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Neues von Wikileaks
NSA soll auch französische Wirtschaft ausspioniert haben

Erst berichtete Wikileaks, die NSA habe insgesamt drei französische Staatspräsidenten abgehört, nun legte die Enthüllungsplattform nach: Offenbar standen auch international agierende französische Unternehmen auf der Lauschliste der US-Geheimdienste.

Von Ursula Welter | 30.06.2015
    Eine Frau schaut durch ein Schlüsselloch.
    Französische Medien berichten von "massiver Wirtschaftsspionage". Es sei um Vertragsverhandlungen französischer Firmen im Volumen von 200 Millionen Dollar gegangen. (picture alliance / dpa)
    "This is the beginning, of a series."
    Julian Assange hatte, von seinem Londoner Exil aus, schon in der vergangenen Woche neue Dokumente angekündigt. Die Wikileaks-Enthüllungsplattform werde nachlegen, sagte er im Privatsender TF 1. Diesmal geht es nicht um Staatspräsidenten, deren Telefone den Unterlagen zufolge angezapft worden sein sollen. Diesmal also geht es um ökonomische Interessen.
    Französische Unternehmen, deren Vertragsverhandlungen auf dem internationalen Parkett, aber auch die Finanzminister Pierre Moscovici und Francois Baroin , der eine Sozialist, der andere Konservativer, standen demnach auf der Lauschliste der US-Geheimdienste.
    Die Zeitung "Libération" und die internet-Plattform "mediapart", die in Frankreich das Enthüllungsmaterial von Wikileaks auswerten und veröffentlichen, die beiden Medien berichten von "massiver Wirtschaftsspionage". Es sei um Vertragsverhandlungen französischer Firmen im Volumen von 200 Millionen Dollar gegangen.
    "Libération" und "Mediapart" berichten auf Basis des Wikileaks-Materials von einer US-Anweisung aus dem Jahr 2012, der zufolge Unternehmen in nahezu allen Branchen, von der Telekommunikation über die Energie- bis hin zur Transportbranche, von Interesse seien. Den französischen Kritikern eines transatlantischen Freihandelsabkommens gaben die Berichte neue Argumente an die Hand:
    "Es ist noch eindeutig, dass die Amerikaner ihre Macht missbrauchen", sagte der Ökonom Thomas Piketty, der heute früh im französischen Fernsehen auf die neuerlichen Enthüllungen angesprochen wurde. "Europa muss machtvoller auftreten in den Freihandels-Verhandlungen mit den USA, Europa hat eine andere Vision von der Welt."
    Assange: "Das ist das Ergebnis einer dreimonatigen Untersuchung"
    Unter den fünf Abhörprotokollen, die "Libération" aus der Wikileaks-Quelle veröffentlicht, findet sich auch ein Dialog aus dem Jahr 2012 zwischen dem damaligen Finanzminister Moscovici und einem französischen Senator. Darin soll der Sozialist gesagt haben, die frisch gewählte sozialistische Regierung lasse sich von den Reformen des deutschen Sozialdemokraten Schröder inspirieren und man sei sich der schwierigen Wirtschaftslage Frankreichs bewusst. Damals, im Sommer 2012, klang das in der Öffentlichkeit noch anders, von notwendigen, sozialdemokratischen Reformen war im Umfeld von François Hollande zu jener Zeit offiziell noch keine Rede.
    Mit Blick auf die neuerlichen Enthüllungen hatte sich der Wikileaks-Begründer Assange bereits in der vergangenen Woche festgelegt: Die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich habe einen Grund, "die USA würden ein schmutziges Spiel spielen", sagte Assange mit Blick die Unterlagen, die laut "Libération" und "Mediapart" von Wirtschaftsspionage handeln.
    Auf den Wahrheitsgehalt dieser und anderer Dokumente angesprochen, sagte Assange:
    "Wikileaks sagt nie etwas übers eine Quelle, aber das ist das Ergebnis einer dreimonatigen Untersuchung."