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MAP-Bakterium gibt immer noch Rätsel auf

Die Paratuberkulose oder Johne'schen Krankheit ist eine meldepflichtige Tiererkrankung, die durch ein Bakterium ausgelöst wird. Das Bakterium steht im Verdacht, eine ähnlich verlaufende Krankheit beim Menschen hervorzurufen: Morbus Crohn. Deshalb befassen sich im Forschungsverbund ZooMAP Human- und Tiermediziner mit der Paratuberkulose.

Von Michael Engel | 13.03.2013
    Paratuberkulose ist meldepflichtig. Betroffene Tiere müssen dann getötet werden. Doch immer wieder kommt es vor, dass die Johne'sche Krankheit zu spät entdeckt wird. 0,1 Prozent der Kühe hierzulande gelten als infiziert. Nicht nur im Kot der betroffenen Tiere ist das auslösende Mycobacterium avium paratuberculosis - kurz MAP - enthalten, sagt Professor Gerald Gerlach von der Gesellschaft für Innovative Veterinärdiagnostik Hannover. Der Erreger gelangt dann auch in die menschliche Nahrung.

    "Beschrieben sind als mögliche Quellen Milchprodukte und Milch. Diskutiert wird weiterhin Fleisch als Ursache, insbesondere minced beef - also das zerkleinerte Fleisch -, weil in das zerkleinerte Fleisch auch Lymphknoten mit einfließen und diese Lymphknoten in Vergleich zum Muskelgewebe besonders hoch belastet sind. Eine dritte mögliche Quelle sind Gemüsesorten, die mit Rindergülle gedüngt werden und wenn das Gemüse nicht ausreichend gewaschen wurde."

    Kann das Bakterium auch für Menschen gefährlich werden? Das war die zentrale Frage des Forschungsverbundes. Rein statistisch gesehen gibt es einen alarmierenden Zusammenhang: Je mehr Burger konsumiert werden und je mehr Milch getrunken wird, desto höher ist auch die Zahl der Neuerkrankungen bei Morbus Crohn. Zudem ähneln sich die Darmerkrankungen bei Mensch und Tier. Ein wissenschaftlicher Beweis ist dies allerdings nicht. Bei nur neun Prozent der Morbus-Crohn-Patienten in Deutschland wurde der Erreger gefunden. Ob das Bakterium einfach nur zur menschlichen Darmflora gehört - keinen Schaden anrichtet - oder aber die Darmwand infiziert hat, ist überdies unklar. Im Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung entschied man sich deshalb für ein besonderes Experiment, über das Professor Siegfried Weiss berichtet:

    "Eine Maus ist eigentlich relativ resistent gegen Durchfall. Jetzt gibt es in der Maus tatsächlich Systeme, wo man durch Verabreichung von Chemikalien eine entzündliche Darmkrankheit in der Maus induzieren kann. Und wenn wir jetzt diese Mäuse infizieren mit Mycobacterium paratuberculosis, dann kriegen wir tatsächlich Symptome, die man auch bei Morbus Crohn bekommt."

    Gesunde Mäuse hingegen wurden nicht krank. Professor Siegfried Weiss geht deshalb davon aus, dass MAP wohl auch gesunden Menschen nicht schaden kann. Tatsächlich gibt es viele Personen, bei denen Erreger nachgewiesen wurden, die aber dennoch nicht erkranken. Bei einer entzündlichen Vorerkrankung indes kann der Erreger viel leichter in die "aufgeriebene" Darmwand eindringen und als verstärkender Faktor im Krankheitsgeschehen wirken, so der Experte aus Braunschweig. Mykobakterien im Darm von Morbus-Crohn-Patienten sollten mit Antibiotika bekämpft werden, fordert Professor Elke Roeb, Gastroenterologin im Zentrum für Innere Medizin der Uni Gießen.
    "Also, wenn in Deutschland ein Crohn-Patient mit MAP infiziert ist, sollte man ihn behandeln, auf jeden Fall. Aber zuerst testen, und dann die entsprechende Behandlung durchführen, weil die Untersuchung auf MAP-Bakterien im Stuhl erfolgen kann, also relativ einfach und nicht invasiv für den Patienten, sodass im Prinzip auch jeder Hausarzt diese Untersuchung durchführen kann. Aufklärungsbedarf besteht auf jeden Fall noch, aber ich hoffe auch, dass durch unser Konsortium und durch die BMBF-Studien die Bevölkerung aufmerksam geworden ist und insbesondere auch die Crohn betroffenen Patienten."

    Positive Nachrichten für die Verbraucher: MAP-Erreger in Nahrungsmitteln sind - zumindest in Deutschland - eher selten, und wenn, dann in sehr geringer Konzentration. In der Säuglingsnahrung aus dem deutschen Handel konnten keine MAP-Zellen nachgewiesen werden. Durch die Pasteurisierung der Milch werden immerhin 99 Prozent der Erreger getötet. Noch einmal Professor Gerlach aus Hannover:

    "Aus diesen Arbeiten hat sich aber auch ergeben, und das ist wichtig für die Politik, dass keine Gefahr einer breiten Volkserkrankung besteht. Es hat sich aber der Verdacht erhärtet, dass einige wenige Personen, die eine Grunderkrankung haben, eine Verschlimmerung ihres Krankheitsbildes erleben können, wenn sie eine größere Zahl dieser Paratuberkuloseerreger aufnehmen."