Samstag, 20. April 2024

Archiv

Medienpolitik
Die Lizenz zum Zocken?

Live Computerspiele streamen - das ist das Geschäftsmodell vieler Youtuber. Vor ein paar Wochen klopfte deshalb die nordrhein-westfälische Landesanstalt für Medien bei ihnen an: Sie sieht Rundfunklizenzen für jene vor, die live senden - auch im Internet. Grundlage ist der Rundfunkstaatsvertrag. Aber ist der überhaupt noch zeitgemäß?

Von Christoph Sterz | 10.07.2017
    Erik Range auf der Konferenz Deutsche Gamestage am 23.04.2013 in Berlin im Cafe Moskau macht das peace-Zeichen und blickt in die Kamera.
    Erik Range, alias Gronkh, Moderator und Verfasser sogenannter "Let's Plays", soll eine Rundfunklizenz beantragen. (dpa / Jens Kalaene)
    Let's play – so nennt sich das Format, das Gronkh in Deutschland groß gemacht hat. Gronkh, der mit bürgerlichem Namen Erik Range heißt, ist einer der erfolgreichsten Youtuber in Deutschland, mit über vier Millionen Abonnenten. Außerdem ist er auf dem Online-Angebot Twitch zu sehen, in live gestreamten Videos, in denen er Computerspiele spielt. Und genau wegen dieser Live-Streams hat er vor ein paar Wochen einen Brief von der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien bekommen.
    Tobias Schmid, Direktor der LfM NRW: "In dem Fall ist es auch so, dass wir in Kontakt getreten sind, um zu klären, ob es sich bei dem Angebot um Rundfunk im Rechtssinne handelt."
    Rundfunklizenz für alle, die live senden
    Grundlage dafür ist der Rundfunkstaatsvertrag. Der schreibt eine Rundfunklizenz für alle vor, die live senden, potentiell mehr als 500 Nutzer erreichen, ein redaktionell gestaltetes Angebot haben und vorher ankündigen, wann sie zu sehen sind, also einen Sendeplan haben.
    Gronkh kann auf das Schreiben der LfM NRW bis heute antworten. Er ist nicht der Erste, der einen solchen Brief bekommen hat: Vorher waren schon die ebenfalls sehr beliebten Computer-Spieler von PietSmiet dran. Auch wenn sich Gronkh zu seinem eigenen Fall nicht äußern will: Zum Fall PietSmiet meldete er sich vor einiger Zeit in einem langen Video zu Wort.
    "Wenn die das so versuchen durchzudrücken, die würden so viele Menschen ihrer Existenz berauben. So unglaublich viele Menschen, die versuchen, sich auf diesen Plattformen quasi eine Existenz aufzubauen. Und das können sie nur, gerade kleine Streamer, gerade kleine Streamer müssen Sendepläne haben, damit die Zuschauer wiederkommen."
    "Es kann auch kleinere treffen"
    Medienanstalts-Direktor Tobias Schmid bestätigt, dass nicht nur die großen Streamer wie Piet Smiet oder Gronkh eine Rundfunklizenz benötigen könnten, wofür dann 1000 bis 10.000 Euro fällig wären und sich die Anbieter auch um so Themen wie Jugendschutz kümmern müssten.
    "Als Feststellung ist das richtig: Es kann auch kleinere treffen als die, gegen die wir vorgehen. Und daran sehen Sie mal, mit welchem Fingerspitzengefühl wir dieses Thema adressieren."
    Den Landesmedienanstalten seien aber die Hände gebunden. Sie hätten schlicht die Aufgabe, geltendes Recht durchzusetzen. Gestreamte Videos sind in den vergangenen Jahren sehr populär geworden - also Videos, die der Nutzer nicht selbst anhalten und anders als bei den klassischen Youtube-Videos auch nicht jederzeit an beliebiger Stelle starten kann. Deswegen scheinen die Landesmedienanstalten jetzt Handlungsbedarf zu sehen.
    "Wer in Medien aktiv ist und wer eine höhere Reichweite hat, hat damit Einfluss auf Menschen, die ihn konsumieren. Und dadurch besteht für ihn die Möglichkeit oder die abstrakte Gefahr, dass er gegen bestimmte Grundsätze verstößt. Schutz der Menschenwürde, Jugendschutz, Verbraucherschutz. Das ist der eigentliche Grund, warum es uns gibt, dass wir die Einhaltung dieser Rechte überwachen. Das funktioniert natürlich nur, wenn ich weiß, wer handelt. Und deswegen gibt es, um diese Transparenz zu haben, um sozusagen zu wissen, wer verantwortlich ist, hat der Gesetzgeber sieht dafür ein Verfahren vor, und das ist das Lizensierungsverfahren."
    Zwischenform nötig?
    Nach Ansicht der Landesmedienanstalten ist dieses eine Verfahren aber nicht mehr zeitgemäß. Es sollte auch einfachere Möglichkeiten geben, eine Lizenz zu bekommen - so könnte für kleinere Rundfunkanbieter dann ein Impressum reichen, also die Nennung eines Ansprechpartners.
    Aktuell wird so ein vereinfachtes Verfahren auch von den Medienpolitikern diskutiert: In der Rundfunkkommission der Länder, sagt eine der zwei Kommissionskoordinatoren, die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab.
    "Und hier sind wir aktuell im Kreise der Länder auch in der Diskussion darüber, ob wir hier nicht eine Zwischenform auch brauchen, eine Schwelle unterhalb der Zulassungspflicht. Möglicherweise eine Anzeigepflicht. Dass wir wissen, welche Angebote es gibt, welche Relevanz sie besitzen."
    Entwicklungen im Internet schneller als die Medienpolitik
    Dass die Medienpolitiker das diskutieren, hilft Gronkh im aktuellen Fall nicht. Denn noch gilt der aktuelle Rundfunkstaatsvertrag - und der müsste erst geändert werden. Und es ist auch noch zu wenig, dass zum Beispiel die neue schwarz-gelbe Regierung aus NRW eine solche Änderung als Ziel in den Koalitionsvertrag geschrieben hat.
    Es bräuchte nämlich noch die Zustimmung der Regierungschefs aller 16 Bundesländer. Und dann müssten auch noch sämtliche Landesparlamente zustimmen. Denn so schnell wie das Internet ist die deutsche Medienpolitik eben nicht.