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Professoren sollen mehr verdienen - ohne mehr zu verdienen

Vor vier Wochen fällte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil, das die Finanzminister der Länder stöhnen ließ: Das Grundgehalt der Professoren sei zu niedrig. Bis 2013 haben die Länder Zeit, das zu ändern. Besonders Berlin muss handeln - hier verdienen Professoren am wenigsten.

Von Claudia van Laak | 15.03.2012
    Professor Christian Kassung leitet das Institut für Kulturwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität. Sein Grundgehalt als W2-Professor: 4027 Euro und 35 Cent. Dazu kommt ein Leistungszuschlag von weniger als 1000 Euro monatlich. Über das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat er sich gefreut.

    "Wenn das Verfassungsgericht jetzt beschlossen hat, dass gewisse Schmerzgrenzen überschritten wurden, ist das ein positives Signal, wieder die Freiräume zu etablieren, die Wissenschaft nötig hat, um produktiv sein zu können."

    In der Berliner Wissenschaftssenatsverwaltung hat man die Vorgaben aus Karlsruhe inzwischen ausgewertet. Ja, wir setzen das Urteil demnächst um, bestätigt Staatssekretär Knut Nevermann. Die Grundgehälter der W2- und der W3-Professoren sollen angehoben werden, jeweils um einige Hundert Euro.

    "Das heißt aber nicht, dass wir mehr Geld an die Universitäten geben werden und die Universitäten mehr Geld ausgeben, sondern dass heißt nur, dass die Linie bei dem individuellen Professor zwischen Grundgehalt und Leistungszulage nach oben verschoben wird, aber es geht nicht insgesamt nach oben, das würde ja absurd sein."

    Der Berliner Senat will die Grundgehälter also anheben, die Leistungszulagen aber gleichzeitig abschmelzen. Der Landeshaushalt soll nicht zusätzlich belastet werden. Für die einzelnen Professoren und die Universitäten wird dies also zum Nullsummenspiel. Auch nach der Besoldungsreform werden die Grundgehälter der Berliner W-Professoren die niedrigsten bundesweit sein, bestätigt Staatssekretär Nevermann, SPD.

    "Ja, was das Grundgehalt angeht: die rote Laterne. Die wird es auch behalten, weil auch die Beamten weniger verdienen als im Bundesdurchschnitt, wir haben ja noch die Absenkung durch die frühere Sparrunde, die wir in Berlin hatten."

    Noch liegt der entsprechende Gesetzentwurf nicht auf dem Tisch, die Bundesländer wollen sich zunächst auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Nevermann bestätigt: Möglichst alle Länder wollen die Reform der Professorenbesoldung kostenneutral umsetzen. Also genau wie Berlin die Grundgehälter anheben, die Leistungszulagen aber abschmelzen. Der Präsident der Berliner Humboldt-Uni Jan Hendrik Olbertz hält dies für den völlig falschen Weg.

    "Das würde ich alles andere als begrüßen, dann hätte man den Rahmen konstant, der Finanzsenator würde sich freuen, aber das wäre komplett systemwidrig. Der Witz der W-Besoldung bestand darin, die Leistungszulage auch hochvariabel einsetzen zu können, das könnten wir dann nicht mehr wie bisher."

    Der Präsident der Humboldt-Uni dürfte mit dieser Argumentation die anderen Uni-Präsidenten auf seiner Seite haben. Die W2-Professoren sowieso. Christian Kassung:

    "Das Signal, das von Karlsruhe ausgegangen ist, ist doch das, das der Staat mehr Mittel zur Verfügung stellen muss, um die Bildungsrepublik Deutschland auszubauen. Kostenneutral kann dieses Spiel nicht so weitergeführt werden. Dieses Signal haben die Richter in Karlsruhe ausgesendet und dieses Signal sollte in der Politik ankommen."