhindern sie, dass die Fehlalarme auslösen?
    Fernandez de la Mora: Je höher die Sensitivität, desto mehr unerwünschte Moleküle detektiert man, da haben Sie völlig recht. Um die nötige Selektivität zu erreichen, schalten wir fünf Filterstufen hintereinander. Erstens: In dem Filtermaterial, das wir verwenden, reichern sich primär Explosivstoffe an. Zweitens: Die Reihenfolge, in der die im Filter gefangenen Moleküle im Analysator wieder freigesetzt werden, ist ebenfalls selektiv. Anschließend messen wir die Mobilität der Moleküle und bestimmen im Massenspektrometer ihre Masse und ihre atomaren Bestandteile. Die Kombination dieser fünf Selektionsmechanismen liefert eine hohe Trennschärfe.
    Krauter: Was ist der aktuelle Stand der Entwicklung?
    Fernandez de la Mora: Die Entwicklung unsers Air-Cargo-Explosive-Screeners, kurz Aces, ist abgeschlossen. Doch die Zulassung scheitert bislang daran, dass in der EU noch keine Zulassungsvorschriften für solche Geräte existieren, weil sie so neu sind. Die europäische Organisation für die zivile Luftfahrt hat eine Arbeitsgruppe beauftragt, entsprechende Prüfkriterien festzulegen, aber noch liegen die nicht vor.
    Krauter: Aber ihr Detektor ist einsatzbereit und funktioniert wie erhofft?
    Fernandez de la Mora: Ja. Er funktioniert - und sogar besser als erwartet. Er ist empfindlicher als Spürhunde und kann winzige Spuren aller Sprengstoffe aufspüren, die Europas Sicherheitsbehörden für relevant halten.
    Krauter: Wo und wie haben Sie das getestet?
    Fernandez de la Mora: Wir haben die Geräte an verschiedenen Flug- und Seehäfen getestet. Auch die wichtigsten Behörden, die in Europa für die Zertifizierung von Sprengstoffdetektoren zuständig sind, haben sich bereits ein Bild gemacht: in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Die deutsche Bundespolizei zum Beispiel betreibt ein Testzentrum, wo wir zweimal waren.
    EU-Prüfvorschriften sollen bis Ende 2017 formuliert sein
    Krauter: Sie haben also die Bestätigung von unabhängiger Seite, dass ihr Detektor funktioniert und beim Sprengstoff-Screening von Luftfracht von Vorteil wäre?
    Fernandez de la Mora: Eine offizielle Bestätigung haben wir noch nicht, weil alle bisherigen Tests informell waren. Für offizielle Tests bräuchte man klar definierte Prüfprotokolle. Und wie gesagt: Die existieren noch nicht.
    Krauter: Was schätzen Sie, wie lange es noch dauert, bis diese technischen Vorschriften formuliert sind und Sie Flughäfen Ihr Gerät verkaufen könnten?
    Fernandez de la Mora: Da kann ich nur spekulieren, denn da geht’s um bürokratische Prozesse, die dauern können. Aktuell sieht es so aus, als sollten die Prüfvorschriften bis Ende 2017 formuliert sein. Und wir hoffen, dass unser Spurengasdetektor sechs Monate später eine offizielle Zulassung für das Luftfracht-Screening bekommt.
    Krauter: Haben Sie irgendwelche Konkurrenten in diesem Bereich?
    Fernandez de la Mora: Das US-Heimatschutzministerium hat im vergangenen Sommer verschiedene Spurengasdetektoren für Sprengstoffe getestet. Sie wählten die drei besten Geräte auf der Welt aus und prüften, wie leistungsfähig sie sind. Eines dieser drei Geräte war unseres. Da die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht wurden, kann ich derzeit nur sagen: Unser Gerät ist eines der drei besten weltweit.
    Das Interview können Sie hier in Kürze im englischen Original nachhören.