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New Yorks Hommage an die Moderne

Vor 100 Jahren wurden in New York das erste Mal die Werke von Pablo Picasso, Georges Braque, Paul Gaugin und Wassiliy Kandinsky gezeigt - solche Farben und Stile waren in den USA bis dahin unbekannt. Jetzt zeigt die New York Historical Society eine Rekonstruktion der Ausstellung.

Von Sacha Verna | 16.10.2013
    Die Besucher der International Exhibition of Modern Art traf 1913 in New York die Wucht der Europäischen Avantgarde. Unter den vierzehnhundert Werken, die das Publikum in der riesigen Exerzierhalle eines Zeughauses an der unteren Lexington Avenue erwarteten, befanden sich solche von Pablo Picasso und Georges Braque, von Paul Gaugin und Wassiliy Kandinsky - Werke in Stilen und Farben, wie sie die meisten diesseits des Atlantiks noch nie gesehen hatten.

    "Der Modernismus der Europäer hinterfragte die Darstellung in der Kunst an sich. Er brachte Innovation in Formen und Farben."

    Die Ausstellung von 1913 ist als Armory Show in die Kunstgeschichte eingegangen. Zum hundertsten Jubiläum haben Kimberly Orcutt und ihre Co-Kuratoren in der New York Historical Society hundert der damals gezeigten Werke versammelt.

    Kritiker sahen die Kunst an sich in Gefahr
    "Gruselkabinette" nannte die Presse die zwei letzten der bienenwabenartig in achtzehn Kojen aufgeteilten Armory Show. Dort hingen die Ismen der europäischen Moderne: der Post-Impressionismus Vincent Van Goghs und Paul Cézannes, der Fauvismus André Derains und vor allem die zwei als besonders skandalös empfundenen Werke, Henri Matisses "Blauer Akt" von 1907 sowie Marcel Duchamps kubistischer "Akt, die Treppe herabsteigend Nr. 2" von 1912.

    "Die Reaktionen auf die Ausstellung fielen ganz unterschiedlich aus. Die einen Kritiker sahen die Kunst an sich in Gefahr. Die anderen fanden das Gezeigte interessant und belebend. Man diskutierte darüber, ob es die Aufgabe des Betrachters sei, diese neue Bildsprache zu lernen, oder die des Künstlers, sich verständlich zu machen."

    Die Initiatoren der Amory Show wollten ursprünglich einfach Werke der fortschrittlichsten unter den heimischen Malern und Bildhauern präsentieren. Die Maler Walt Kuhn und Arthur B. Davies waren den konservativen amerikanischen Kunstgeschmack leid. Ihre Pläne änderten sich, nachdem Davies 1912 einen Katalog der heute legendären Sonderbundausstellung in Köln zu Gesicht bekam:

    "Er gab den Katalog Walt Kuhn mit der Notiz: Ich wünschte, wir könnten eine ebenso gute Ausstellung zustande bringen. Davies schickte Kuhn nach Europa voraus, um Werke moderner europäischer Künstler für die Armory auszuwählen und folgte ihm."

    USA wurde neuer Kunstmarkt
    In Paris stiess der dort lebende amerikanische Maler und Kritiker Walter Pach zu ihnen, der den Kontakt zu zahlreichen Künstlern, Galeristen und Sammlern herstellte.

    Die Armory Show habe sich nicht sofort auf die amerikanische Kunst ausgewirkt, sagt Kimberly Orcutts Kollegin Marilyn Kushner:

    "Aber die Armory beeinflusste unsere Sammler und Galeristen. Sie holten nun moderne europäische Kunst hierher. Und für die europäischen Händler und Künstler, die bald im Ersten Weltkrieg steckten, stellten die USA einen neuen Markt dar."

    Die Hälfte der Exponate an der Armory Show stammte von amerikanischen Künstlern. In der Jubiläumsschau bilden sie die Mehrheit. Für die Installation hatten die Organisatoren 1913 nur zwei Tage Zeit. Insofern ist die schlampige und enge Hängung in der New York Historical Society wohl authentisch, aber auch bedauerlich. Am besten backt der Armory Show 1913 den verdienten Geburtstagskuchen deshalb selber.

    Weitere Informationen bei Deutschlandradio.de unter:
    Die Armory Show feiert in New York ihren Geburtstag