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"Nachhaltigkeit ist eine Nachricht!"

Laut einer Studie des Adolf-Grimme-Instituts werden Nachhaltigkeitsfragen kaum in den Medien thematisiert. Insbesondere das Medium Fernsehen, so der Vorwurf, vernachlässigt in seinen Programmen Fragen des zukünftigen Lebens, wie beispielsweise Rohstoffknappheit, demografischen Wandel und Umweltverschmutzung. Nun fordert der Rat für nachhaltige Entwicklung mehr Präsenz im Leitmedium Fernsehen für das Thema Nachhaltigkeit.

Von Eleni Klotsikas | 03.12.2005
    " Sie machen eine Titelstory."

    " Das ist keine Titelstory."

    " Ach hören sie auf! "

    "Nachhaltigkeit, das ist doch zu kopflastig! Jeder Depp redet darüber, aber keiner weiß genau, was das ist."

    Der Filmausschnitt bringt es auf den Punkt. Ein Chefredakteur möchte einen Aufmacher über das Thema Nachhaltigkeit. In der Realität ein seltenes Szenario. Doch der Journalist kann damit nichts anfangen. Das kommt häufiger vor. Mal ganz spontan nachgefragt. Was bedeutet Nachhaltigkeit für ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender?

    " Puh, das ist ja eine dicke Frage nicht? Also: Nachhaltigkeit ist ein technischer Begriff, der überaus Wichtiges meint. "

    Nach langem Überlegen legt sich Nikolaus Brender doch auf eine wackelige Definition fest.

    " Wie unser Erdball gestaltet wird und wie die Menschen, die auf diesem Erdball jetzt und in Zukunft leben ihre Zukunft selbst planen können."

    Auch Angelika Zahrnt vom Rat für Nachhaltige Entwicklung, will sich nicht präziser ausdrücken und versteht unter Nachhaltigkeit:

    " So leben, dass es gerecht ist gegenüber künftigen Generationen und gegenüber den Menschen in der Dritten Welt. "

    Gemeint sind damit zum Beispiel: die Verteilung der Ressourcen, die Rohstoffverknappung, Umweltverschmutzung, Klimaveränderungen und letztlich alles, was die Existenz der Menschheit jetzt und in Zukunft bedroht. Umfragen zufolge wissen nur 28 Prozent der Deutschen, was sich hinter dem Begriff Nachhaltigkeit verbirgt.

    Das Bewusstsein ist gering, woran vor allem die Medien Schuld sein sollen. Wie sieht es tatsächlich aus mit den Inhalten? Spielt insbesondere im Leitmedium Fernsehen das Thema Leben der Zukunft, oder wie immer man das auch nun nennen mag, eine Rolle? Nicht genug, sagt Angelika Zahrnt vom Rat für Nachhaltige Entwicklung:

    "Ich würde mir wünschen, dass Fernsehen sich nicht nur versteht als Abbild der Wirklichkeit, sondern auch aufnimmt, welche Entwicklungen wir zu erwarten haben."
    Bei jedem Ereignis nach Zusammenhängen fragen und in die Zukunft denken - Ist das nicht zuviel verlangt? Beispiel: Hochwasser: Reicht es da aus, nur danach zu fragen, ob die Deiche höher gebaut wurden? Da steht besonders der Fernsehjournalismus vor einer Herausforderung, findet Intendant Peter Voß vom Südwestrundfunk:

    " Natürlich hängt das Hochwasser zusammen mit der Thematik Klima. Aber auch das nüchtern zu analysieren und die Zusammenhänge darzustellen, da ist Fernsehen besonders schwierig, weil wir ein punktuelles Medium sind, ein flüchtiges Medium, ein sinnliches Medium, nicht so sehr ein Nachdenkmedium wie das gedruckte Wort. Trotzdem muss man es versuchen, weil wir ein Leitmedium sind. "

    Und dann gibt es noch den Zuschauer: Möchte der ständig erzählt bekommen, dass er durch sein verantwortungsloses Handeln den nächsten Generationen den Boden unter den Füßen verpestet und überschwemmt? Petra Lidschreiber vom Rundfunk Berlin Brandenburg:

    " Jeden Tag den Menschen sagen, Achtung, Achtung, eure kleine Arbeitslosigkeit, eure kleinen Krankheiten, euer Altwerden interessiert uns nicht. Es ist ein Planet um Euch herum mit viel größeren Problemen als ihr selbst das seid. Das können wir nicht machen. Wir müssen also die Mischung finden. Die Menschen in ihrer Wirklichkeit abholen und versuchen, die globalisierten Probleme zurückzuführen auf ihren kleinen Alltag. "

    Eine Gratwanderung zwischen Lokalem und Globalem also, Und das nicht immer zu kopflastig, so das Resümee. Sonst hinterlässt auch das Thema Nachhaltigkeit beim Zuschauer keinen nachhaltigen Eindruck.