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Olivenöl
Italiens Bauern leiden unter magerer Ernte

Ein Sommer zum Vergessen war der vergangene für Italiens Olivenbauern. Aufgrund eines Bakterienbefalls fiel in manchen Regionen die Ernte fast ganz aus. Für den Verbraucher hat das Folgen - und das nicht nur an der Supermarktkasse.

Von Karl Hoffmann | 03.11.2014
    Blick auf Olivenbäume in der Toskana, aufgenommen im Oktober 2005.
    Für die Olivenbauern wird es dieses Jahr wenig Einkünfte geben. (dpa picture alliance / Paul Mayall D2513)
    Strahlender Herbstmorgen in einem kleinen Dörfchen auf den Hügeln der Adriaregion Marken. Vittorio Beltrami steht im Arbeitskittel an der Olivenpresse und reinigt mit Pressluft einige Filter der Zentrifugen. Dann läuft er durch die leere Halle der historischen Mühle im mittelalterlichen Gebäude. "Traurig ist das, todtraurig. Einfach schrecklich."
    Seit über 30 Jahren ist er stolzer Mühlenbesitzer. Und zum ersten Mal stehen die Mahlsteine im großen Bottich still. Das rhythmische Stampfen der alten Pressen ist verstummt, ebenso das Summen der Zentrifugen. Es gibt keinen Kunden, keine Besucher. Und auch nicht den herrlichen Geruch frisch gepressten Öls. Ein herber Verlust für alle.
    "Alleine hier in Cartoceto einem Ort mit 1.000 Einwohner wird der Einnahmeverlust mindestens 600.000 Euro betragen. Daran hat bisher noch niemand gedacht, aber man merkt schon jetzt, dass das Geld bei uns knapp wird. Manche Bauern haben bis 30.000 Euro eingebüßt."
    In der mittelitalienischen Region Marken ist die Lage besonders schlimm. Die Anbauflächen der Kleinbauern, Geheimtipp vieler Olivenöl-Fans, haben praktisch Totalausfall. In Umbrien, Toskana und Latium wird mit 40 Prozent, in Sizilien gar bis zu 70 Prozent Ernteausfall gerechnet. Der Grund ist ein noch nie dagewesener Parasitenbefall, erklärt Mühlenbesitzer Beltrami.
    "Bisher wiesen die Oliven bei Mückenbefall ein oder zwei Einstiegslöcher auf. In diesem Jahr haben wir Oliven, die bis zu zehn Einstichslöcher aufweisen, ein gewaltsamer Angriff auf die Olivenbäume."
    Weil Emilio Bertozzi nichts zu ernten hat, räumt er dieses Jahr seinen Lagerraum für Olivenöl einmal gründlich auf. So ein Olivenjahr hat er noch nie erlebt. Immerhin wird Emilio im Januar 86 Jahre alt.
    "Viel Umweltgift sinnlos in die Landschaft gespritzt"
    "Das fing schon Anfang Juli an, da nahmen die Mücken immer mehr zu. Ich habe so was noch nie gesehen. Ich habe alle 14 Tage Mückengift gespritzt. Immer und immer wieder." Aber genützt hat es am Ende nichts. "Nur einmal habe ich die Mücke ein wenig stoppen können, aber alle weiteren Spritzungen waren umsonst."
    Das heißt: Nicht nur keine Oliven, sondern auch viel Geld in Form von Umweltgiften sinnlos in die Landschaft versprüht. Von absolut natürlichem Öl könne dieses Jahr keine Rede sein, sagt Mühlenbesitzer Beltrami
    "Biologisches Olivenöl wird es in diesem Jahr garantiert nicht geben und wer so was anbietet, ist nicht glaubwürdig. Was ansonsten auf den Markt kommt, ist garantiert sieben oder achtmal chemisch behandelt worden. Da muss dann der Verbraucher selbst entscheiden, ob er es kaufen will."
    Er hat viele treue Kunden, sogar aus dem Ausland. Karin Schwarzer und Johannes Vergeiner aus Innsbruck holen sich bei Beltrami ihren jährlichen Ölvorrat, in diesem Jahr sind sie umsonst angereist. Sie werden ein Jahr lang ganz auf Olivenöl verzichten.
    "Es ist eine Einbuße an Lebensqualität.Und retten tut man sich nicht mit minderwertigem Öl eigentlich. Ich kaufe mir jetzt nicht deswegen, weil ich das gute Öl nicht bekommen kann, irgendein Öl im Supermarkt.
    Ob es im nächsten Jahr tatsächlich besser wird, bleibt fraglich. Mühlenbesitzer Vittorio Beltrami ist pessimistisch. Er glaubt, dass die diesjährig Missernte eine Folge des Klimawandels ist. Und gegen den helfen keine Spritzmittel:
    "Anfang November ist es bei uns jetzt 23 Grad warm. In früheren Zeiten hatten wir bereits Wintermäntel an und saßen am Kaminfeuer . Und von der Olivenfliege war weit breit nichts mehr zu sehen."