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Mode wird teurer

Ein T-Shirt reist heute um die halbe Welt, ehe es im Laden hängt. Je nachdem, ob aus konventioneller oder nachhaltiger Fertigung, sind die Preise sehr unterschiedlich. Insgesamt dürften Textilpreise jetzt steigen, denn Baumwolle wird knapp.

Von Casper Dohmen | 11.03.2011
    Eine kleine Halle vor den Toren von Managua, der Hauptstadt des mittelamerikanischen Nicaragua: In der Fabrik Masilí arbeiten die Frauen Hand in Hand: Eine schneidet mit Schablonen T-Shirthälften aus einer blauen Baumwollbahn aus, eine andere näht mit einer Maschine die Vorder- und Rückseite zusammen, die Dritte säumt die Nähte. Zuletzt kontrolliert eine weitere Kollegin die Qualität der Ware.

    Kilometerlang reihen sich in der Freihandelszone von Managua Textilfabriken nebeneinander auf. Viele internationale Firmen vergeben Aufträge hierhin. Doch in der Regel gewähren die Fabriken Fremden keinen Einblick. Das Unternehmen Masilí hingegen gehört einer Genossenschaft, und deren Mitglieder fertigen nicht für große Konzerne, sondern für kleine, auf den fairen Handel spezialisierte Firmen. Wichtigster Abnehmer dieser Kooperative ist der Freiburger Online-Versender "Zündstoff". Aus dem Beschaffungspreis macht Firmengründer Matthias Rau kein Geheimnis:

    "Gut, das ist unterschiedlich, wir zahlen unterschiedliche Preise für verschiedene Größen und Farben an die Kooperative und der Durchschnittspreis, den wir pro T-Shirt an die Kooperative zahlen, ist circa 4,90 Euro – netto."

    Der Endkunde zahlt für das einfache weiße, fair gehandelte Öko-Shirt dann 14 Euro. Wie sich der Verkaufspreis genau zusammensetzt, schlüsselt Ingmar Vogelsang auf. Er betreibt in Hannover den Online-Versandhändler "Bekleidungssyndikat" und verkauft ebenfalls die Bekleidung aus der Kooperative.

    "Etwa die üblichen 19 Prozent Mehrwertsteuer, oder Umsatzsteuer, wie es eigentlich richtig heißt, sind drin. Die Gewinnspanne von uns beim Einzelverkauf, etwa 40 Prozent, sind auch da mit drin, mit denen wir uns hier selber finanzieren und den Laden offen halten. Und dann sind noch relativ gering solche Kosten wie die Spedition, würde ich jetzt sagen, so um die fünf Prozent vielleicht, und so etwa 30 Prozent ist das, was wir direkt bei der Kooperative als Preis bezahlen."

    Wer bei dem schwedischen Modekonzern H&M nach der Kalkulation des Preises für ein T-Shirt nachfragt, hört viel von einer langen Erfahrung des Konzerns, einer schnellen und effizienten Logistik und hoher Stückzahl. Mehr über seine Kalkulation verrät der mit mehr als 700 Herstellern zusammenarbeitende Konzern jedoch grundsätzlich nicht. Eine Sprecherin antwortet auf die Frage nach den Produktionskosten eines T-Shirts schriftlich:

    "Aus Wettbewerbsgründen kommentieren wir diese Aussage nicht."

    Hört man sich in der Textilbranche um, erscheint folgende Kalkulation plausibel: Die Baumwolle für ein konventionelles T-Shirt kostete bislang etwa 40 bis 50 Cent, hinzukommen die Kosten für die Fertigung. In Asien kalkulieren die Firmen besonders scharf: In Bangladesh lässt sich ein Baumwollshirt bereits für knapp einen Euro nähen. Wenn das T-Shirt fertig genäht ist, dann muss es nur noch in eine der weltweit 2000 H&M-Filialen gebracht werden. Je Hemd sprechen Logistikexperten von einigen Cent Transportkosten.

    Unter dem Strich könnte H&M für ein T-Shirt also bislang etwa 1,80 Dollar zahlen. Dies ist weniger als die Hälfte des Nettopreises von 4,90 Dollar, den Zündstoff und das Bekleidungssyndikat der Kooperative in Nicaragua für ein Shirt überweisen. Allerdings verändert sich derzeit die Kalkulation aller Textilhändler, weil Baumwolle teurer wird. Über die Entwicklung sagt Jana Kern, Beraterin für nachhaltige Mode:

    "Die Preise haben sich innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht und notieren auf einem 30-Jahreshoch."

    Das niedrigere Angebot trifft auf eine höhere Nachfrage. Heute kostet die für ein T-Shirt aus konventioneller Baumwolle benötigte Menge etwa einen Euro, wenn es überhaupt noch welche zu kaufen gibt. Schließlich ist die weltweite Baumwollernte der Erntesaison 2010/2011 schon fast ausverkauft. Jana Kern:

    "Modeunternehmen überlegen im Moment, wie sie darauf reagieren können. Und ein Weg ist, die Baumwolle durch andere Fasern zu ersetzen. So oder so wird es aber dazu kommen, dass Mode teurer wird und für den Biobereich ist das aus meiner Sicht eine gute Chance, denn durch den Einsatz von Bio oder fairer Wolle kann ein Mehrwert geboten werden."

    Bislang ist die Biobaumwolle ein Nischenprodukt. Welche Kriterien dem Verbraucher beim Einkauf wichtig sind, weiß Sandra Dusch Silva, sie arbeitet für die Kampagne Clean Cloth, die zuletzt eine repräsentative Befragung hat durchführen lassen:

    "Auf jeden Fall war der Preis als entscheidendes Kaufkriterium nicht so hoch angesehen wie faire Arbeitsbedingungen und auch nicht so wichtig wie der Modetrend. Modetrend war noch höher angesiedelt als der Preis, und die Marke war natürlich das zentrale Kriterium um ein Produkt letztendlich zu kaufen."