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Mit Laserstrahlen ins Gehirn geschaut

Physik. - Wissenschaftler erforschen das Gehirn mit einer Vielzahl von Methoden: Eine ganz neue ist die optische Tomographie. Mit Hilfe von extrem kurzen Laserpulsen wird es möglich, biochemische Prozesse quasi "online" zu verfolgen. Berliner Forscher zeigen das auf der Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Augsburg am Beispiel von Bienenhirnen.

Von Jan Lublinski | 30.03.2006
    Es ist eine kleine Filmsequenz mit der Bruno Schmidt von der FU Berlin für Aufmerksamkeit sorgt auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft: Er zeigt ein Bienenhirn, in dem nach und nach bestimmte Bereiche aufleuchten, sobald die Biene einen Duftstoff riecht. Genauer: Sobald der Duftstoff in die Riechfühler eindringt und in den Nervenzellen dort ein Signal auslöst, wird dieses im Gehirn der Biene weiterverarbeitet. Schmidt:

    "Wir können den Duftstoff wählen und sehen dann das Muster im Gehirn, das dazu gehört und hoffen, so mehr Klarheit darüber zu bekommen, wie diese Reizverarbeitung im Gehirn funktioniert."

    Bruno Schmidt ist Experte für Laser-Mikroskopie, er arbeitet für dieses Projekt mit Neurobiologen der FU Berlin zusammen. Gemeinsam beobachten sie die Bewegung von Calcium-Ionen, die sich in Nervenzellen hineinbewegen, wenn diese angeregt werden. Sichtbar werden diese Calcium-Ionen über bestimmte Farbstoffmoleküle, die wiederum durch einen Laserstrahl zum Leuchten angeregt werden. Schmidt hat hierfür ein noch junges bildgebendes Verfahrens nutzbar gemacht: Die optische Tomographie oder genauer: die Zwei-Photonen-Mikroskopie. Zwei Photonen deshalb, weil hier zwei Lichtteilchen eines Laserstrahls nötig sind, um ein Farbstoffmolekül anzuregen. Schmidt:

    "Das besondere an dem Zugang ist, dass man dreidimensional die Struktur des Gehirns auflösen kann, was mit normalen lichtoptischen Methoden so nicht möglich ist. Erst durch den Einsatz von Femtosekundenlasern ist diese Tiefenauflösung im Gehirn möglich."

    Femtosekundenlaser senden extrem kurze Lichtimpulse hoher Intensität aus. Mit ihnen wird es möglich, den Farbstoff anzuregen ohne dabei das umliegende Gewebe zu zerstören. Das Licht wird nur in einen kleinen Bereich der Zellen fokussiert und nur wenn zwei Lichtteilchen ein Farbstoffmolekül gleichzeitig erreichen, wird dieses angeregt. Schmidt:
    "Wir können mit unserem Mikroskop das komplette Riechhirn abscannen, das sind etwa 200 Mikrometer, und es gibt andere Veröffentlichungen, die zeigen, dass sie 600 Mikrometer durchscannen können. Und die Zeitauflösung hängt im Prinzip von der detektierenden Elektronik ab, die kann gesteigert werden zu vielen Bildern pro Sekunde, wenn die Elektronik dafür ausreichend präpariert ist."

    Mit dieser dreidimensionalen Mikroskop-Kamera will Bruno Schmidt dem großen Rätsel der Geruchswahrnehmung auf die Spur kommen. Wie kann das Gehirn so viele verschiedene Duftstoffe unterscheiden, obwohl diese nur von einer kleinen Zahl von Rezeptoren wahrgenommen werden? Und: Welche Teile des Gehirns sind bei welchen olfaktorischen Reizen aktiv? Noch haben Schmidt und Kollegen auf diese Fragen keine letzten Antworten, denn, so Schmidt,...

    "Die Bienen sind Individuen und man muss einfach sehr viele Messungen machen, um auch Schwankungen in der Präparation, die ein bisschen Glückssache ist, auszugleichen. Darum gibt es da jetzt noch keine klare Aussage, wie das jetzt funktioniert, aber wir sind auf dem Weg dahin."

    Fest steht aber jetzt schon: Die optische Tomographie mittels Femtosekundenlaser ermöglicht den Biologen völlig neuartige Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns.