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Maria Antiqua

Wir befinden uns hier in Räumlichkeiten aus der Zeit Kaiser Domitians aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Hier haben sich Mönche aus Griechenland niedergelassen, eine Kirche eingerichtet, in der die Muttergottes Maria verehrt wurde. Sie malten diese Kirche aus und das Fantastische daran ist, dass diese Malereien zum großen Teil erhalten geblieben sind.

Von Thomas Migge | 23.04.2004
    Und das, erklärt Architekt Giuseppe Morganti, obwohl sie rund 1.500 Jahre alt sind. Morganti ist Leiter des Projekts zur Rettung der Kirche Santa Maria Antiqua. Ein selbst Römern unbekanntes Gotteshaus - obwohl es mitten in Rom liegt. Täglich laufen tausende von Touristen an dem Gebäude vorbei, denn es steht auf dem Forum Romanum, direkt unterhalb des Palatinhügels. Ein unscheinbares Gebäude - ohne Glockenturm und hohes Eingangsportal. 1900 wurde Santa Maria Antiqua entdeckt, teilweise restauriert, verschlossen und vergessen. Erst im Jahr 2002 begann die römische Altertümerbehörde sich für diese Kirche, eine der ältesten Roms, zu interessieren. Beschlossen wurde die Restaurierung des antiken Bauwerks und die Rettung der 250 Quadratmeter großen Wandbilder, die zu den schönsten der ewigen Stadt gehören. Giuseppe Morganti:

    Zwischen dem 6. und dem 9. Jahrhundert wurde die Kirche ausgemalt. Mehrere Päpste beauftragten Maler mit Freskenbildern, die alle übereinander gemalt wurden. Santa Maria Antiqua war eines der freskenreichsten Gebäude der Tiberstadt und wurde hoch verehrt. Bis zu jenem verheerenden Erdbeben Mitte des 9. Jahrhunderts.

    Im Jahr 847, so belegen zeitgenössische Dokumente, begrub das Erdreich des Palatinhügels Santa Maria Antiqua unter sich. Die Kirche wurde vergessen. Das Forum Romanum wurde zu einer Weide, auf der Kühe grasten. 1702 entdeckten Bauarbeiter auf der Suche nach antiken Säulen, die zum Bau barocker Paläste wiederverwertet werden sollten, die bemalte Apsis der Kirche. Doch frühmittelalterliche Kunst interessierte die Päpste nicht und das Erdloch wurde deshalb wieder zugeschüttet. Im Jahr 1900 begannen Archäologen mit den Grabungsarbeiten. Sie legten die Kirche frei und restaurierten sie notdürftig. Die damaligen Restaurierungstechniken erlaubten keine umfassende Säuberung der jahrhundertelang unter Erdreich begrabenen Wandbilder und so gaben die Archäologen schließlich auf. Die Kirche wurde mit einem kiloschweren Stahlschloss abgeriegelt und erneut vergessen. Werner Schmid ist einer der Restauratoren, die seit 2002 die Freskenschätze der Santa Maria Antiqua zu retten versuchen:

    Einige der Wandbilder sind arg beschädigt, andere sind fast komplett erhalten geblieben, wie das Palinsesto, eine Gruppe von Bildern, die in fünf Schichten übereinander liegen. Das größte Problem der Fresken ist der Umstand, dass sie sich von den Wänden lösen und abzustürzen drohen. Wir befestigen sie jetzt wieder an den Fundamenten.

    Eine Herkulesaufgabe, die vom World Monument Fund mit Sitz in Paris finanziell und technisch mitunterstützt wird. Andrea Baldioli vom Fund ist vor Ort in Rom tätig:

    Der Zustand dieser Kirche ist so dramatisch, dass wir sie in unsere Liste der bedrohten Weltkulturgüter aufgenommen haben. Wegen der einzigartigen Kunst, die sich in diesem Gotteshaus befindet, einer der komplettesten Freskenzyklen des Frühchristentums, haben wir uns entschieden, bei den Restaurierungsarbeiten mit dabei zu sein.

    Die Wandbilder der Basilianermönche zeigen Darstellungen im frühchristlich-byzantinischen Stil. Die Ordensleute waren aus Griechenland nach Rom geflohen, weil in ihrer Heimat ikonoklastische Geistliche sämtliche Gottesdarstellungen und Bildern von Christus und Maria zerstörten. In Rom, unter dem Schutz der Päpste, begannen sie das ihnen überschriebene Gebäude, das einmal zur Kaserne der Soldaten des Kaisers Domitian gehört hatte, auszumalen.

    Fast alle frühmittelalterliche Kunst wurde im Rom der Barockpäpste zerstört, um Neubauten Platz zu machen: so kommt den Wandbildern in der Kirche Santa Maria Antiqua eine besonders große Bedeutung zu. Auf einem der Fresken ist eine gut erhaltene Darstellung der Muttergottes Maria zu sehen, die als Himmelskönigin auf einem Thron sitzend zu sehen ist. Engel umgeben sie wie ein Hofstaat. Die Gesichtszüge der Engel und der Maria sind streng - ganz im Stil der damaligen Epoche. Das Goldpulver im gemalten Kleidungsstoff der Jesusmutter leuchtet noch heute - nach eineinhalb Jahrtausenden. Andere Bilder, so die Kunsthistorikerin Maria Andaloro, zeigen biblische Szenen und Darstellungen aus dem Leben der ersten Päpste:

    Die Fresken stammen aus einer Zeit, als die Stadt von den Goten beherrscht wurde, von den Byzantinern und schließlich von Karl dem Grossen. Sie sind ein Triumph der griechischen, also der byzantinischen Kunst in Rom.