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Petersburger Dialog
Annäherung durch Fußball

Der Confederations Cup und die WM 2018 in Russland stellen die deutsche Sportpolitik vor Herausforderungen. Denn das Verhältnis zwischen beiden Ländern ist angespannt, zum Beispiel wegen der Ukraine-Krise. Für die Verständigung beider Länder sorgt unter anderem der "Petersburger Dialog". Der fand gerade mit 100 Teilnehmern in Moskau statt und rückte den Fußball in den Mittelpunkt.

Von Ronny Blaschke | 18.06.2017
    Porträt des ehemaligen Nationalspielers Thomas Hitzelsberger
    Der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzelsberger sprach beim Petersburger Dialog. (imago sportfotodienst)
    Bei Veranstaltungen wie diesen ist es kein Nachteil, dass an der Spitze des DFB ein ehemaliger Journalist und Politiker steht. Reinhard Grindel sprach in seiner Rede über Hooligans, Doping, Pressefreiheit. Er mischte kontroverse Themen mit Anekdoten aus der Fußballgeschichte. Sowohl die kritischen Menschenrechtler aus Deutschland als auch die regierungsnahen Vertreter Russlands fanden seinen Ton angemessen. Mit dabei: der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger, seit kurzem DFB-Botschafter für Vielfalt.
    "Ich war zweimal zuvor in Russland. Beide Male habe ich gespielt, ich habe nicht wirklich etwas von dem Land mitbekommen. Und jetzt mit Vertretern von Organisationen hier in Russland zu sprechen, mit den Landsleuten, die einfach viel besser beschreiben können, wie die Zustände sind. Und von meiner Rolle erzählen, das habe ich eben getan, aber nicht sofort kommen uns sagen: in Deutschland ist alles super, so soll man es hier auch machen. Es ist eine Annäherung, die jetzt hier stattgefunden hat und ich hoffe, das es mehr von diesen Gesprächen gibt, die dann irgendwann auch sehr konkret werden."
    Klima restriktiver geworden
    Es war ein Meilenstein, dass Hitzlsperger beim "Petersburger Dialog" Stellung bezog, auch zu seinem Coming-out 2014. Homosexuelle werden in Russland diskriminiert. Ein schwullesbischer Verband zeigte vor kurzem einen Film über schwule Fußballer im Goethe-Institut in Moskau, an einem Sonntagnachmittag, wenn keine Jugendlichen an deutschen Sprachkursen teilnehmen. Andernfalls hätte es Ärger geben können, denn ein Gesetz verbietet das positive Sprechen über Homosexualität gegenüber Minderjährigen. Astrid Wege leitet im Goethe-Institut in Moskau die Kulturabteilung.
    "Was man schon feststellen kann in den letzten Jahren, ist, dass insgesamt das gesellschaftliche Klima restriktiver geworden ist, dass Menschen insgesamt etwas vorsichtiger geworden sind, sich öffentlich zu äußern. Und das spielt indirekt natürlich auch auf unsere Arbeit zurück. Wobei wir sagen können, dass das Interesse, mit uns zu kooperieren, nicht weniger geworden ist, sondern im Gegenteil: eigentlich sogar noch mehr geworden ist."
    Begegnungen an der Basis
    Mehr als 150 russische Organisationen werden vom Kreml als "ausländische Agenten" gelistet, weil sie Förderung aus dem Ausland erhalten. Der DFB möchte mit Blick auf die WM an der Basis für Begegnungen sorgen. Verbandschef Grindel wünscht sich ein Spiel zwischen Junioren in Wolgograd, dem einstigen Stalingrad. Das Goethe-Institut entwickelt mit dem Fußballmuseum in Dortmund eine Ausstellung für russische Schulen. Und auch durch die hundert Partnerschaften zwischen deutschen und russischen Städten sollen Projekte entstehen. Ein Beispiel lieferte Gerd Kolbe aus Dortmund. Der Spielort der WM 2006 ist mit Rostow am Don verbunden, einem Schauplatz der WM 2018.
    "Wir arbeiten mit Rostow zusammen auf verschiedenen Gebieten. Und wenn es gelingt, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie gastfreundlich aufgenommen werden, dann kommen sie auch gerne wieder, vielleicht sogar mit ihren Familien. Dann kann im Endeffekt aus so was auch ein regelrechter Tourismusboom werden, so wie es in Dortmund erfreulicherweise der Fall war."
    Ende Juni findet zu diesem Thema in Krasnodar eine Konferenz statt. Mit dabei sind die Außenminister beider Länder - und auch der Präsident des DFB.